1259 - Spinnenpest
alles Gute.«
Das wünschte ich auch den drei Patienten und hoffte, dass ich ihnen letztendlich helfen konnte.
Ich schob mich wieder näher an das Kopfende heran. Das Kreuz hing noch vor meiner Brust, und ich stellte schon fest, dass sich seine Umrisse erwärmten, je näher ich kam, desto intensiver.
Ich konzentrierte mich auf das Gesicht des Mannes, während ich das Kreuz in der geschlossenen Faust hielt. Die Züge veränderten sich leicht. Für mich sah das Gesicht so aus, als litte der Mensch, dem es gehörte, unter einer großen Anstrengung.
Merkte er bereits etwas?
Sein Herz jedenfalls schlug heftiger. Das bemerkte ich an den Bewegungen der Haut über der Brust.
Ich gab das Kreuz frei und wollte es mit dem ersten Geschwür in Kontakt bringen.
Dazu kam es nicht mehr.
Ein gellender Schrei fegte mir aus dem weit aufgerissenen Mund des Mannes entgegen. Das war jedoch nicht alles. Zugleich platzten sämtliche Beulen oder Geschwüre auf seinem Körper auf, und aus diesen Wunden quollen unzählige kleine Spinnen…
***
Ich hatte damit rechnen müssen. Als es jedoch passierte, war ich trotzdem überrascht. Ich zuckte zurück, als hätte man mich brutal gestoßen. Hinter mir reagierten auch Suko und Dr. Morley. Allerdings mehr der Arzt, aus dessen Mund drangen Laute, die kaum zu einem Menschen passten.
Suko kümmerte sich um ihn, während ich mir den jungen Mann im Bett vornahm.
Er hatte nicht nur geschrieen, sondern seinen Oberkörper in die Höhe gedrückt. In dieser Haltung blieb er auch liegen. Sein Körper bildete praktisch eine Brücke, der Mund stand noch weiter offen, und aus ihm wehte mir ein Atem entgegen, der so schrecklich faulig roch, als würde er innerlich verwesen.
Ich konnte im Moment nichts mehr tun. Ich sah nur zu, wie aus den Geschwüren die Spinnen drangen. Zu zählen waren sie nicht. Sie bewegten sich rasend schnell über den Körper hinweg. Sie erinnerten mich von der Größe her an kleine Käfer. Auf einen Fingernagel passten gut und gern drei dieser Spinnen, und noch immer glitten sie aus den Geschwüren hervor wie dünne Ströme, die sich kurze Zeit später, als sie die Freiheit erreicht hatten, verteilten.
Es war der reine Wahnsinn. Es war unfassbar, aber eines stand für mich fest: Hinter diesem Phänomen steckte eine schwarzmagische Macht, und auch das Erscheinen der Spinnen war nicht ohne Motiv geschehen. Sie glitten über den Körper hinweg, auch an ihm herab und krabbelten schließlich über das Bett hinweg.
Von der Körpergröße her glichen sie sich wie ein Ei dem anderen. Da war nichts anderes zu erkennen. Eine schwarze Flut bedeckte das Bett, und sie war auch für mich wichtig, doch noch wichtiger war der Mensch, aus dessen Körper sie gedrungen war.
Er lebte noch, aber es ging ihm schlecht. Ich sah und spürte, wie er um sein Leben kämpfte. Die Spinnen mussten ihm innerhalb des Körpers schrecklich zugesetzt haben. Wahrscheinlich hatten sie sich sogar von ihm ernährt, und trotzdem alles irgendwie im Gleichgewicht gehalten, was nun endgültig vorbei war.
Der junge Mann hob seinen rechten Arm an. Er streckte ihn mir entgegen. Auf der Haut krabbelten ebenfalls die Spinnen, doch auf halber Strecke sackte der Arm weg.
Er fiel wieder zurück auf das Bett, und noch in der gleichen Sekunde brach auch der Blick.
Der Mann war tot…
Ich hatte mich etwas gedreht, weil ich sehen wollte, was Suko machte. Dass ein Teil der Spinnen bereits über den Boden lief, kümmerte mich nicht, denn Suko war dabei, auch die zwei anderen Bettdecken in die Höhe zu schleudern.
Er tat es fast gleichzeitig und hatte seine Aktion zudem perfekt getimt, denn in diesem Augenblick brachen die Geschwüre der anderen Männer auf, verbunden mit schlimmen Schreien, mit heftigen Bewegungen der Körper. Die Spinnenflut konnte nicht mehr gestoppt werden. Die kleinen Tiere sprudelten aus den Wunden hervor wie Öl aus dem Bohrloch.
Es war einfach nicht möglich, die Einzelheiten genau zu beschreiben. Insgesamt boten die drei Körper ein schreckliches Bild, und auch Dr. Peter Morley konnte nicht mehr helfen. Er war bis an die Tür zurückgewichen, den Mundschutz hatte er abgerissen, was Suko und ich jetzt ebenfalls taten.
Der Arzt atmete keuchend. Er schüttelte den Kopf und wusste dabei nicht, wo er überall hinschauen sollte. So wechselte sein Blick zwischen den Betten und den Spinnen hin und her, die sich zusammengefunden hatten und als dunkle Bahnen über den glatten Boden liefen.
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