1278 - Der Elfahder
spricht, sagt nichts anderes als die Wahrheit."
Zu seiner eigenen Überraschung empfand Volcayr die Erklärung als befriedigend. Sein Groll gegenüber dem Schiedsrichter schwand.
Durch einen Antigravschacht glitten sie in die unterirdischen Anlagen des Heims.
„Wir sind auf dem Weg zur Arbeitsstätte des Kulissenbauers Demeno Kai", erklärte der Schiedsrichter unterwegs. „Demeno Kai ist für die Einrichtung des Landes Huun verantwortlich, in dem das kommende Spiel des Lebens stattfinden wird. Du sollst zu sehen bekommen, wie der Kulissenbauer arbeitet. Demeno Kai ist ein Künstler, und da alle Künstler es sich zur Aufgabe gemacht haben, so exzentrisch wie möglich zu sein, ist es nicht leicht, mit ihm auszukommen. Zwei Dinge magst du dir merken wollen. Demeno Kai ist, in seinen Augen, nicht ein Kulissenbauer, sondern ein Planform-Architekt, also ein Planetenformer. Und den Platz, an dem er arbeitet, nennt er ein Studio. Du machst dir das Leben leichter, wenn du auf Demeno Kais Terminilogie eingehst."
Volcayr hatte dazu nichts zu sagen. Sie betraten gemeinsam die Kabine eines Transmitters und ließen noch in derselben Sekunde ein Viertel der Planetenrundung hinter sich zurück.
Hitze schlug dem Elfahder entgegen, als er durch die Tür der Empfangsstation trat.
Durch die hohen Fenster des kahlen Raums fiel blutrotes Sonnenlicht. D'haan stand hoch am Himmel. Die mächtige Kugel füllte ein Sechstel des Firmaments aus. Sie bot einen bedrohlichen Anblick, als schicke sie sich an, auf den wehrlosen Planeten herabzustürzen.
Kuursen Ton öffnete die schwere Stahltür, die ins Freie führte. Durch hitzeflimmernde Luft ging Volcayrs Blick über ödes, steiniges Gelände bis hin zu einem fernen, niedrigen Gebirgszug. Ein paar koniferenähnliche Gewächse fristeten zwischen den Steinen ein armseliges Dasein. Die Hänge der fernen Berge schienen von Pflanzenwuchs unberührt.
Eine trostlosere Landschaft hatte Volcayr noch selten in seinem langen Leben gesehen.
Vor dem Transmittergebäude, das in der Einöde völlig fehl am Platz wirkte, standen mehrere Gleitfahrzeuge geparkt.
„Demeno Kai arbeitet dort in den Bergen", sagt der Schiedsrichter. „Wir nehmen einen der Gleiter."
Im Innern des Fahrzeugs herrschte wohltuende Kühle. Kuursen Ton gab eine kurze Anweisung. Der Autopilot wußte, was von ihm verlangt wurde. Er hob ab und steuerte nach Norden. Aus einer Höhe von 200 Metern musterte Volcayr das Gelände, das unter ihm dahinzog. Hier und da gab es Einschnitte in der Geröllwüste, die sich steilwandig und in regellosem Verlauf durch das Ödland zogen. Sie glichen ausgetrockneten Flußbetten.
Volcayr hatte die Bilder in Erinnerung, die er beim Anflug auf Mardakaan gesehen hatte.
Er wußte, daß die Landschaft überall auf dem Planeten der Lebensspiele denselben Charakter hatte. Mardakans Oberfläche war, bis auf die kultivierten Gebiete in den beiden Polarregionen, eine riesige Wüste.
„Warum", fragte er Kuursen Ton, „habt ihr euch ausgerechnet diese Welt als Zentrum eures Reiches gewählt?"
„Das Spiel des Lebens verschlingt viel Energie", antwortete der Schiedsrichter ohne Zögern, als habe er die Frage längst erwartet. „Die Sonne D'haan ist ein einmaliges Reservoir an Hyperenergie. Wir ersparen uns dadurch das Anzapfen eines fremden Kontinuums. Außerdem ..." Seine Stimme wurde ein wenig spöttisch... „Wo sonst wolltest du ein Spiel abziehen, für dessen Zwecke ganze Welten simuliert werden müssen? Wäre Mardakaan eine Paradieswelt, gäbe es hier dichte Besiedlung - wir müßten uns anderswo nach einem Spielplatz umsehen."
Die Berge rückten rasch näher. Sie wirkten abgeschliffen und eingeebnet. Ihre Felswände waren ein düsteres Graubraun. Von Vegetation war nirgendwo eine Spur. Der Gleiter hob leicht an, um eine Hügelkette zu überwinden. Er flog über eine sandige Hochebene, in der sich nach etlichen Kilometern ein mächtiger Talkessel öffnete.
Hier war es, wo Demeno Kai sein Studio eingerichtet hatte. Vor Volcayrs staunenden Augen stieg ein Berg in die Höhe, der größer war als alles, was Mardakaan an natürlichen Erhebungen aufzuweisen hatte. Die Erscheinung dauerte nur ein paar Sekunden. Dann sank sie wieder in sich zusammen und verschwand. Kaum hatte sie sich aufgelöst, da bildete sich im Boden des Kessels ein Krater, mit rotglühender Lava gefüllt, über dem ein Strom dichten, giftgelben Dampfes in die Höhe stieg. Auch der Krater erwies sich als Scheingebilde und war nach
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