1252 - Spur in die Vergangenheit
Wesen existierte tatsächlich. Da hatte ihr van Akkeren seine wahre Gestalt gezeigt.
Er hatte sich mit einem Dämon eingelassen, war von ihm in Besitz genommen worden, ohne sein Menschsein ganz aufzugeben.
Sie spürte auch die Kraft, die von ihm abstrahlte. Es war etwas Besonderes, das sie noch nie erlebt hatte. Hier kamen Gewalten zusammen, die sonst in irgendwelchen höllischen Tiefen verborgen lagen.
Halb Baphomet und halb van Akkeren. So und nicht anders musste sie diese Person sehen.
Julie spürte den Druck in ihrem Innern. Sie konnte sich nicht bewegen. Sie war auf der Stelle festgefroren. In ihrem Kopf geisterten Gedanken, von denen sie keinen zu fassen bekam.
Die aus der Stirn wachsenden Hörner hatten die Haut nicht eingerissen. So wuchs sie immer noch darüber hinweg, aber all die fremden Dinge hatten das Gesicht in die Breite geschoben und zu einer schrecklichen Fratze werden lassen.
Sie wollte nicht zu der Gestalt hinschauen, die auf dem Thron saß. Van Akkeren war schlimmer, und er lebte. Er konnte reden, er konnte schauen, und tief in seinen dunklen Augen sah sie etwas anderes, das sie ebenfalls als schlimm empfand.
Dort war dieses Funkeln, das sich in das Schwarz der Pupillen mischte.
Und genau das war ihr ebenfalls nicht unbekannt. Sie hatte es in den Augen des Dämons gesehen.
Dass es sich jetzt bei van Akkeren abmalte, war ein Zeichen dafür, wie eng die beiden verbunden waren.
Van Akkeren hatte seine Gefangene nicht aus den Augen gelassen. Ihm war keine Regung entgangen, und als er die Furcht sah, da konnte er nur lachen.
Sie hasste das Gelächter. Es klang so abwertend. Sie spürte, wie das Blut in ihren Kopf stieg, aber es kamen ihr auch die ersten Zweifel. Dieser van Akkeren war zu einer Person geworden, in der eine andere Kraft steckte. Macht, die von der Hölle oder vom Bösen gelenkt wurde. Sie war plötzlich nicht mehr davon überzeugt, dass sie ihm widerstehen konnte und dass er es nicht doch schaffte, Geheimnisse aus ihr hervorzuholen, die tief verborgen waren.
Seine Verwandlung hatte er hinter sich gebracht. Van Akkeren war jetzt das, was er schon immer hatte sein wollen und was ihn so stark machte. Er hob die Schultern an und streckte den Kopf vor, als wollte er einen Buckel bilden. Dann kam er langsam auf Julie zu, die sich nicht traute, wegzugehen.
Nach dem Schlag gegen die Wange war sie einen Schritt nach hinten gegangen und hatte die Distanz zwischen sich und ihm verlängert. Das änderte sich, als van Akkeren einen Schritt nach vorn ging und dann noch einen.
Plötzlich war er bei ihr. Er packte zu. Er legte die Hände auf ihre Schultern. Die Ärmel waren etwas zurückgerutscht, und so schauten die Hände weiter hervor.
Sie sah die feinen Haare so dicht darauf wachsen wie das Fell bei einem Tier. Das hatte sie vor der Verwandlung auch nicht gesehen. Er hatte eben vieles von diesem Dämon angenommen.
Sie starrten sich in die Augen. Jeder versuchte, den anderen zu übernehmen und seinen Willen zu brechen. Auch Julie nahm sich fest vor, sich zu wehren, aber sie merkte schon sehr bald, dass sie dem Blick dieser gnadenlosen Augen nicht entwischen konnte.
Seine Worte hörte sie als scharfes Flüstern. »Ich bin nicht John Sinclair, Maria. Ich nicht. Ich bin besser als er. Viel besser. Und das werde ich dir beweisen.«
Julie Ritter fürchtete sich vor diesen Worten. Etwas stieg in ihr hoch. Sie wehrte sich oder versuchte es, aber sie kam gegen den Blick dieser Augen nicht an.
Noch war ihr Kopf klar, und sie erinnerte sich daran, mal gelesen zu haben, dass es Menschen oder Personen gab, die es tatsächlich schafften, allein durch ihren Willen andere Menschen zu manipulieren. Und bei van Akkeren hatte sich der Wille verwandelt und den Ausdruck seiner Augen übernommen.
Sie wollte den Kopf drehen, doch es ging nicht. Er wurde von unsichtbaren Bändern gehalten, und van Akkerens Hände blieben auf ihren Schultern liegen.
»Ich bin besser als Sinclair, hörst du? Ich bin besser. Viel besser, Maria…«
Nein!
Sie wollte ihm die Antwort ins Gesicht schreien, schaffte es jedoch nicht. So blieb diese Abwehr nur ein Gedankenspiel, denn über ihre Lippen drang kein Wort.
»Ich bin besser!«
»Ja, du bist besser«, erwiderte Julie Ritter tonlos…
***
Genau das hatte van Akkeren gewollt. Plötzlich lachte er und öffnete dabei seinen Mund, der sich verzerrte und die gesamte untere Gesichtshälfte veränderte. Sie wirkte kasperlehaft, doch die Hälfte darüber sagte das
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