1244 - Traumwelt Terra
ihm zu flimmern. Die Umrisse eines Gesichts formten sich, das im Lauf der Jahrhunderte nichts von seiner ursprünglichen, jugendlichen Frische verloren hatte.
„Michael Rhodan!" staunte Adams. „Was bringt dich dazu..."
„Man hat mir über alles berichtet, was mein Freund Homer G. Adams sich angeblich hat zuschulden kommen lassen." Die Stimme des jungen Mannes, der einst unter dem Namen Roi Danton milchstraßenweit bekannt geworden war, hatte einen ernsten, bedrückten Klang. „Ich konnte es nicht glauben. Es muß alles ein gewaltiger Irrtum sein..."
Er unterbrach sich, als Adams langsam und mit einem müden Lächeln den Kopf schüttelte.
„Es ist wahr?" fragte er nach einigen Sekunden.
„Wahr ist, was sie über meine Handlungen gesagt haben, mein Junge", antwortete Adams traurig. „Aber meine Motive kennen sie nicht. Auch dir kann ich sie nicht nennen.
Aber wer mich der Macht- oder Geldgier, der Umstürzlerei oder ideologischer Experimente beschuldigt, der weiß nicht, wovon er redet."
Lange Zeit saß Michael Rhodan schweigend. Dann nickte er.
„Wenigstens ein Trost", sagte er. „Eines Tages wirst du uns dein Geheimnis enthüllen?"
„Eines Tages", versprach Homer Adams. „In nicht allzu ferner Zukunft, wie ich hoffe."
„Ich hoffe mit dir", sagte der junge Rhodan. „Es ist..."
Plötzlich zerfloß sein Gesicht zu hundert bunten Fetzen, die haltlos über die Bildfläche trieben. Seine Stimme wurde zu einem schrillen, unverständlichen Gequäke. Eine Sekunde lang setzte die Übertragung völlig aus; dann entstand ein neues Bild. Verwirrt und verständnislos starrte Homer Adams das Profil einer älteren Frau an, die offenbar in ein erregtes Gespräch mit einem dritten Komnetz-Teilnehmer verwickelt war. Adams hörte sie sagen: „... Gütertrennung ist der einzig gangbare Weg. Ich will wissen, was mir gehört, damit ich darüber disponieren kann. Sonst kommt er mir mit seinen Marotten immer wieder in die Quere. Habe ich recht, Mildred? Mildred, bist du noch da?"
Sie wandte ihr Gesicht dem Aufnahmegerät zu. Ihre Augen wurden unnatürlich groß, als sie Homer Adams erblickte. Sie erkannte ihn nicht. Adams war ein Mann, dessen Bild man in Nachrichtensendungen und sonstigen Veröffentlichungen nur selten zu sehen bekam. Dafür erwachte ihr Zorn.
„Wie kommst du in meine Leitung?" schnaubte sie. „Was fällt dir ein, ein privates Gespräch zu belauschen? Ich werde dich anzeigen..."
„Beruhige dich, Schwester", fiel Adams ihr mit sanfter Stimme ins Wort. „Ich kann nichts dazu. Das System muß eine Fehlfunktion entwickelt haben."
„Ha, Fehlfunktion!" keifte die Alte. „In Wirklichkeit hat..."
Es erging ihr ebenso wie wenige Augenblicke zuvor Michael Rhodan: Ihr Gesicht wurde zu einem bunten Mosaik, dessen Bestandteile eilends auseinander strebten. Ihre Stimme verwandelte sich in heiseres Gezwitscher. Dann war eine Sekunde Stille, und schließlich setzte die Übertragung wieder ein. Diesmal bekam Homer Adams kein Bild zu sehen, sondern lange Ketten verschiedenfarbiger Symbole, die mit großer Geschwindigkeit quer über die Videofläche huschten. Eine private Datenübertragung ohne Zweifel.
Adams deaktivierte den Kom-Anschluß durch Zuruf. Lange Zeit grübelte er darüber nach, was es mit der Verwirrung im Komnetz auf sich haben könne. Er hatte sich mit Michael Rhodan über einen Rada-Kanal unterhalten. Rada (ein Akronym, das aus den Anfangsbuchstaben der Worte random access direct address gebildet wird) war der Ersatz für das in früheren Zeiten gebräuchlichen Telephon. Rada-Kanäle boten absoluten Schutz gegen Abhören und Störung. Was sich soeben ereignet hatte, hätte nach den Gesetzen der Kommunikationstheorie nicht geschehen dürfen.
Eine Zeitlang spielte er mit dem Gedanken, den jungen Rhodan zurückzurufen und die Sache mit ihm zu diskutieren. Schließlich jedoch entschied er dagegen. Es war Zeit, daß er ein paar Stunden Ruhe einlegte. Die Uhr zeigte weit nach Mitternacht. Der zweite Tag des neuen Jahres war längst angebrochen. Wenn irgendwo ein ernsthafter Fehler im System des Komnetzes vorlag, dann würden ihn andere auch bemerken, so daß sich eine Meldung von seiner Seite erübrigte.
Während er einzuschlafen versuchte, ging ihm durch den Sinn, daß irgendeiner der vielen Intelligenzbeschaffungsdienste, die zumeist im Dienst der Regierung oder der Kosmischen Hanse arbeiteten, seinen Kom-Anschluß angezapft und dabei eine Fehlschaltung vorgenommen haben mochte. Aber der
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