1278 - Der Elfahder
Mitarbeiter stürmisch bewegtes Meer projizierte, wo seiner Ansicht nach ein Packeisfeld hätte sein sollen. Als er sich wieder beruhigt hatte, sagte Volcayr: „Eines möchte ich erfahren. Die Kulissen, die du schaffst, sind nicht reine Projektionen.
Es wohnt ihnen eine gewisse Wirklichkeit inne. Gibt es eine Möglichkeit, daß ich die Realität deiner Schöpfungen am eigenen Leib ausprobieren kann?"
Irgendwo unter den Organknollen, die sich längs der eiförmigen Schädel zu bunten Trauben formten, mußten sich die Sehorgane der Ophaler befinden. Volcayr hatte den Eindruck, daß der Architekt und der Schiedsrichter rasche Blicke miteinander wechselten.
Das kurze Zucken, das um Kuursen Tons lippenlosen Schlitzmund spielte, mochte ein Zeichen der Zustimmung sein.
„Gewiß läßt sich das ermöglichen", sang Demeno Kai. „Ich hatte ohnehin ein Experiment geplant..." Er schien eifrig nachzudenken. Dann winkte er mit zweien seiner Arme und sagte: „Komm mit mir. Ich bringe dich an Ort und Stelle."
Demeno Kai führte den Elfahder mitten hinein in das Gewirr technischen Geräts, das entlang der Peripherie der Kuppel aufgebaut war. Vor einem Kleinsttransmitter blieb Demeno Kai stehen.
„Dieser Durchgang bringt dich zum Ort des Geschehens", erklärte er. „Es handelt sich, wie gesagt, um ein Experiment. Was du erlebst, wird dir wirklich genug erscheinen. Vor ernsthafter Gefahr wirst du selbstverständlich bewahrt. Gib mir ein Zeichen, wenn du zurückgeholt werden willst."
„Ich winke mit beiden Armen - etwa so", sagte Volcayr und machte dem Planform-Architekten vor, auf welche Weise er zu signalisieren gedachte.
„Ja, das ist gut", sang Demeno Kai und öffnete die Tür des Transmitters.
Volcayr trat in die kleine Kabine. Noch im selben Augenblick verschwand die hektische Szene in der Kuppel vor seinem Blick. Dunkelheit umfing ihn. Die Luft war warm und feucht. Ein sanfter Wind raschelte im Laub hoher Bäume, wie es sie nirgendwo auf Mardakaan gab.
4.
Binnen weniger Sekunden hatte sich sein Sehvermögen adaptiert. Er befand sich auf der Sohle eines langgestreckten Tales. Die Bäume, deren Laub er rascheln hörte, standen zu beiden Seiten auf den steil ansteigenden Hängen. Grasiger Boden bildete den Grund des Tales. Im dunklen Himmel glitzerten die Lichtpunkte Hunderter von Sternen.
Volcayr vermißte den Hauch düsteren Rots, der am Nachthimmel über Mardakaan selbst um Mitternacht zu sehen war, weil D'haan einen derart gewaltigen Umfang besaß, daß ihre Strahlen auf dem Weg über die atmosphärische Brechung selbst die finsterste Stelle der Planetenoberfläche erreichten. Demeno Kai legte offenbar keinen Wert darauf, eine mardakaansche Szene zu simulieren.
Volcayr sicherte nach allen Seiten. Bis jetzt gab es kein Anzeichen von Gefahr. Das feuchte Gras war unberührt. Zwischen den Bäumen wuchs lichtes Unterholz. Es war eine friedliche Szene. Die Luft roch nach Wärme und Nässe und kräftigem Pflanzenwuchs. Im Hintergrund schien das Tal gegen einen Hügel zu stoßen und dort zu enden. In der entgegengesetzten Richtung zog es sich dahin, soweit der Blick reichte.
Er wandte sich dem Hügel zu. Seine Sinne waren angespannt. Er fühlte sich noch immer innerlich ruhig und ausgeglichen, aber er wußte, daß es hier irgendwo eine Bedrohung gab, die Demeno Kai an ihm ausprobieren wollte. Beim Ausschreiten gab er sich Mühe, eine möglichst deutliche Spur zu hinterlassen. Was immer hier an Gefahren existieren mochte, sollte keine Schwierigkeit haben, ihn zu finden.
Der Hügel wuchs vor ihm auf. Er war kein sonderlich imposantes Gebilde; kaum daß er eine Höhe von fünfzig Metern erreichte. Es fiel Volcayr auf, daß auf seiner Flanke keine einzige Pflanze wuchs. Der Hang war von eigenartiger Beschaffenheit. Seine Oberfläche hatte eine Textur wie grobporiges Leder. Der Instinkt wollte den Elfahder vor dem Gebilde mit der ungewöhnlichen Struktur warnen, aber da war es schon zu spät.
Die Gefahr materialisierte binnen einer Sekunde. Auf den ersten Blick sah es so aus, als flöge der Hügel in die Luft. Es war eine gespenstische, lautlose Explosion - bis Volcayr erkannte, daß es nur die lederartige Fläche war, die sich vom Untergrund löste und in die Luft erhob. Ein Ungeheuer, flach in der Form und dreieckig, schwebte wie ein riesiger Rochen einen Atemzug lang über der Sohle des Tales. Dann stürzte es in die Tiefe, auf sein Opfer zu.
Der Aufprall schleuderte Volcayrs Panzer zu Boden. Er hatte
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