1241 - Der Mördermönch von Keitum
wie um Jahre gealtert. Dabei war er erst 42. Der Körper schien mit Gewichten behangen zu sein, und mit tappenden Schritten durchquerte er das Zimmer. Das Licht wollte er nicht einscha lten. Er wusste ja, wie er zu gehen hatte, ohne sich irgendwelche Beulen zu holen.
Die Tür zum Bad war leicht zu finden. Zwar schleifte er zwei Mal an der Wand entlang, aber das ließ sich verkraften. Erst hier machte er Licht und hatte das Gefühl, eine Explosion zu erleben, die quer durch seinen Kopf zuckte.
Mit einer schwachen Drehung schaffte Andy es, das Waschbecken zu erreichen. Dort stemmte er sich für einen Moment mit beiden Händen gegen den Rand. Sein Kopf fühlte sich noch immer doppelt so dick an, aber er wusste, dass er da durch musste. Da kannte er keine Verwandten. Wenig später rauschte das Wasser und floss über seine Hände, die er drehte, sodass es auch hineinfließen konnte. Danach klatschte er sich das kalte Wasser gegen das Gesicht. Er beugte sich noch tiefer, löschte seinen Durst und blieb auch weiterhin unter dem kalten Wasser.
Allmählich fühlte er sich besser. Besonders, weil er es geschafft hatte, den ersten Nachdurst zu löschen. Und die Druckstellen im Kopf waren auch weniger geworden.
Andy Brass richtete sich wieder auf. Auch ein Teil der Haare war nass geworden. Mit dem Handtuch fuhr er darüber hinweg.
Das Tuckern im Kopf hielt sich jetzt in Grenzen. Er konnte etwas besser durchatmen. Die Knie waren auch nicht mehr so weich, aber jetzt brauchte er etwas anderes. Frische Luft.
Es war einfach zu warm im Zimmer. Dazu zählte er auch das Bad. Das Wasser mochte gut gewesen sein, aber die frische Luft war jetzt noch wichtiger. Leider gab es im Bad kein Fenster. Um frische Luft zu bekommen, musste er wieder zurück in das Zimmer.
Diesmal ging er besser. Kein Schwanken mehr, kein Stöhnen, und auch der Durst war verschwunden. Er betrat das Zimmer, in dem Frau und Sohn auch weiterhin schliefen, dann drehte er sich nach links und ging mit kleinen Schritten auf das Fenster zu.
Der Ausblick war nicht berauschend. Im Sommer bestimmt, denn da leuchteten die Buschrosen; doch jetzt im Winter wirkte alles kahl und wie abgefressen.
Brass zog das Fenster auf.
Die frische Luft war eine Wohltat. Sie umfächerte sein Gesicht, er atmete tief durch, und er spürte auch keinen kalten Wind. Für den Monat November war es eigentlich ein wenig zu warm, aber es war kalt genug, um ihn zu erfrischen. Die Kühle sollte ihm den Kopf frei blasen.
Beide Fensterhälften drückte er nach außen und stemmte dann die Hände auf die Fensterbank. Er schloss die Augen, blieb sekundenlang so stehen und störte sich auch nicht daran, dass die Kälte allmählich durch den Stoff seiner Schlafanzugjacke drang und auf der nackten Haut einen Schauer hinterließ.
Das hier war immerhin besser als im Bett zu liegen und gegen die Nachwehen der alten Pflaumen anzukämpfen.
Andy stöhnte auf.
Es tat ihm gut. Es war alles besser, als im Bett zu liegen und vor sich hin zu starren. Selbst der Magen hatte wieder seine Ruhe gefunden. Er musste auch nicht mehr aufstoßen.
Die Luft war herrlich. Tief atmete er sie immer und immer wieder ein. Andy richtete sich auf. Er öffnete wieder die Augen und schaute hinaus. Es war sehr dunkel um das Haus herum.
Weiter rechts sah er einen Lichtschein, der allerdings vom leichten Dunst aufgesaugt wurde. Die laublosen Büsche ragten vor ihm hoch. Sie sahen aus wie dünne, starre Finger. Vor dem Fenster zog sich ein plattierter Weg entlang.
Von dort hörte er das Geräusch!
Es kam von der rechten Seite. Zuerst wusste er nicht, wie er es einordnen sollte. Er vernahm ein Schleifen, vielleicht auch das Knistern von altem Laub, dann fiel ihm ein, dass es Schritte sein konnten, die auf ihn zutappten.
Sein Kopf war noch immer benebelt. Er hatte Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen. So dauerte es etwas länger, bis ihm bewusst wurde, dass sich außerhalb des Hauses jemand bewegte.
Um diese Zeit?
Er drehte den Kopf!
Zuerst sah Andy Brass nichts. Es dauerte Sekunden, bis er die Bewegung in der Dunkelheit wahrnahm.
Plötzlich fror er nicht mehr, als er die Gestalt sah, die durch die Nacht schlich. Das war kaum zu fassen. Es passte einfach nicht. Bei den Geräuschen hatte er an ein Tier gedacht, aber was er jetzt sah, besaß die Umrisse einer menschlichen Gestalt.
Sie bewegte sich auf dem Weg dicht an der Hauswand entlang und an den Fenstern der anderen Zimmer vorbei.
Dem einsamen Zuschauer kam sie vor wie
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