1258 - Der Leichen-Skandal
ihn starke Schmerzen peinigten. In meiner Nähe war Dave Frost auf die Knie gefallen. Sein Kopf schwankte von einer Seite zur anderen.
Die Platzwunde auf seiner Stirn war nicht zu übersehen.
Nur der dritte Mann, Dick Paine, hatte alles gut überstanden. Er sah nur aus wie jemand, der nichts begriff. Sein Blick war ins Leere gerichtet, das Gesicht sah bleich aus, und über seine Lippen drangen unverständliche Wortfetzen.
»Gratuliere«, sagte ich.
Suko lachte leise. »So etwas gehört doch zu meinen leichtesten Übungen, sage ich mal.«
»Ja, ja, wenn wir dich nicht hätten.«
»Arbeitsteilung, John.«
»Genau.«
Mein Freund kümmerte sich um Abel Grange. Der Typ hatte was abbekommen. Jedenfalls würde er in der Zukunft seine Hand nicht mehr so gebrauchen können wie er es sich vorgestellt hatte. Das war mir auch egal, denn so etwas hatte er sich selbst zuzuschreiben.
Als ich auf Dave Frost zuging, stierte er mich mit einem irren Blick an. Sein Mund stand offen. Das Blut war aus der Platzwunde nach unten gelaufen und hatte auf der Haut zwei rote Streifen hinterlassen, die jetzt in Richtung Lippen rannen.
Er sagte nichts. Er zitterte. Er schaute auf die Waffe in meiner Hand, denn Suko hatte mir die Beretta zugeworfen, und ich winkte mit den Handschellen.
Es war leicht, sie ihm anzulegen. Es gab keinen Widerstand mehr bei ihm.
»Ich denke, wir beide sollten ein paar Takte miteinander reden, Frost. Da gibt es noch das Problem mit den Leichen. Ich weiß leider zu wenig, aber sie werden mich schon aufklären.«
Er spie aus, traf mich aber nicht.
Nach der wirklich klassischen Methode führte ich ihn ab. Wir gingen in den Vorraum hinein, wo bereits Suko, Grange und Helen Carver auf uns warteten.
Der Förster kam mit unsicheren Schritten hinter Frost und mir her. Ich hörte noch immer sein schweres Atmen, als gäbe es nicht genügend Luft in der Umgebung.
Abel Grange hockte in einem der kleinen Sessel. Er sah aus, als wäre er hineingedrückt worden. Seine rechte Hand lag auf den Knien. Er litt unter starken Schmerzen, sein Mund war verzerrt, und er atmete stoßweise. Den Kopf hatte er schräg gelegt, und er schaute uns mit hasserfüllten Blicken an.
Auch Dave Frost wurde von mir in einen Sessel gedrückt. Die Handschellen hatten ihn in seiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt, aber an seinem Gesicht las ich ab, dass er sich noch nicht aufgegeben hatte. Er beobachtete mich mit finsteren Blicken.
Helen Carver hatte sich nicht getraut, sich hinzusetzen. Sie stand noch immer mit dem Rücken an der Wand und traute sich nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Dafür hörten wir ihre schweren Atemstöße.
Sie zitterte und blickte immer wieder ängstlich zu den beiden Männern hin.
Auch Dick Paine hatte jetzt den Vorraum erreicht. Er war für mich ein wichtiger Zeuge. Ich wartete, bis er ebenfalls einen Platz gefunden hatte und erkundigte mich dann, wie es ihm ging.
»Mies, Mister, aber…«
»Ich heiße übrigens John Sinclair.« Danach stellte ich Helen und Suko vor, und der Förster erkundigte sich, bei wem er sich bedanken musste.
»Bei keinem von uns«, erwiderte ich. »Bedanken Sie sich bei sich selbst. Ihr Schrei hat Ihnen das Leben gerettet.«
»Ja«, flüsterte er rau, »das glaube ich auch. Aber Sie haben letztendlich eingegriffen. Das hätte nicht jeder getan, glaube ich.« Er drehte den Kopf und schaute auf Frost. »Dieser Mensch wollte mich tatsächlich ersticken lassen.« Er sagte es fassungslos. »Einfach ersticken lassen!«, keuchte er, »wie kann ein Mensch nur so etwas tun? Wie… wie… kann jemand nur so gnadenlos gemein sein?«
Ich sah, dass er sich aufregte und griff ein. »Darüber werden wir noch reden, Mr. Paine. Zunächst mal möchte ich Sie fragen, ob Sie wieder soweit okay sind, dass Sie sich an dieser Unterhaltung beteiligen können?«
»Ich versuche es. Allein wegen Frost. Dieses Schwein muss hinter Gitter.«
»Das finde ich auch.«
Dave Frost empfand es nicht so, denn er begann zu lachen. In sein Gelächter platzte meine Bemerkung hinein. »Und jetzt sagen Sie uns, was mit den Leichen passiert ist, die nicht verbrannt, sondern von Dick Paine gefunden worden sind. Ich gehe auch davon aus, dass sich unter diesen Toten Henry Carver befinden muss, denn in der Urne war keine menschliche Asche. Das steht fest.«
Frost zuckte nur die Achseln und deutete damit an, dass er nichts sagen wollte.
Helen Carver hielt es nicht länger aus. Zu lange schon hatte sie ihre Emotionen
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