126 - Ihr Mann, die Fliege
daß ich kaum glauben konnte, was William Bloom mir über sie erzählt hatte.
Aber es stimmte mit Sicherheit. Warum häte mich Bloom belügen sollen? Er war Lindsays Freund gewesen, wahrscheinlich der beste, den sie hatte, sonst hätte sie sich nicht an ihn urn Hilfe gewandt.
Ich hatte es noch nicht verkraftet, daß wir zu spät gekommen waren, daß wir Lindsay Rovis nicht beistehen konnten.
Lächerliche zwei Minuten halten sie das Leben gekostet. Wenn wir zwei Minuten früher dagewesen wären,, hätten wir sie retten können.
»Also irgend etwas paßt hier nicht ganz zusammen«, sagte plötzlich Vicky Bonney hinter mir in belustigtem Tonfall. »Du solltest statt des Pernods Milch zur Kindersendung trinken,«
»Hallo, Schatz«, sagte ich.
Vicky beugte sich über die Lehne meines Sessels und gab mir einen Kuß, »Das Rendezvous mit dem Literaturagenten hat etwas länger gedauert. Tut mir leid.«
»Macht nichts. War’s wenigstens ein Erfolg für dich?«
»Der Mann möchte meine Bücher nach Japan verkaufen.«
»Großartig.«
»Er hat es noch nicht geschafft,«
»Es wird ihm gelingen«, sagte ich überzeugt. »Ich kenne alle deine Bücher, Ich bin sicher, daß auch die Japaner sie lesen wollen.«
»Sag mal ist das kein Irrtum? Siehst du dir die Kindersendung mit voller Absicht an?«
»Ja, das tu ich.«
»Tony Ballard, der Dämonenjäger, ein heimlicher Fan von Tante Lindsay. Das ist mir neu.«
»Es ist ihre letzte Sendung«, sagte ich. »Sie lebt nicht mehr.« Ich erzählte Vickv, was passiert war, und ich sprach auch über Cucas unerwünschten Besuch.
»Was gleich alles passiert, wenn ich mich mal aus dem Haus rühre«, sagte Vicky und schüttelte die blonde Mähne.
Sie setzte sich auf die Armlehne meines Sessels, legte ihren Arm um meine Schultern und verfolgte mit mir das Kinderprogramm.
Auch sie sah »Tante Lindsay« jetzt mit anderen Augen. »Schade um sie«, sagte Vicky, als die Sendung zu Ende war. »Englands Kinder werden sehr traurig sein, wenn sie erfahren, daß sie nicht mehr lebt.«
Ich griff nach der Fernbedienung und schaltete das Fernsehgerät ab. Für kurze Zeit herrschte eine betretene Stille im Raum. Lindsay Rovis war gegangen und hatte eine bedrückende Leere hinterlassen, Wo sollte ich meinen Hebel ansetzen?
***
»Kommen Sie herein und schließen Sie die Tür«, sagte Oberinspektor Brian Kent, ein mittelgroßer, schwarzhaariger Mann mit dunklen, ernsten Augen, Es gibt bei der Londoner Polizei Unterabteilungen und Spezialeinheiten. Nicht nur die Stadtpolizei und Scotland Yard, sondern auch noch etliche Dienststellen dazwischen, die so kompliziert miteinander verzahnt sind, daß die Kompetenzbereiche nur sehr schwer durchschaubar sind.
Eine dieser Spezialeinheiten leitete Kent - bisher mit recht zufriedenstellendem Erfolg. Ihm standen gute Beamte zur Verfügung, und zwei, die zur absoluten Spitze gehörten, hießen Don Hurst und lan Hopkins.
Der Oberinspektor ließ ihnen die größtmögliche Freiheit, denn er wußte, daß sie die brauchten, um sich richtig entfalten zu können. Er setzte sie kaum einmal unter Druck, denn sie wußten selbst, was sie tun mußten, und sie erledigten ihre Arbeit stets mit der größtmöglichen Zuverlässigkeit.
Kents Büro war nüchtern eingerichtet, Er war ein nüchterner Mensch, ihn störten die kahlen Wände nicht, die ihn umgaben. Auch er war ein ausgezeichneter Polizist, und er hatte eine beachtliche Karriere hinter sich.
In einer Schublade daheim lagen eine Menge Auszeichnungen. Sogar einen Orden hatte man ihm verliehen, nachdem er einem Staatsoberhaupt der Dritten Welt anläßlich einer Englandreise das Leben gerettet hatte.
Er wäre damals beinahe draufgegangen. Die Kugel, die dem Staatsoberhaupt gegolten hatte, hatte ihn getroffen. Seither war er nicht mehr ganz so risikofreudig.
Man hatte seinem Ansuchen, ihn in den Innendienst zu versetzen, stattgegeben und ihm die Leitung dieser Abteilung übertragen, und er bewies, daß er auch sehr viel von psychologischer Menschenführung verstand.
Don Hurst schloß die Glastür. Kent forderte ihn und Hopkins auf, sich zu setzen.
Hurst ließ sich auf den Stuhl fallen und streckte die Beine vor sich.
»Sie dürfen rauchen, wenn Sie möchten«, sagte Kent.
Das war eine Seltenheit, denn für gewöhnlich herrschte im Büro des Oberinspektors striktes Rauchverbot. Hopkins und Hurst wechselten einen raschen Blick. Das schien eine längere Besprechung zu werden. Sie holten ihre Zigaretten dennoch
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