1279 - Die Jenseits-Pyramide
auf einen geringen Rest aufgehört, der mich nicht mehr störte. Was von dieser dämonischen Sonne noch abstrahlte, war ein Rest. Und der wiederum traf mein Kreuz, das dieses Licht knallhart zurückwarf, verstärkt und auch verändert.
Es hatte Karmel zerstört. Das heißt, es war noch dabei, denn das zurückgeworfene Licht blieb jetzt in der Sonnenscheibe.
Das Wichtigste in der Scheibe aber war der Mensch. Ich sah ihn nicht ganz, das Gesicht hatte sich Platz verschaffen, aber es zog sich immer mehr zusammen, bis ich feststellte, dass dies nicht zutraf, denn es schmolz und es verschmolz tatsächlich mit dem Gold der Scheibe, sodass aus den beiden eines wurde.
Verlaufende menschliche Züge, die aussahen, als hätte ein Koch in einem mehrfarbigen Soßenflecken gerührt.
Die Gestalt darin wurde immer kleiner, sodass ich jetzt nicht nur das Gesicht sah, sondern auch den gesamten Körper, der zwergenhaft wirkte und dabei noch tiefer in die Massen hineinglitt.
Von einem Menschen konnte man da nicht mehr sprechen. Ich wusste, dass es keinen Karmel mehr gab, und wusste auch, wem ich das zu verdanken hatte.
Deshalb schaute ich mir mein Kreuz an und sah, dass es nur an einer Stelle glänzte.
Das war das Allsehende Auge!
Es handelte sich um das altägyptische Zeichen oder Symbol, das dem Gott Osiris zugesprochen worden war und das später auch die christliche Kirche übernommen hatte.
Die Augen des Herrn sehen an allen Orten beide - die Bösen und die Frommen!
So stand es geschrieben, so war es hier auch eingetroffen. Und es hatte sich wieder einmal auf die Seite des Guten geschlagen.
Als ich mit diesen Gedanken fertig war, fiel mir noch etwas auf. Mein Blick auf die allmählich vergehende Sonnenscheibe wurde getrübt, denn um mich herum und auch über mir brach die rätselhafte Pyramide zusammen.
Sie sackte einfach ineinander, ohne dabei zu zerbrechen. Die Wände lösten sich auf und wurden zu großen Tropfen, die wie eine gewaltige Schmiere ineinander rannen und auf dem Boden eine Lache bildeten. Sie wiederum erinnerten mich an die Blase aus Bills Goldener Pistole, aber der Gedanke war nur kurz.
Obwohl um mich herum nichts mehr war, trat ich einen Schritt nach vorn, um sehen zu können, was mit der Sonne und dem dort eingeschlossenen Gesicht passierte.
Auch sie hatte ihre Festigkeit verloren.
Sie wurde weich wie Öl, schmolz immer weiter, um dann als dicke, aber sehr flüssige Masse zu Boden zu tropfen, wo sie auch liegen blieb.
Von Karmel und dessen Gesicht sah ich nichts mehr. Ich würde auch nichts mehr von ihm hören können, denn irgendwo im Nirgendwo waren der echte und der Nachfolger vereint, ohne die Menschen noch einmal in Gefahr bringen zu können.
Das zu wissen, tat mir gut. Und mit diesem Gedanken machte ich mich daran, das Haus zu verlassen…
***
Ich hatte die breite Außentür noch nicht erreicht, als sie wuchtig aufgerissen wurde. Jane und Suko stürmten in das Haus, blieben aber wie vom Donner gerührt stehen, als sie mich sahen. An meinem wieder entspannten Gesichtsausdruck erkannten sie, dass es mir nicht schlecht ging, und sie schauten mich aus großen Augen an.
»Hast du…?«
»Ja, Jane, ich habe.«
»Ich meine Karmel.«
Ich deutete mit dem rechten Daumen über meine Schulter hinweg. »Du kannst hingehen und dir anschauen, was von ihm übrig geblieben ist. Er ist mit seiner verfluchten Sonne zu einer Einheit geworden, und beide zusammen sind zerschmolzen.«
»Wie hast du das geschafft?«
Ich hielt mein Kreuz hoch. »Es war die Wachsamkeit des Allsehenden Auges, die nicht mitspielte. Ich denke, dass wir uns über die Freunde der Sonne keine Gedanken mehr zu machen brauchen.«
»Das ist richtig«, bestätigte Suko, »denn auch die letzten beiden Typen, die uns hätten Probleme bereiten können, gibt es nicht mehr.«
»Super. Wie habt ihr es geschafft?«
Suko hob seine Peitsche an. »Manchmal ist sie auch zu etwas nütze, aber bei dir fällt mir was auf, John.«
»Was denn?«
Die Antwort gab Jane Collins. »Du siehst aus, als hättest du dir einen Sonnenbrand zugezogen.«
Komisch, aber über diese Bemerkung konnte ich nicht mal lachen…
ENDE
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