1265 - Im Visier der Schattenhexe
Fauchen oder Brausen. Wir hörten auch einen Schrei, drehten die Köpfe und sahen das Unglaubliche.
Wir bekamen Besuch von zwei Personen.
Von Justine und der Schattenhexe!
***
Assunga tauchte wirklich wie ein Schatten auf. Sie kam aus dem Nichts, sie stand plötzlich im Raum, und es war nur ihr Kopf zu sehen, der Körper nicht, weil sie ihren schwarzen Mantel geschlossen hielt.
Kaum hatte sie den Boden berührt, da schlug sie die Seiten zurück. Und damit war Justine Cavallo frei.
»Hier ist sie!«
Assunga schlug den Mantel wieder zusammen. Zuvor hatte sie der Blutsaugerin noch einen Tritt gegeben, der sie bis gegen den Schrank schleuderte. Erst dort fing sie sich wieder, aber da war die Schattenhexe schon wieder verschwunden.
Ich dachte nicht darüber nach, wie einfach es für Assunga war, zu mir zu gelangen, ich hatte meine Beretta gezogen und richtete die Mündung auf die noch immer überraschte Justine Cavallo. Mit dieser Wendung des Falls hatte ich nicht gerechnet. Dass es so gekommen war, zeigte mir, wie stark verfeindet die beiden Dämoninnen inzwischen waren.
Ich war der Einzige, der eine Waffe trug. Sukos Beretta befand sich in der Wohnung nebenan.
Glenda war nicht bewaffnet, und auch den Stab und die Dämonenpeitsche konnten wir vergessen.
Ich saß nicht mehr im Sessel und war wie in Trance aufgestanden. Noch immer war es kaum zu fassen, wer mir da geschickt worden war, und vor der Brust der Cavallo sah ich mein Kreuz hängen wie das große Siegeszeichen.
Nicht nur ich hatte die Überraschung erlebt. Justine ging es nicht anders. Sie musste sich zunächst an die neue Umgebung gewöhnen und auch herausfinden, wo sie sich befand.
Als das passiert war, sah sie mich und schaute direkt in die Mündung der Beretta hinein.
»Die wahren Sieger zeigen sich immer zuletzt, Justine. Willkommen an der Schwelle des Todes.«
Ich konnte nicht anders. Es hatte einfach rausgemusst, und ich lauerte jetzt auf ihre Reaktion.
Auch sie konnte staunen. Das las jeder von uns an ihrem Gesicht ab, aber sie fing sich rasch wieder und besann sich auf ihre eigentlichen Stärken.
Mit einer heftigen Bewegung schüttelte sie den Kopf und das blonde Haar durch. Ihre Stimme bekam wieder den alten, harten und bissigen Klang zurück. »Noch stehe ich nicht an der Schwelle zum Tod, Sinclair. Ich gebe zu, dass ich mich verrechnet habe, aber ich besitze etwas, das du gern haben würdest.«
»Klar, das Kreuz, Justine. Und du wirst es auch nicht mehr lange haben, das schwöre ich dir.«
»Willst du es dir holen?« fragte sie höhnisch. »Dann komm her. Hol es dir.«
Ich richtete die Waffe auf ihre Stirn. »Bevor ich das tue, werde ich dir eine Kugel zwischen die Augen schießen. Ich gehe immer auf Nummer sicher.«
Sie lachte - und dann sprang sie weg!
Verdammt noch mal, ich hätte mich nicht auf eine Diskussion einlassen sollen. Ich kannte ja ihre Kräfte und auch die damit verbundene Schnelligkeit, und ich hatte im direkten Kampf gegen sie schon oft verloren.
Ich feuerte trotzdem.
Die Kugel hieb in die Wand, und als ich die Waffe drehen wollte, um die Blutsaugerin erneut vor die Mündung zu bekommen, war sie schon bei mir.
Wie sie das geschafft hatte, wusste ich nicht. Ich sah den in Leder gekleideten Körper dicht vor mir.
Er lag in der Luft, und auch da konnte sie sich bewegen.
Meine linke Kopfseite wurde wie von einer Ramme getroffen. Ich verlor den Kontakt mit dem Boden und flog zurück. Mit dem Rücken landete ich auf dem Tisch, wo ich die Teetassen abräumte.
Dabei sah ich, wie Suko aufsprang, weil er eingreifen wollte. In seinem Zustand war das nicht ratsam, aber Suko kümmerte sich nicht darum. Er flog auch über den Tisch, nur von der anderen Seite her, aber Justine Cavallo war nicht zu stoppen. Mit einer locker anmutenden Bewegung riss sie den Tisch in die Höhe, sodass Suko die Platte gegen sein Kinn bekam und erst mal Sterne sah.
Ich war herabgerollt und wollte vom Boden aus schießen, aber die blonde Bestie war wieder schneller.
Ihr Fußtritt prellte mir die Waffe aus der Hand, die über den Teppich rutschte und außerhalb meiner Reichweite liegen blieb.
Hatte sie gewonnen?
Ihr verdammtes Lachen klang jedenfalls so. Sie wollte weitermachen, aber in diesem Augenblick griff Glenda Perkins ein. Sie hatte die gesamte Auseinandersetzung als Zeugin mitbekommen, und mit einer fast trancehaften Bewegung stand sie auf.
»Terra…«
Die Cavallo stockte.
»Pestem teneto…«
Justine brüllte auf. Sie fuhr zu
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