1279 - Die Jenseits-Pyramide
Geister, die Dämonen, all die Höllengeschöpfe, mit denen ich es zu hatte. Ich vergaß sogar das Telefon.
Nur vergaß es mich nicht!
Eigentlich war es Zufall, dass ich seine Melodie hörte. Da klingelte etwas in meinen Ohren, das mit dem Geräusch des Staubsaugers nichts zu tun hatte, und irgendwie war ich froh, dass meine Arbeit unterbrochen wurde. Das Wohnzimmer hatte ich schließlich fertig.
Ich stellte den Sauger ab und meldete mich.
»Ich bin es.«
»Du, Jane?«
»Ja.«
Ich musste lachen. »Weißt du, wobei du mich soeben gestört hast, meine Liebe?«
»Es ist mir egal, wobei ich dich störe. Lass alles liegen und stehen und komm zu mir.«
»Zu Lady…«
»Nein, nein, ich bin unterwegs. Ich muss mich auch kurz fassen, weil mir nicht viel Zeit bleibt. Ich erwarte dich an den Docklands, wo der Sender Channel 10 seinen Sitz hat. Du kennst doch dieses neue Medienhaus dort unten am Fluss.«
»Ich weiß zumindest, wo es steht.«
»Super. Dort warte ich auf dich.«
»Schön. Und wie geht es weiter?«
»Wirst du alles noch sehen.«
»Keinen Tipp?«
»Es geht um eine Sekte und darum, dass wir möglicherweise einen jungen Mann retten müssen. Das ist vorerst alles. Aber tu mir einen Gefallen und beeil dich. Ich habe da so ein verdammt komisches Gefühl. So etwas kennst du ja.«
Sie hatte Recht, das kannte ich. Mehr Auskünfte bekam ich nicht, denn Jane unterbrach die Verbindung. Ich stand für einige Zeit bewegungslos auf dem schon gereinigten Teppich und dachte daran, dass eine Frau wie Jane Collins nicht grundlos anrief und mich in Alarmstimmung versetzte. Da musste wirklich schon mehr dahinter stecken.
Deshalb wurde es auch für mich höchste Eisenbahn. Sie hatte mir nur das Stichwort Sekte mit auf den Weg gegeben, und das gehörte zu den Begriffen, bei denen ich allergisch reagierte…
***
Aus dem Radio hatte Jane weiterhin die Stimme des jungen Mannes gehört und festgestellt, dass er immer tiefer in Schwierigkeiten steckte oder sich selbst hineinredete. Er gab zwar nichts bekannt, aber die Moderatorin schaffte es durch ihre gezielt angesetzten Fragen, eine Schublade nach der anderen seines Seelenlebens zu öffnen, und die Antworten des Flüchtlings waren echt. Da klang nichts gespielt. Er litt selbst am meisten unter dem Druck.
Jane Collins schaffte es nicht ganz, den Ort des Geschehens zum anvisierten Zeitpunkt zu erreichen. Sie war einige Minuten über der Zeit, als sie ihren Wagen in einer Tiefgarage abstellte und die Treppe hoch hetzte.
Sie lief in die Nacht hinein, die hier in Docklands einen besonderen Glanz bekommen hatte. Das gewaltige Riesenrad war nicht zu übersehen. Die Themse schob die dunklen Fluten durch ihr Bett, und der dunkle Himmel gab einen Teil der schimmernden Lichter zurück, die in die Höhe stiegen.
Die Docklands - das war das neue London. Das war ein Teil der Stadt, in den stark investiert worden war, von dem man sich aber mehr versprochen hatte. Der Aktiencrash, der elfte September 2001, hatten für eine negative Stimmung bei den Investoren gesorgt, und sie hatte sich auch auf die Vermietungen der Häuser in den Docklands niedergeschlagen. Diese Gedanken beschäftigten Jane Collins nur am Rande.
Für sie war es wichtig, den jungen Mann namens Ronny zu treffen.
An der hellen Lichtfassade des Baus waren Schilder angebracht, die darauf hinwiesen, welche Firmen sich dort befanden.
Im vierten Stock residierte der Channel 10, und Jane fand auch eine Klingel mit dem dazugehörigen Namen.
Durch die große Glastür konnte sie in die Halle hineinschauen, in der sich das wenige und warme Licht einiger Lampen verteilte.
Hinter einem breiten Pult saß ein Mann, der Portier und Nachtwächter zugleich war. Er hatte Jane gesehen und drückte die Tür auf, bevor Jane klingeln konnte.
Mit schnellen Schritten durchquerte sie die Halle. Die Schöße ihrer orangefarbenen Lederjacke schaukelten bei jeder Bewegung, und sie blieb vor dem breiten halbrunden Pult stehen.
Der Mann dahinter war ein Farbiger.
Er trug eine Uniform und setzte ein freundliches Lächeln auf.
»Was kann ich für Sie tun, Madam?«
»Es geht um den Channel 10.«
»Ja. Möchten Sie dorthin? Soll ich Sie anmelden?«
»Das weiß ich noch nicht. Ich habe Radio gehört. Da wurde ein junger Mann interviewt, der über seine persönlichen Probleme gesprochen hat, die mich sehr berührt haben und…«
»Pardon, wenn ich Sie unterbreche, Madam, aber ich habe die Sendung ebenfalls gehört.«
»Ach
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