1243 - Sie lockten mit dem Jenseits
Schwierigkeiten mit dem Sprechen, doch in Anbetracht dessen, was ihr wirklich bevorstand, ist das eigentlich der Himmel.«
»Da sagst du was.«
Ich deutete auf die Frau. »Was ist mit ihr? Hast du schon mit ihr reden können?«
»Sie ist stumm wie ein Fisch.«
»Auch nicht die feine Art.«
»Eben.«
»Sie heißt Hilde Woodward.«
»He«, wunderte sich Suko, »da weißt du mehr als ich.«
»Einer muss ja die Dinge zusammenhalten.«
»Ja, schon verstanden.«
»Und da ist noch die Sache mit den Grauen. Dir ist ja einer entwischt, Suko, aber mich hat einer angegriffen. Er wollte mich umbringen. Um das zu erkennen, brauchte ich kein Hellseher zu sein. Er hätte es vielleicht auch geschafft, denn er war verdammt stark, aber dann hat er sich vergriffen, und plötzlich wurde alles anders. Da löste er sich auf. Er wurde…«, ich überlegte einen Moment, »… ja, er wurde zu Licht.«
Suko erkundigte sich nicht nach den Gründen, er glaubte mir.
Er fragte nur: »Wieso konnte das passieren?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Aber du hast vorhin etwas von ›vergriffen‹ gesagt. Was hast du damit genau gemeint?«
»Alles der Reihe nach«, sagte ich mit betont langsamer Stimme. »Er griff mich an. Er wollte an meine Kehle. Das hat er nicht richtig geschafft. Er rutschte ab. Seine Hand glitt nach unten, er drehte die Finger um den Stoff meines Pullovers, und dann…«, ich stoppte im Satz und ließ ihn auch weiterhin unausgesprochen, sodass Suko den Ball auffangen konnte.
»Und dann erwischte er dein Kreuz«, sagte er.
»Genau!«
»Super. Dann haben wir ja die Erklärung. Der Graue konnte den Griff um das Kreuz nicht vertragen.«
»So weit so gut«, stimmte ich zu. »Aber warum konnte er den Griff nicht vertragen? Warum löste er sich auf? Was oder wer steckt dahinter? Er ist kein normaler Mensch. Er ist etwas, was in menschlicher Gestalt auf die Erde gekommen ist, was ich um Himmels willen nicht blasphemisch meine. Er kann nur ein Dämon sein oder zumindest zu diesen schwarzmagischen Wesen gehören. Eine andere Lösung gibt es für mich nicht.«
Suko brauchte nicht lange nachzudenken. Er nickte und schaute sich dabei um, als hätte sich der zweite Graue noch irgendwo versteckt. »Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wer sie geschickt hat. Und woher sie kommen. Sie sind die Mörder. Sie sind diejenigen, die Menschen in den Tod stürzen und die Taten so aussehen lassen wie Selbstmord. Auf ihre Art sind sie perfekt.«
»Und sie brauchten eine Helferin. Hilde Woodward«, sagte Suko, der sich im gleichen Augenblick ihr zudrehte.
»Eben.«
Die Frau hatte schon bemerkt, dass die Rede auf sie gekommen war. Zwar hatte sie ihre Sitzhaltung nicht verändert, aber sie hatte den Kopf leicht angehoben und schaute uns von unten her an.
Ich sprach sie an. »Mrs. Woodward?«
Sie hob die Schultern.
»Okay, ich habe Ihre Reaktion gesehen. Sie können zwei Dinge tun. Sie können sich unseren Fragen gegenüber stur stellen, aber Sie können auch kooperativ sein und uns erzählen, was Sie wissen. Wenn Sie sich stur stellen, werden wir sie in Haft nehmen. Beihilfe zum Mord hört sich immer gut an. Da wird uns jeder Richter den entsprechenden Schein ausstellen. Überlegen Sie gut und entscheiden Sie richtig.«
Wir wollten sie nicht bedrängen und gaben ihr Zeit, sich zu entscheiden. Zunächst tat sich nichts. Sie bewegte sich nicht mal und war tief in den eigenen Überlegungen versunken. Wir sahen nur, dass sie atmete, zu hören aber war so gut wie nichts.
Ein paar Mal bewegte sie die Schultern, hob sie an, räusperte sich, schaute zur Seite und löste schließlich die Hände von den Knien. Dann schüttelte sie den Kopf, was wir als Antwort auffassten.
»Sie wollen nicht, Mrs. Woodward?«, fragte ich.
»Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich darf nicht!«, stieß sie hervor. Bei der Antwort hatte sie uns angeschaut. Beide erkannten wir die Angst in ihrem Gesicht. Hilde Woodward litt unter ihrer Furcht, und es musste dafür auch einen verdammten Grund geben.
»Wer hat Ihnen gesagt, dass sie das nicht dürfen?«
Sie zuckte nur mit den Schultern.
»War es Omega?«
»Kann sein.«
»Was wissen Sie über diese Organisation?«, fragte ich scharf und mit jetzt lauterer Stimme. »Mein Gott, reden Sie! Oder wollen Sie sich weiterhin an den Morden mitschuldig machen? Auch wenn Menschen alt und krank sind, sie haben trotzdem ein Recht darauf, so lange zu leben, wie es dem Herrgott gefällt. Kein Mensch darf sie umbringen.
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