1274 - Die Paratau-Diebe
mich von irgendwelchen Insekten oder Reptilien beißen zu lassen."
Paolo Melzer hatte gegen eine derartige Radikalmaßnahme nichts einzuwenden. Er nahm seine eigene Waffe und justierte sie auf breiten Fächerstrahl. Dann brannte er das hinderliche Gebüsch weg, bis eine etwa einen Meter breite und anderthalb Meter hohe Tür freilag. Sie bestand aus einem gelben, schimmernden Metall und war mit fremdartigen Symbolen versehen. An den Rändern befanden sich tiefe Kerben. Sie machten deutlich, daß die Tür vor nicht allzu langer Zeit bewegt worden war.
„Öffnen", befahl Randsted Maeredston, doch niemand brauchte Hand anzulegen. Die Tür öffnete sich von selbst. Sie glitt leise knirschend zur Seite und gab den Weg in einen sich rasch weitenden Gang frei.
Randsted Maeredston setzte sich mit der ENTSORGER-1 in Verbindung und gab einen kurzen Zwischenbericht an Syrene Areyn.
„Wir gehen jetzt rein", sagte er abschließend. „Wir müssen wissen, was sich da drinnen verbirgt."
Im gleichen Moment ertönte ein infernalisches Gelächter. Es dröhnte aus dem Gang heraus, der nun wie der Trichter einer mächtigen Trompete wirkte.
„Da will uns jemand auf den Arm nehmen", sagte Paolo Melzer wütend. „Wenn ich den erwische, werden die Fetzen fliegen."
„Kommt", forderte Randsted, Maeredston die Hansa-Sprecherin und die beiden Männer auf. „Wir gehen rein."
Sie durchschritten die Tür und betraten den Gang, der sich nun plötzlich erhellte. Das Licht kam von Hunderttausenden von winzigen Insekten, die sich an der Decke bewegten, und es wurde immer heller, je weiter sie in den Gang eindrangen. Er führte schräg in die Tiefe, wendete sich nach einiger Zeit nach Westen und endete nach etwa zwei Kilometern in einer Halle. Diese enthielt nichts weiter als einen Felsblock. Er stand in der Mitte der Halle und erinnerte an ein Taufbecken. In einer Mulde auf seiner Oberseite schwamm eine milchige Organmasse, die sich schwach bewegte. Als einige Blasen aus ihr aufstiegen, ertönte abermals Gelächter, doch es war bei weitem nicht mehr so kräftig, und es verklang bald wieder.
„Ich glaube, mich trifft der Schlag", sagte Alfien Doran. Er deutete auf einen winzigen Tropfen einer glasartigen Substanz, der neben der Organmasse auf dem Stein lag. „Ist euch klar, was das bedeutet?"
„Aber sicher doch", erwiderte Paolo Melzer. „Jemand macht sich über uns lustig."
„Ich habe nichts dagegen, wenn jemand meint, über uns lachen zu können", bemerkte Leila Terra, „doch John und Vallis sind dabei umgekommen, und mir wäre es beinahe auch an den Kragen gegangen. Das werden wir nicht so ohne weiteres akzeptieren. Die Kartanin werden uns Rede und Antwort stehen müssen."
„Ich verstehe nicht", sagte Randsted Maeredston. „Was ist los?"
„Wenn nicht alles täuscht, haben die Kartanin diese Organmasse hier zurückgelassen und mit Paratautropfen versehen", erläuterte Alfien Doran. „Damit haben sie die parapsychischen Phänomene bewirkt, die uns genarrt haben. Jetzt ist der Paratau so gut wie aufgebraucht, und die Organmasse verliert ihre Wirkung."
„Mit anderen Worten", fügte Leila Terra hinzu, „die Kartanin sind längst über alle Berge.
Wir sind auf einen simplen Trick hereingefallen. Sie haben eine falsche Spur gelegt, der wir auch prompt gefolgt sind."
6.
Als Randsted Maeredston, Alfien Doran, Paolo Melzer und die Hanse-Sprecherin den Gang verließen und auf ihre Antigravplattformen stiegen, hörten sie das unverkennbare Rumoren und Dröhnen, mit dem sich ein herannahendes Raumschiff ankündigte. Und sie brauchten nicht lange zu warten, bis sie wußten, wer da herankam. Es war ein kleines, topsidisches Raumschiff, ein Beiboot, das offenbar von einer größeren Einheit stammte, die in einer Umlaufbahn geblieben war. Laut rauschend landete das Fahrzeug neben dem Raumboot von ENTSORGER-1.
„Das hat uns gerade noch gefehlt", stöhnte Randsted Maeredston. „Topsider! Wie, zum Teufel, kommen die hierher?"
Als die Hanse-Sprecherin und die drei Männer sich den beiden Fahrzeugen näherten, kamen sechs topsidische Offiziere aus ihrem Raumschiff. Sie stellten sich vor der Schleuse auf und nahmen Haltung an. Dann folgte Zrec-Kkerr. Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Leila Terra ebenso zornig wie herausfordernd an.
Die Hanse-Sprecherin setzte ihre Antigravplattform unmittelbar vor ihm auf.
„Welch eine Überraschung, Zrec-Kkerr", sagte sie, wobei sie sich bemühte, gelassen zu erscheinen.
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