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126 - Hinter der Grenze

126 - Hinter der Grenze

Titel: 126 - Hinter der Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Nanobot-Forschung eingelassen.
    Und jetzt stand er kurz vor dem Ziel. Die Blutproben von Zehn Drei zeigten eine deutliche und selbständige Vermehrung der Nanobots. Der Urstamm schien sich im Kleinhirn angesiedelt zu haben und produzierte dort beständig neue Bots.
    Diese neue Generation hatte er vor zwei Tagen dem zur Abwechslung sehr ruhigen Zehn Zwei injiziert. Äußere Veränderungen konnte er bei diesem Bonobo zwar noch nicht erkennen, aber die Nanobots vermehrten sich auch in seinem Körper zufrieden stellend.
    Wingfield griff nach der Thermoskanne, die neben ihm auf dem Boden stand. Das orangefarbene Licht der Straßenlampen fiel in das Zimmer und erhellte es notdürftig. Zehn Zwei war bereits vor einigen Stunden auf seiner Decke eingeschlafen, Zehn Drei hockte mit offenen Augen in einer Ecke seines Käfigs. Die Bananenstaude, die er am Morgen bekommen hatte, lehnte vergessen am Gitter. Sein Blick war auf seine Hände gerichtet.
    Wingfield runzelte die Stirn. Er stellte die Thermoskanne zurück, stand auf und nahm die Taschenlampe vom Schreibtisch.
    »Du wirst mir doch keine Probleme machen, oder?«, flüsterte er. Der Lichtkegel der Lampe strich über den Bonobo und fiel auf dessen Handflächen. Etwas krabbelte über die ledrige Haut.
    Wingfield ging näher heran. Erleichtert atmete er auf, als er sah, dass es nur eine Ameise war, die vermutlich mit den Bananen ins Affenzimmer gekommen war.
    Ihr Anblick schien Zehn Drei zu faszinieren. Er beobachtete jede Bewegung, ließ das kleine Insekt über seine Finger und Handflächen laufen. Minutenlang konzentrierte er sich nur auf die Ameise, dann, als sie die Spitze seines Zeigefingers erreicht hatte, steckte er sie in den Mund.
    »Das Ende einer kurzen Freundschaft«, sagte Wingfield. Er schaltete die Taschenlampe aus und streckte sich. Es war fast drei Uhr morgens, doch der Tee, den er den ganzen Tag über getrunken hatte, hielt ihn wach.
    Ein kleiner Schluck Whisky wird dagegen helfen, dachte er.
    Im Konferenzraum des Instituts standen stets mehrere Flaschen in der Bar. Manche behaupteten, ohne diese Flaschen würde es keine Konferenzen geben.
    Wingfield verließ das Affenzimmer. In den fensterlosen Gängen wagte er es, das Licht einzuschalten. Von der Straße ließ es sich nicht sehen, und seit die Universität ein vollautomatisches Alarmsystem angeschafft hatte, gab es auch keinen Wachdienst mehr, an dem er sich hätte vorbei schleichen müssen.
    Er betrat den dunklen Konferenzraum, tastete sich bis zur Bar vor und griff nach einer halbvollen Flasche Laphroaig. Die Gläser ließ er stehen.
    Zehn Tage hatte er angesetzt, dann wollte Wingfield das Institut über sein eigenmächtiges Experiment informieren. Bei einem Erfolg hatte er keine Konsequenzen zu befürchten, bei einem Misserfolg drohte ihm nur die Entlassung. Im Angesicht der drohenden Katastrophe war er bereit, mit diesem Risiko zu leben.
    Aber was passiert, wenn die Nanobots tatsächlich funktionieren? ', fragte er sich. Bisher hatten er und seine Kollegen sich rein auf die Forschung konzentriert, nicht auf die politischen Konsequenzen. Würden sich die Mächtigen der Welt mit Nanobots injizieren lassen und die Folgen des Einschlags unterirdisch aussitzen, während die Bevölkerung verhungerte? Wingfield hielt das für wahrscheinlich. Bereits jetzt hatten zahlreiche Regierungen unterirdische Bunker für die Elite ihres Landes errichtet. Die Aussicht, selbst eines Tages wieder an die Oberfläche zurückkehren zu können, musste verlockend sein, selbst wenn dieser Tag Generationen entfernt lag.
    Sollen sich andere mit dieser Frage beschäftigen, dachte er.
    Ein Poltern unterbrach seine Gedanken.
    Wingfield zuckte zusammen. Mit zwei Schritten erreichte er die Tür des Konferenzraums und schaltete das Licht im Gang ab. Er hielt die Luft an.
    Stille. Dann das Schlagen einer Tür, gemurmelte Worte, das Glucksen eines Affen. Wingfield nahm die Whiskyflasche wie eine Keule in die Hand und schlich durch den Gang. An der Tür zum Affenzimmer blieb er stehen.
    Dumpfe Geräusche drangen in den Gang. Wingfield griff nach dem Türknauf. »Scheiße«, sagte in diesem Moment eine Männerstimme im Zimmer. »Hier ist jemand.«
    »Shit!« Eine Frauenstimme. »Raus hier.«
    Wingfield riss die Tür auf. Dunkel vermummte Silhouetten fuhren herum. Zwei standen neben dem Käfig von Zehn Drei, eine dritte an der Tür zum Labor. Die vierte Gestalt bemerkte er erst, als sie ihn zurück in den Gang stieß. Er stolperte und prallte

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