1279 - Die Jenseits-Pyramide
Mut machen kann.« Es war eine lange Rede gewesen, und die Moderatorin wusste nicht mehr, welche Argumente sie jetzt noch anbringen sollte. Wenn diese Sätze nicht geholfen hatten, dann klappte gar nichts mehr. Dann musste sie die Sendung kippen. Dann würde das eintreten, vor dem jeder Moderator sich fürchtete, aber sie konnte Ronald Potter ja nicht festschnallen.
Seine nächste Frage klang schon mehr nach einem Kompromiss. »Hältst du auch deine Versprechen?«
Roxanne hob drei Finger. »Ich schwöre es!«
Ronald schaute sie von unten her an.
Sein Blick war starr, die sonst glatte Haut auf der Stirn zeigte Furchen. Er schluckte, er bewegte wieder seine Hände und schaute in die Höhe, wobei er die Augen etwas verdreht hatte.
Die Moderatorin streckte ihm die Hand entgegen. »Schlag ein, Ronny, es ist ein Versprechen.«
Er zögerte.
»Bitte…«
Ronald Potterholte tief Luft. Er konnte die Uhr über ihm an der Wand nicht sehen, aber Roxanne schielte hin. Sie wagte nicht mehr, sich zu bewegen. Sie holte auch kein Taschentuch hervor, um sich den Schweiß abzuputzen, sie wollte alles nur gut hinter sich bringen und einen normalen Sendeverlauf haben.
»Was sagst du?«
Er kam auf sie zu. Er ging zögernd.
Und ebenso zögernd hob er den Arm, um ihn dann schnell zu senken, damit er seine Hand in die der Moderatorin legen konnte.
»Abgemacht?«, flüstere Roxanne.
»Ja, abgemacht.«
»Super!«
Wäre das kleine Studio voll gewesen, dann hätte jeder der Anwesenden sicherlich den Stein hören können, der ihr vom Herzen gepoltert war. So schwer hatte sie es noch nie gehabt.
Knapp zwei Minuten bis zum Sendebeginn.
Der Techniker gab ihr schon mit den Händen Signale. Es wurde Zeit. Sie musste ran.
Aber noch musste sich Roxanne um ihren Schützling kümmern. Sie fasste ihn an, setzte ihn auf den Stuhl mit der weichen Lederfläche, richtete das Mikro, kippte ihm das Glas mit Wasser voll und sprach noch mal ruhig auf ihn ein.
Ronny trank Wasser.
Roxanne lächelte. Sie ließ sich auf ihren Moderatorenplatz fallen. Die Zeit raste dahin. Über Kopfhörer hielt sie Kontakt mit der Nachbarkabine.
Eine kurze Stimmprobe.
Alles stimmte.
Dann leuchtete das Rotlicht auf.
Fünf Sekunden noch. Zwei Sekunden später lief bereits der Trailer, und Roxanne nahm sich noch die Zeit, einen Blick auf Ronny Potter zu werfen.
Er saß da wie ein Toter.
Er war blass…
Hoffentlich geht alles gut!, dachte sie nur. Hoffentlich…
***
Die Detektivin Jane Collins hatte einen stressigen Tag hinter sich. Es lag weniger an ihrem Job, sondern mehr an ihr selbst, denn sie hatte sich unbedingt einen Vortrag anhören wollen, bei dem es um Aktienschwindel und um betrügerische Anlagegeschäfte ging, ein Thema, über das in der letzten Zeit immer wieder gesprochen worden war, und auch zahlreiche Zeitungen hatten sich in den entsprechenden Artikeln damit beschäftigt.
Zu Beginn war es noch recht interessant gewesen, aber nach einiger Zeit hatte Jane der Kopf geraucht, weil sie in dem Wirrwarr aus Zahlen und Statistiken einfach kein Durchkommen mehr fand. Zum guten Schluss hatte sie sich noch ein Paket Unterlagen mitgenommen, um diese irgendwann mal in aller Ruhe zu Hause zu studieren.
Sarah Goldwyn, bei der Jane Collins wohnte, hatte ihr die Müdigkeit angesehen und ihr erklärt, dass gegen so etwas nur ein Getränk richtig hilft.
»Kaffee?«
»Nein, Jane, Champagner. Ein Glas reicht. Du wirst sehen, dass du dich gleich besser fühlst.«
Die Horror-Oma holte eine Miniflasche aus dem Kühlschrank. Nachdem sie geleert war, verteilte sich das edle Gesöff in den beiden Gläsern.
»Auf uns und darauf, dass der Stress verschwindet, Jane.«
»Ja, das wünsche ich mir.«
Der kalte Champagner tat ihr wirklich gut. Sie ließ sich in einen Sessel fallen, streckte die Beine von sich, schloss die Augen und genoss auch den zweiten Schluck.
»Wie war’s mit einem Tee, Jane?«
»Ja, wenn du meinst.« Sie stellte das Glas ab. »Aber alt werde ich heute nicht. Ich lege mich gleich hin, denn dieser ganze Mist hat mich irgendwie gerädert.«
»Du kannst dich hinlegen. Ich halte hier unten schon Wache.«
»Gibt es was Besonderes im Fernsehen?«
»Ja, zwei Filme, die ich noch nicht gesehen habe.«
»Horror?«
Die alte Dame lächelte verschmitzt.
»Nur einer davon. Der zweite ist ein Thriller.«
Jane lächelte und nickte. Sie kannte ja die Leidenschaft der Lady Sarah für Filme, die in den Bereich des Fantastischen fielen. Nicht grundlos hatte
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