1252 - Spur in die Vergangenheit
Gegenteil. In den Augen stand nach wie vor dieser gewaltige Wille, da wurde der Strom entlassen, der auch Julie erwischte und sie fast schon willenlos gemacht hatte.
Sie stand noch mit beiden Beinen auf dem Boden. Zugleich aber kam sie sich vor, als hätte sie sich davon gelöst. Wäre sie nicht gehalten worden, wäre sie gefallen, denn sie kam sich vor wie jemand, der zugleich auch neben sich stand.
Van Akkerens Gesicht nahm wieder einen normalen Ausdruck an, bevor er sprach. »So und nicht anders habe ich es hören wollen«, flüsterte er ihr entgegen. »Das allein ist für mich wichtig gewesen. So habe ich einen Anfang gemacht. Von nun an wirst du nur mir gehören und auch mir gehorchen. Hast du verstanden?«
»Ich habe dich verstanden«, erwiderte Julie tonlos.
»Das ist gut. Das ist sogar sehr gut.. Und höre nur mir zu. Nur mir. Du wirst nur mir die Antwort geben und sonst keinem. Ist dir das klar?«
»Ja, ich weiß es.«
»Sehr gut, Maria, sehr gut. Ich rate dir, dich schon mal an diesen Namen zu gewöhnen. Maria Magdalena.« Er lachte heftig. »Es ist ein wunderschöner Name. Ein sehr alter, auf den viele Menschen stolz gewesen sind. Ich frage dich jetzt direkt. Wie heißt du?«
Normalerweise hätte Julie ihre Antwort sofort gegeben und auch den richtigen Namen ausgesprochen, aber jetzt stockte sie. Er wollte ihr nicht über die Lippen. Es war anders geworden. Sie merkte die Sperre in ihrem Innern.
Er wiederholte seine Frage. »Wie heißt du?«
»Ich… ich…«
»Ja, ja…«, drängte er.
»Ich heiße Maria Magdalena.«
Es hätte nicht viel gefehlt, und van Akkeren hätte seinem Triumph durch ein Lachen freie Bahn gegeben. Er freute sich. Er schien zu wachsen, aber er hielt seine Gefühle im Zaum und gab nur einen satt und zufrieden klingenden Atemstoß von sich, bevor er redete.
»Ja, du bist es. Du bist Julie Ritter, aber die andere Person steckt noch in ihr. Ist das wahr?«
Sein Blick brannte wieder in Julies Augen. Auch wenn sie gewollt hätte, sie hätte es nicht geschafft, sich gegen ihn zu wehren. Seine Ausstrahlung war einfach zu stark.
»Es stimmt!«
»Sehr gut, sehr gut, Julie!« Er löste die linke Hand von ihrer Schulter und strich kurz über die Wange hinweg, als wollte er sie durch diese Bewegung loben. »Wir beide machen weiter, denn wir wollen dich vergessen und nur an die Maria Magdalena heran. Du kennst sie. Sie steckt noch in dir. Sie ist nur vergraben. Hole sie hervor, zeige sie mir. Sie muss mich doch sehen wollen, denn sie hat schon damals die Dämonen gehasst, nachdem jemand sie davon befreien konnte. Sie hat ihren Befreier doch geliebt, sie ist bei ihm geblieben, und so ist sie über den Pfad der Tugend gegangen.«
Jedes Wort saugte Julie ein. Es kreiste in ihrem Kopf, und es sorgte dafür, dass sie sich stärker mit der eigenen Erinnerung beschäftigte. Sie kannte sich. Sie hatte sich immer auf sich verlassen können und dabei niemals falsch gelegen, aber sie wusste auch, dass noch etwas in ihr steckte, das nun hervorgeholt wurde.
»Erinnerst du dich?«
»Ich… ich… glaube.«
»Das ist wunderbar.« Er schaute sie noch intensiver an. Van Akkeren befand sich auf der Siegerstraße. Etwas anderes war für ihn nicht mehr vorstellbar. Das Geheimnis lag zum Greifen nahe, er musste nur noch hinfassen.
Die Wende stand dicht bevor, und so bereitete es ihm große Probleme, die Ruhe zu bewahren.
»Du kannst dich erinnern, wer du gewesen bist?«
»Ich kann es.«
»Sage mir den Namen! Los, sag ihn mir! Ich höre ihn einfach zu gern.«
»Maria Magdalena. So heiße ich. So habe ich geheißen. Ich habe gelebt als sie. Ich erinnere mich. Es gab ein Leben, das mich weit herumgeführt hat…«
»Gut, gut, mach weiter so. Erzähle mir etwas davon. Was hat dich umhergetrieben?«
»Ich weiß es nicht mehr.« Die Antwort löste sich flüsternd von den Lippen. »Ich habe die Menschen aufgesucht. Ich wollte ihnen von mir berichten und sie bekehren.«
»Gut, das ist gut«, flüsterte van Akkeren, der seine Gefühle kaum noch unterdrücken konnte. »Ich liebe es, wenn du dich erinnerst. Ist dir die Bekehrung gelungen?«
»Die Menschen liebten mich.«
»Du bist stark gewesen, nicht wahr?«
»Ja, sehr.«
»Und du hast das Leben geliebt?«
»Das musste so sein.«
»Schön, wunderbar. Ich freue mich, dass du das Leben geliebt hast. Weil dies so ist, wirst du dich auch weiterhin erinnern können und mir meine Fragen beantworten. Bitte, du musst mir jetzt einfach nur berichten,
Weitere Kostenlose Bücher