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126 - Hinter der Grenze

126 - Hinter der Grenze

Titel: 126 - Hinter der Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Gefängnis leben. Sie haben Angst vor den Kannibalen.«
    Aruula sah den Corporal an. »Und wieso leben die Menschenfresser genauso wie ihre Beute? Vor wem haben sie Angst?«
    »Oh…« Daran hatte er wohl nicht gedacht. »Vielleicht vor… stärkeren Kannibalen?«
    »Da sind, äh, andere Dinge, die keinen Sinn ergeben«, sagte Jed, ohne ihn zu beachten. »Dieses Dorf lebt nur von dem, was gejagt und angebaut wird. Wir sollten, hm, Missbildungen und äh, Mangelerscheinungen wie Skorbut sehen, aber alle wirken kräftig und gesund. Diesen Leuten fehlt nichts. Sie haben noch nicht einmal Zahnlücken.«
    »Sie sagen, dass der Hüter sie beschützt.« Aruula griff nach ihrer Teetasse. Seit sie in England lebten, schien sie Gefallen an dem Getränk gefunden zu haben. »Vielleicht ist das wirklich so.«
    Lansdale schnaufte. »Klar, und jedes Jahr zu Weihnachten kommt Santa Claus hier vorbei und schmeißt 'ne Party.«
    »Santa… wer?«
    »Schon gut.« Matt riss das Gespräch an sich, bevor Jed es tun konnte. Der war bereits aufgestanden und machte einen wütenden Schritt auf Lansdale zu. »Im Moment kann niemand von uns erklären, was hier nicht stimmt. Wir wissen nur, dass etwas nicht stimmt. Damit sollten wir uns beschäftigen, okay?«
    Er sah zuerst Jed, dann Lansdale an. »Okay?«, wiederholte er.
    »Ja, Sir«, antwortete der Corporal.
    Jed schwieg. Er wollte sich wieder seinen Notizen zuwenden, aber Matt hielt ihn auf. »Was war das für eine Frau?«
    »Nun…« Jed hob die Schultern. »Das ist kein großes Geheimnis, nur eine, äh, kleine Tragödie. Manche Stammeskulturen erwählen eine Person aus ihrer Mitte nach… nun, ganz bestimmten Kriterien, die jetzt hier keine Rolle spielen. Sie bewahren das Wissen des Stammes auf und geben es irgendwann an die nächste Person weiter.«
    »Das klingt nicht sonderlich tragisch.« Cummings stand an der offenen Tür und drehte eine Teetasse zwischen den Händen.
    »Das, äh… ist es aber. Diese Frau, die wir eben gesehen haben, wird auf ihre Funktion reduziert. Sie ist wie ein…«, er suchte einen Moment nach den richtigen Worten, »… wie ein Lexikon, das mit Wissen angefüllt ist und es auf Kommando wiedergibt. Sie gilt nicht als Person, deshalb würde sie auch nie jemand nach ihrem, hm, ihrem Namen fragen oder etwas Persönliches zu ihr sagen. Sie trägt keine Kleidung, sie wäscht sich nicht, denn ihr Körper hat seine Bedeutung verloren. Ich, äh, würde das als tragisch bezeichnen.«
    »Da haben Sie wohl Recht.« Cummings klang nachdenklich. »Wieso…« Sie warf einen Blick aus der Tür und unterbrach sich. »Sir, da draußen geht etwas vor.«
    Matt trat neben sie. Die Hütte des Chiiftans stand einige Meter vom Landeplatz des EWATs entfernt. Ein knappes Dutzend Menschen stand davor. Sie hatten sich um zwei Männer versammelt, deren Ausrüstung darauf schließen ließ, dass sie entweder von einer erfolglosen Jagd zurückkamen oder auf dem Weg zur Jagd waren. Sie erzählten etwas mit sichtlicher Aufregung. Teggar hörte ruhig zu. Sie sprachen so schnell, dass Matt kaum etwas verstehen konnte.
    »Jed?«, fragte er.
    »Sie, äh, reden von der Jagd. Vor ein paar Tagen sind ein paar von ihnen nach Norden aufgebrochen, zu einem Berg, nein, einer Schlucht. Sie sind nicht zurückgekehrt und die beiden hier sollten sie suchen. Aber der Eingang zur Schlucht ist verschüttet. Es gab wohl einen, hm, Erdrutsch. Jetzt kommen sie nicht mehr durch.«
    Matt blickte in den Himmel. Es dämmerte. Um diese Jahreszeit wurde es hier im Norden bereits am späten Nachmittag dunkel.
    »Wir können ihnen unsere Hilfe anbieten«, sagte er, »und morgen früh aufbrechen.«
    Jed hob die Hand. »Moment, sie reden gerade darüber. Die Männer sind seit fast sieben Tagen unterwegs.« Er zögerte, als zweifle er an der Übersetzung. »Sie, äh, sagen, dass die Dunkelheit sie noch in dieser Nacht holen wird. Dann werden sie sterben.«
    ***
    Es gab viele Dinge, die Simon Lansdale interessierten. Waffen gehörten dazu, seine Karriere und das monatliche Darts-Turnier. Doch es gab auch einige Dinge, die Simon nicht interessierten, und die primitive Welt an der Oberfläche nahm darunter einen Spitzenplatz ein. Es reichte ihm, in einem EWAT über die Dörfer zu gleiten und die Barbaren ab und zu mit einem Tiefflug zu erschrecken. Jeden weiteren Kontakt zu ihnen hielt er für überflüssig. Normalerweise sahen seine Kameraden und Vorgesetzten das ähnlich, doch auf dieser Mission schien es so etwas wie

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