1278 - Das Mord-Gespenst
hockte in seinem Sessel, während Sheila dahinter stand, als wollte sie ihn beschützen. Beide bewegten sich nicht, und sie wurden auch nicht durch irgendwelche Waffen bedroht. Wahrscheinlich dachten sie an ihren Sohn und wollten deshalb nichts riskieren.
»Soll ich nachschauen?«
»Nein, Phil.«
»Wir müssen sie noch fesseln«, sagte der zweite Mann.
»Ja, das wird erledigt, wenn der Junge hier ist. Alles in einem Aufwasch.«
Ich hatte jetzt einiges gehört und empfand die Lage schon als recht grotesk. Sie kam mir irgendwie nicht so ernst vor wie ich es sonst erlebte. Auf mich machte sie eher den Eindruck eines Spiels, und auch die Akteure verhielten sich irgendwie wenig profihaft. Hier hatten sich welche zu einem Fanclub zusammengefunden, ohne sich Gedanken zu machen, in welche Probleme sie dadurch geraten konnten. Amateurhaftes Verhalten, nicht bewaffnet, irgendwie überfordert und trotzdem darauf versessen, Zeugen aus dem Weg zu räumen.
Weder Bill noch Sheila schienen einen Versuch gemacht zu haben, sich zu wehren, und darüber wunderte ich mich. So kannte ich meinen Freund nicht. Irgendwas stimmte da nicht.
Ab und zu geriet auch die Frau in mein Blickfeld. Sie hieß Ellen, wie ich wusste, und sie ging im Zimmer auf und ab. Manchmal blieb sie vor den Conollys stehen und zischte ihnen einige Drohungen in die Gesichter, aber auch sie kamen mir irgendwie theatralisch und recht überzogen vor.
Schließlich blieb Ellen stehen. Sie hatte den Platz am Fenster eingenommen und es so weit wie möglich geöffnet. Auch die Vorhänge waren zur Seite geschoben worden, sodass sie einen Blick in den Garten werfen konnte, ohne jedoch viel zu sehen.
»Soll ich sie suchen?«
»Ja, Phil, das kannst du!«
Für mich war das genau der richtige Augenblick. Ich stieß die Tür nach innen, war mit einem langen Schritt im Arbeitszimmer und rief nur einen Satz:
»Wer sich bewegt, ist tot!«
***
Das war mal wieder wie der berühmte Einschlag einer Bombe, dem keiner der Anwesenden etwas entgegenzusetzen hatte, weder Phil noch Clint und auch nicht Ellen.
Sie stand am Fenster, als sie meine Stimme hörte. Sie wollte sich nicht umdrehen, schüttelte nur den Kopf und fragte mit leiser Stimme: »Träume ich?«
»Bestimmt nicht!«
Ich hatte mittlerweile eine günstige Position erreicht, sodass ich die drei mit meiner Beretta in Schach halten konnte. Sie standen auf dem Fleck wie die berühmten Ölgötzen und verhielten sich auch durch den Anblick der Mündung wie hypnotisiert. Es drang kein Laut über ihre Lippen. Die einzige Person, die sprach, war Sheila.
»Dich schickt der Himmel, John!«
»Nein, nicht der Himmel, sondern dein Sohn.«
»Wieso?«
»Er konnte in den Garten flüchten und hat zum Glück sein Handy mitgenommen.«
»Sehr gut, der Junge«, lobte ihn Bill mit einer Stimme, die noch ziemlich rau klang und in mir den Verdacht aufsteigen ließ, dass es ihm nicht besonders ging.
Endlich bewegte sich auch Ellen. Ich musste sie als die Anführerin des Fanclubs ansehen. Sie erinnerte mich ein wenig an Justine Cavallo, was ihre Kleidung anbetraf, denn auch die blonde Vampirbestie trug zumeist eine Korsage. Das war auch bei Ellen der Fall, in deren dunklem Haar sich ein roter Schimmer ausgebreitet hatte.
»John Sinclair.«
»Sehr gut.«
»Ich hätte mit dir rechnen müssen. Verdammt, ich hätte es. Dein Kumpel hält schwere Stücke auf dich.«
»Es ist eben nicht leicht, seine eigenen Pläne durchzusetzen, auch wenn man der Fanclub eines Massenmörders ist.«
Ellen verengte die Augen. »Denk nur nicht, dass du schon gewonnen hast, Sinclair, denke das nicht. Dagegen steht noch einiges.«
»Wir werden sehen. Aber jetzt möchte ich, dass Sie sich zu Ihren beiden Freunden stellen. Am besten wird es sein, wenn Sie die Hände hinter dem Nacken verschränken. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden die Kollegen hier eintreffen und Sie abholen. Sie können dann hinter Gittern über Ihren Fanclub nachdenken.«
»Was wirfst du uns denn vor?«
»Zum Beispiel einen Mordversuch.«
Sie lachte nur. »An wem?«
»An Bill Conolly und mir. Aber das wird bestimmt alles vor Gericht geklärt werden.«
Am Luftzug merkte ich, dass hinter mir die Tür geöffnet wurde. Ich sah nicht, wer den Raum betrat, aber nach Sheilas Gesichtsausdruck konnte es nur Johnny sein.
»Hi, Dad, hallo, Mum!«
»Johnny. Ich…«, es hielt sie nichts mehr hinter Bills Sessel. Sie lief auf den Jungen zu und achtete dabei sehr genau darauf, nicht in
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