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1254 - Welt ohne Hoffnung

Titel: 1254 - Welt ohne Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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geäußert. Kam jetzt noch eine Meldung von Ne Nudruv, dann war Or Mendin der Besuch eines Antikörpers so gut wie sicher.
    Vorsichtig schob er den Lappen an seine frühere Stelle zurück und machte sich an die Arbeit. Or Mendin war Informationstechniker, sein Arbeitsplatz ein winziger Verschlag von nicht mehr als dreißig Kubikmetern Rauminhalt, halb als Büro, halb als Labor ausgestattet. Es gab kein Fenster, keinen Ausblick in die Umwelt Während der zwölfstündigen Arbeitsperiode hatte Or Mendin sich einzig und allein seinen Aufgaben zu widmen, die darin bestanden, einen Sektor des cloreonischen Kommunikationsnetzes zu überwachen und nebenher mit Konzepten zur Verbesserung des Informationsaustauschs zu experimentieren, die von ein paar eierköpfigen Ge-Typen ausgearbeitet worden waren.
    Bei einem der Versuche hatte es sich zum ersten Mal ereignet, daß ihm eine Idee gekommen war, wie sich das Ziel des Experiments auf andere und weniger aufwendige Weise erreichen ließ. Zuerst war er selbst erschrocken; denn einem Or-Typ stand es nicht an, eigene Initiative zu entwickeln. Er hatte zu tun, was ihm aufgetragen wurde oder was in den Arbeitsvorschriften für seine Art der Beschäftigung stand. Aber die Vorzüge seines Konzepts gegenüber dem von den Eierköpfen entwickelten hatten so offen auf der Hand gelegen, daß er der Versuchung nicht widerstehen konnte. Er hatte die Struktur des Experiments geändert und auf der Grundlage seiner eigenen Idee einen durchschlagenden Erfolg erzielt.
    Die Ernüchterung war gekommen, als er Ge Allini von den Versuchsergebnissen unterrichtete. „Worauf willst du hinaus?" hatte die Gehirnzelle sich mißtrauisch erkundigt. „Du willst nicht etwa zum Ge-Typ aufsteigen?"
    „O nein", hatte Or Mendin versichert. „Ich weiß, daß das nicht möglich ist. Ich dachte nur..."
    „Denken ist gefährlich", hatte Ge Allini ihn unterbrochen. „Denken ist eine Kunst, die man den Gehirnzellen überläßt."
    „Ja", hatte Or Mendin daraufhin gesagt. Von den Ergebnissen seines Experiments hatte er nie wieder etwas gehört. Es mochte sein, daß die Erkenntnisse, die er dabei gewonnen hatte, irgendwo im Gewimmel der Sektoren des Kommunikationsnetzes bereits verwendet wurden. Ihn würde man darüber nicht informieren. Er hatte die Sünde des Denkens begangen. Demgegenüber blieb der Erfolg, den er mit seinem Versuch errungen hatte, ohne Bedeutung.
    Or Mendin war sich der Gefahr wohl bewußt, in der er schwebte. Ge Allini hatte Verdacht geschöpft. Man merkte es an Ne Nudruvs auffälligem Verhalten. Die Nervenzelle war für den Problemkreis Sicherheit des Arbeitsplatzes zuständig, wobei der Begriff Sicherheit, wie in autoritären Gesellschaften üblich, die Zuverlässigkeit der Arbeitenden einschloß. Es war unverkennbar, daß Ne Nudruv dem Informationstechniker Or Mendin seine besondere Aufmerksamkeit schenkte. Da Ne-Typen ebensowenig wie Mitglieder der Or-Klasse Eigeninitiative entwickelten, stand fest, daß Ne Nudruv von oben herab, wahrscheinlich von Ge Allini, beauftragt worden sein mußte, Or Mendin im Auge zu behalten.
    Seltsamerweise fühlte Or Mendin sich dadurch nicht veranlaßt, seine Eigenbrötlern, wie er es nannte, aufzugeben. Er war sich völlig darüber im klaren, daß sein Benehmen dem allgemeinen Verhaltensmuster der Or-Typen widersprach. Aber die Freiheit der Gedanken, die er mit einemmal genoß, begeisterte ihn; sie erfüllte ihn wie mit einem Rausch.
    Nachdem er erst einmal gelernt hatte, wie man das Bewußtsein von der berufsüblichen Konzentration auf Arbeitsvorschriften und Sonderaufträge entlastete, hing er immer öfter und mit stetig wachsendem Eifer seinen eigenen Gedanken nach - Gedanken also, die ihm nicht durch Regeln oder Befehle eingepflanzt worden, sondern kraft der autarken Denktätigkeit seines Gehirns entstanden waren. Kein Wunder, daß er bei der Arbeit mitunter nicht bei der Sache war und sich mehrmals Ge Allinis Tadel zugezogen hatte.
    Da war ein Fragenkomplex, mit dem er sieh in letzter Zeit des öfteren beschäftigt hatte. Es ging um die Fünftausend Jahresfrist, die DER KRIEGER vor langer Zeit dem Volk der Cloreonen gestellt hatte. Der Krieger, so hieß es, habe sich die Cloreonen unterwerfen wollen. Als sie ihm widerstrebten, gab er ihnen jedoch eine Gnadenfrist, eben jene Zeitspanne von fünftausend Jahren, die in wenigen Tagen verstrichen sein würde. Nach dieser Frist, so wollte es die Legende, werde er zurückkehren und die Cloreonen zur Letzten

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