1274 - Die Paratau-Diebe
keinen Appetit", erwiderte sie. „Mir geht der Tod von John und Vallis nicht aus dem Sinn. Die beiden hätten noch leben können, wenn ich vorsichtiger vorgegangen wäre."
„Du solltest dir keine Vorwürfe machen."
„Ich kann nicht mit dem Ergebnis unserer Expedition zufrieden sein."
„Die Kartanin haben sich die Paratautropfen zunutze gemacht."
„Eben", sagte Leila, und ihre Augen verdunkelten sich. „Das hätten wir auch tun können."
Die Kommandantin blickte sie unsicher an. Sie wußte nicht so recht, wie die Hanse-Sprecherin ihre Worte gemeint hatte.
„Die Kartanin sind aufmüpfig und respektlos", stellte sie fest. „Wir müssen ihnen demonstrieren, daß sie so nicht mit uns umspringen können, und daß sie sich nach uns mrichten haben. Wir sitzen am längeren Hebel."
„Darüber kann man geteilter Ansicht sein." Die Hanse-Sprecherin zupfte die Bluse zurecht, die sie über der Kombination trug. An ihrem Handgelenk glitzerte ein goldenes Armband. „Wir haben Paratau an Bord?"
„Natürlich", antwortete Syrene Areyn. „Abgesichert unter Energieschirmen."
„Ich möchte ein Experiment machen", erklärte Leila. „Ich möchte einige Paratautropfen haben. Vielleicht gelingt es mir, telepathischen Kontakt mit den Kartanin zu bekommen.
Wir müssen mit ihnen reden."
Die beiden Frauen wechselten in die Hauptleitzentrale über. Carlo Bylk und Maud Leglonde folgten ihnen schweigend. Sie hatten versucht, die Hanse-Sprecherin davon zu überzeugen, daß es ein Fehler war, die Verfolgung der Kartanin mit der ENTSORGER-1 aufzunehmen, und daß ihre Erfolgsaussichten mit einer kleineren und beweglicheren Einheit besser gewesen wären. Doch nun war es zu spät für eine Umkehr. Leila wollte allerdings ein kleineres Raumschiff von Kontor Fornax anfordern, wenn es in dem Sonnensystem, das sie nun erreicht hatten, nicht gelang, die Kartanin zu stellen.
Carlo Bylk war zufrieden, daß Leila Terra seinen Vorschlag mit dem Paratau aufgenommen hatte. Er versprach sich sehr viel von dieser Idee, und es ärgerte ihn ein wenig, daß er nicht schon viel früher auf diesen Gedanken gekommen war.
„Das Sonnensystem hat vier Planeten, von denen einer eine Sauerstoffatmosphäre aufweist", berichtete die Kommandantin. Sie las die Anzeigen von den Monitorschirmen ab. „In der Umlaufbahn um den zweiten Planeten bewegt sich ein Raumschiff. Diese Welt ist etwa so groß wie die Erde. Er hat..."
Sie stutzte und fuhr dann erregt fort: „Es ist unser Fänger. Das Raumschiff in der Umlaufbahn ist unser Paratau-Fänger."
„Endlich", sagte Maud Leglonde erleichtert. „Wir sind also auf der richtigen Spur."
Die ENTSORGER-1 glitt näher an den zweiten Planeten heran und schwenkte schließlich in eine Umlaufbahn ein, auf der sie dem Beiboot in stets gleichbleibendem Abstand folgte. Vergeblich versuchte Syrene Areyn, Verbindung mit der Bordpositronik des Fängers aufzunehmen.
„Seltsam", sagte sie nachdenklich. „Die Positronik müßte antworten. Aber sie reagiert nicht."
„Und was bedeutet das?" fragte Leila.
„Sie muß ausgefallen sein", vermutete die Kommandantin. „Wahrscheinlich ist sie zerstört worden."
Auf den Monitorschirmen war das Fängerboot nun klar und deutlich zu erkennen. Es wies einige Beschädigungen auf.
„Es scheint Schwierigkeiten gegeben zu haben", bemerkte Maud Leglonde.
„Genau das, Kindchen", erwiderte Syrene Areyn. „Wir schicken ein paar Leute rüber."
„Ich werde mitgehen", entschied Leila Terra. „Ich will wissen, was da drüben los ist."
„Es könnte eine Falle sein", warnte Carlo Bylk.
„Ich weiß. Wir werden vorsichtig sein. Du könntest Alfien und Paolo fragen, ob sie mitkommen wollen." Sie verließ die Hauptleitzentrale und ließ sich einen SERUN geben.
Als Alfien Doran und Paolo Melzer wenig später zu ihr stießen, war sie einsatzbereit. Sie besprach den bevorstehenden Einsatz mit den beiden Männern, während diese ebenfalls SERUNS anlegten. Dann schwebten sie zu dem Fänger hinüber. Die 100 Meter durchmessende Plattform wies an einer Stelle ein Loch auf. Es war etwa einen Meter lang und einen halben Meter breit und sah aus, als sei es mit einem Desintegrator hineingeschnitten worden. An der Seite der zwanzig Meter dicken Scheibe befanden sich insgesamt fünf Schleusen. Leila und die beiden Männer versuchten vergeblich, durch die ersten drei ins Fahrzeug zu kommen. Die Schotte der Schleusenkammern bewegten sich nicht und ließen sich auch per Handsteuerung nicht öffnen.
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