126 - Ihr Mann, die Fliege
bekannt war ein äußerst häßlicher Mensch.
Boram zog sich zurück.
Ich ließ die Besucher ein, Cruv nahm die schwarze Melone ab. Er trug sie, um größer zu wirken. In der Hand hielt er einer, Ebenholzstock mit klobigem Silberknauf - eine Waffe, mit der er hervorragend umzugehen wußte. Drehte man den Knauf, schnellten drei magisch geladene Metallspitzen aus dem harmlos aussehenden Stock.
Tucker Peckinpah machte mich mit dem Fernsehregisseur William Bloom bekannt.
»Ich schulde William einen Gefallen«, sagte mein Partner. »Vielleicht können Sie ihm helfen, Tony, Genau genommen braucht nicht er diese Hilfe, sondern Lindsay Rovis. Sie wissen, wer Lindsay Rovis ist?«
»Die Kindertante vom Fernsehen«, sagte ich und bot den Besuchern Platz an. »Irgend etwas zu trinken?« fragte ich.
»Für mich nicht«, sagte Tucker Peckinpah.
Bloom lehnte auch ab, und Cruv schüttelte ebenfalls den Kopf.
Ich nahm mir einen kleinen Pernod. Shavenaar befand sich vorläufig wieder im Tresor.
Nachdem ich mich auch gesetzt hatte.
fragte ich: »Nun, Mr. Bloom, wo liegt das Problem?«
»Bevor ich beginne, möchte ich Sie bitten, über aiies, was ich Ihnen erzählen werde, Stillschweigen zu bewahren, Mr. Ballard.«
»Tony ist die Diskretion in Person«, versicherte ihm Tucker Peckinpah.
Bloom holte tief Luft, und dann zeichnete er von Lindsay Rovis ein völlig anderes Bild, als ich es von der Fernsehtante hatte - und mit mir ganz England.
Sie war nicht der Engel, für den -wir sie alle hielten. Sie konsumierte so viel vom Leben, wie sie nur kriegen konnte, war alles andere denn ein Kind von Traurigkeit, haschte, kiffte und soff.
Das war die echte »Tante Lindsay«. Ich muß gestehen, daß sie mir nicht gefiel. Die andere, die vom Fernsehen, war mir bedeutend lieber, aber die gab es in Wirklichkeit nicht.
Nach einer langen Einleitung, die mir helfen sollte, Lindsay Rovis kennenzulernen, kam Bloom auf die Schwierigkeiten der TV-Kindertante zu sprechen.
Es hörte sich an wie das Problem eines Menschen, der seine Drogensucht nicht mehr im Griff hatte.
Alpträume… Handfeste Halluzinationen… Visionen, die von tatsächlich Erlebtem nicht zu unterscheiden waren…
Bloom sagte, daß er dem Mädchen zunächst nicht geglaubt habe. »Doch mittlerweile bin ich davon überzeugt, daß sie mir die Wahrheit erzählt hat«, ergänzte er. »Lindsay hat schreckliche Angst, und ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, daß diese Angst begründet ist, Mr. Ballard. Fragen Sie mich nicht, woher dieses Gefühl kommt. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß man Lindsay beistehen muß.«
»Finden Sie heraus, was es mit diesem merkwürdigen Alptraum auf sich hat, Tony«, bat Tucker Peckinpah. »Helfen Sie Lindsay Rovis, wenn Sie können, und bewahren Sie sie vor Schaden.«
Sie hatte ein Fliegenmonster in ihrem Schlafzimmer gesehen, hatte es für einen Alptraum gehalten. Das Ungeheuer hatte Lee Stroud umgebracht, und der Fernsehautor war irgendwann am Morgen verschwunden. Seine Leiche hatte sich aufgelöst, das Blut auf der Bettwäsche auch.
So konnte es sich abgespielt haben.
Oder »Tante Lindsay« hatte im Drogenrausch halluziniert, Herauszufinden, was die Wahrheit war, sollte nun meine Aufgabe sein.
***
Lindsay Rovis war froh, daß ihr William Bloom schließlich doch geglaubt hatte. Allein in ihrem großen Apartment, stellte sich die Angst wieder ein.
Sie versuchte, sich abzulenken, räumte die Partyspuren auf. Obwohl niemand im Schlafzimmer war, wagte sie sich nicht hinein. Zu grauenvoll war die Erinnerung an den Toten, der neben ihr gelegen hatte.
Bill hatte versprochen, ihr zu helfen. Der gute Bill. Was würde ich tun, wenn ich ihn nicht hätte, dachte Lindsay. Ich glaube, ich würde langsam, aber sicher den Verstand verlieren.
Sie stellte die Stühle auf, legte die Zierkissen an ihren Platz, leerte die überquellenden Aschenbecher, und sie hatte die ganze Zeit das Gefühl, beobachtet zu werden.
Befand sich jemand in ihrer Wohnung? Sie hatte nicht den Mut, nachzusehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, die Angst begann, zwischen ihren Schläfen zu pochen, und weil sie sich fürchtete, schlug ihr Herz gleich noch schneller…
Es war ein Teufelskreis.
Mit Tranquilizern hätte sie ihn unterbrechen können, aber sie wollte nichts mehr schlucken.
Es muß auch so gehen! dachte sie hartnäckig. Ich bin davon nicht abhängig. Ich brauche das Zeug nicht. Wenn ich will, komme ich ohne es aus.
Ein Glas rutschte ihr aus der Hand
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