1260 - Wahnsinn in Wales
keinen mehr, der nicht zur Tür geschaut hätte, die weit offen stand.
Er kam aus dem Zimmer.
War er ein Mensch?
Den Körper eines Menschen besaß er, aber der wurde von Tausenden von kleinen Spinnen gebildet…
***
Der Niederschlag, die folgende Bewusstlosigkeit, das alles hatte ich schon viel zu oft erlebt. Auch wenn ich mir vornahm, vorsichtiger zu sein, es gibt immer wieder Situationen, in denen die andere Seite stärker ist als man selbst.
So auch hier.
Aber ich wachte wieder auf. Dabei hatte ich das Gefühl, aus einem tiefen Wasser nur ganz allmählich an die Oberfläche zu steigen. Um mich herum war es finster, aber mein Gehör funktionierte, denn ich vernahm so etwas Ähnliches wie eine menschliche Stimme. Nur sprach dieser Mensch nicht, er schimpfte mehr. Jedes Wort, das ich mitbekam, schien in meinem Kopf die Schmerzen und Stiche noch zu verstärken.
An der linken Seite und über dem Ohr war es besonders stark. Dennoch ging ich davon aus, dass mich der Treffer nicht voll erwischt hatte, und endlich öffnete ich wieder die Augen.
Ich sah alles und nichts!
Zudem war es dunkel. Ich wollte mich bewegen und so einem ersten Impuls folgen, aber das klappte auch nicht, denn die Arme und auch die Beine waren gefesselt, und das mit einem Material, das bei den Bewegungen in meine Haut geschnitten war.
Ich stöhnte leise auf.
Genau das Zeichen wurde verstanden, denn das Fluchen in meiner Nähe stoppte, und ich hörte die Stimme meines Freundes. »Na, wieder unter den Lebenden?«
»Es geht so.«
»Wunderbar.«
»Was ist daran wunderbar?«
»Dass wir noch leben!«
»Fragt sich nur wie lange!«
»Ja, da könnten wir Pech haben, wenn uns nicht ganz schnell etwas einfällt.«
»Hast du dir denn schon Gedanken gemacht?«
»Sicher. Aber ich habe leider nicht die Bewegungsfreiheit, die ich brauche.«
»Da können wir uns die Hand reichen.« Ich lag auf der Seite. Die Schweinehunde hatten mir die Arme auf dem Rücken gefesselt, und dorthin wollte ich mich nicht drehen. Zudem spürte ich jede Bewegung auch im Kopf, sogar jedes Zucken.
Ich riss mich wieder zusammen. Es hatte keinen Sinn, sich gehen zu lassen.
»Weißt du eigentlich, wo man uns hingeschafft hat?« flüsterte ich Suko zu.
»Nein. Es ist nur finster.«
»Sehe ich selbst.«
»Aber nicht so finster wie in der Hölle.«
»Kennst du sie denn von innen?«
»Ich kenne dich, das reicht mir. Außerdem hätte ich von dir mehr erwartet. Schließlich bist du der Kampftechniker mit den pfeilschnellen Reaktionen.«
»Jeder Mensch hat seine Grenzen. Aber um auf deine Frage zurückzukommen. Wir können in einem Haus oder in einem Schuppen stecken, was letztendlich egal ist. Irgendwann wird man uns abholen und den Spinnen zum Fraß überlassen.«
Suko besaß manchmal einen etwas salzigen Humor. Im Prinzip hatte er Recht, und im Moment war es für uns unmöglich, aus dieser Lage herauszukommen, denn unsere Gelenke wurden auch von diesem verdammten Blumendraht festgebunden, wie Suko mir glaubhaft versicherte.
»Den kriegen wir nicht los, John.«
»Super. Und was läuft jetzt?«
»Ich versuche mal, mich aufzurichten.«
Beinahe hätte ich gelacht. »Na denn viel Spaß.«
Den hatte er bestimmt nicht bei seiner Aktion. Uns blieb der Galgenhumor, und ich sah, wie sich mein Freund bewegte. Seine Gestalt war mehr ein Schatten, der sich gegen die Wand unseres Gefängnisses drückte und dann versuchte, in die Höhe zu kommen.
Er hatte Probleme damit. Er kam intervallweise in die Höhe und stand schließlich. Ich hörte ihn keuchen, aber meine Gedanken beschäftigten sich längst mit Bill Conolly. Er wartete auf uns, aber er war im Stich gelassen worden. Wir hätten längst bei ihm sein müssen, er würde uns verfluchen.
Irgendwo hatten wir alles vermasselt und hätten den Fall ernster nehmen sollen. Wir waren ihn zu lässig angegangen, aber daran war auch nichts mehr zu ändern.
Suko hatte es endlich geschafft. Er stand zwar, war jedoch nicht in der Lage, sich normal zu bewegen. Die Hände auf dem Rücken gefesselt, die Beine ebenfalls zusammengebunden, so kam er nur weiter, wenn er hüpfte wie ein Frosch.
»Fühlst du dich besser?«, fragte ich.
»Zumindest stehe ich.«
»Und weiter?«
»Ich werde mal versuchen, unseren Knast zu erkunden. Das muss doch klappen. Dann wird es auch einen Ausgang geben.«
»Ja, hüpf mal.«
Das war nicht spöttisch gemeint, denn auf eine andere Weise konnte sich Suko nicht bewegen. Und es war verdammt schwer für ihn,
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