1285 - Der Vampirhasser
seinem Verbund gelöst. Gleichzeitig erhielt er noch einen Stoß zur Seite und nach rechts, aber da war die Schräge, und da gab es nichts, was ihn noch hätte halten können.
Als brennende Vogelscheuche rutschte er über das Dach, Qualm und Funken hinter sich lassend. Er schrie auch nicht mehr. Die Kante kam immer näher, er brannte auch weiterhin, und dann hatte die Fackel die Dachkante überwunden.
Der vernichtete Blutsauger rauschte nach unten. Feuer war nicht mehr zu sehen, nur Reste von Rauch quollen noch auf der Dachkante wie wabernder Nebel.
Es gab ihn nicht mehr. Er würde in einer Straße oder Gasse landen, und falls es Zeugen gab, würden diese kaum etwas begreifen.
Suko hatte es geschafft.
Nein, nicht ganz. Diesem Urcan war es tatsächlich gelungen, die Flucht zu ergreifen, und das ärgerte ihn.
Leider hatte Urcan einen schon ziemlich großen Vorsprung bekommen. Den aufzuholen, war verdammt schwer, aber Suko gab nicht so schnell auf.
»Wo willst du denn hin?«
***
Die Frage hatte ich gestellt. Ich stand auf dem First und klammerte mich am Kamin fest. Die letzten Meter über die Dachschräge zu kriechen, war nicht einfach gewesen, und auch in den Minuten zuvor hatte ich meine Probleme gehabt. Klar, dass mir jetzt die Knie wackelten.
Suko drehte seinen Kopf nach links. Wir waren ja nicht weit auseinander. »Auch schon da?«
»Ja, zum Glück.«
»Es war hart, nicht?«
Ich nickte. »Mit weniger Glück hättest du mich von der Straße kratzen können.«
»Unkraut vergeht nicht.«
»Hoffentlich.«
»Was ist mit dem Vampir?«
»Staub.«
»Urcan ist wirklich ein Pfähler. Der hätte sich mit Marek zusammentun können.«
»Bestimmt. Aber er hat nicht nur Vampire zur Hölle geschickt. Genau das ist unser Problem. Wo steckt er jetzt?«
Suko senkte den Arm und streckte den rechten Zeigefinger vor. »Siehst du das Fenster, das mal eines gewesen ist?«
»Klar.«
»Er hat die Scheibe eingeschlagen und ist abgehauen. Ich konnte es nicht verhindern.«
»Dann holen wir ihn uns.«
Suko schaute mich skeptisch an. »Wie gut bist du denn in Form?«
»Für Urcan reicht es.«
»Sei trotzdem vorsichtig.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Allmählich hatte ich Routine bekommen, was das Gehen über ein schräges Dach betrifft. Zwar drängte die Zeit, aber übereilen durften wir auch nichts. Wir mussten Vorsicht walten lassen, denn auch auf dieser Seite waren die Pfannen nicht trocken. Und Widerstand setzten sie uns so gut wie kaum entgegen.
Suko kam besser voran als ich. Er kniete nieder, als er die Öffnung erreicht hatte. Vorsichtig schaute er durch das Loch. Er wollte nichts riskieren, doch in der Dunkelheit unter ihm war niemand, der ihn angriff.
Ich kniete und fragte: »Wie sieht es aus?«
»Nach nichts, John.«
»Dann ist er weg!«
Suko hob seine Schultern, bevor er in die Tasche griff und die Leuchte hervorholte. »Ich werde es mal riskieren«, sagte er leise und schickte den Strahl nach unten.
Es gab keine Überraschungen für uns. Niemand griff uns an, niemand war zu sehen. Der Lichtkreis glitt durch einen Raum, in dem der Staub sich in der Luft bewegte. Der Speicher war als Rumpelkammer benutzt worden. Hier hatte man alles abgelegt, was nicht mehr zu gebrauchen war. Verschimmelte Polstermöbel sahen wir ebenso wie halb zerstörte Schränke und Lumpen, die feucht stanken und irgendwann vergammelt sein würden.
»Und? Was sagst du?«
»Keine Ferienoase.«
Suko lachte leise. »Aber Spuren auf dem Boden.« Er leuchtete jetzt nach unten. »Der Staub kann manchmal Geschichten erzählen. Und dieser hier erzählt uns eine. Da ist jemand gesprungen. Direkt von hier aus. Die Abdrücke sind auf dem Boden zu sehen und auch noch ein Stück weiter.« Er bewegte die Lampe, damit wir die Spuren verfolgen konnten. Wir sahen, wo sie endeten. Für uns stand fest, dass sie in Richtung Tür führten.
»Unser Freund ist raus, ins Treppenhaus und dann weg!«, sagte Suko.
»Wir haben uns blamiert. Bis auf die Knochen blamiert. Der Typ hätte uns nicht entkommen dürfen, verflucht.«
»Wäre er auch nicht.« Suko schaltete die Leuchte wieder aus, »wenn sich nicht deine Freundin eingemischt hätte.«
»Justine Cavallo ist nicht meine Freundin.«
»Aber sie hat dich angerufen.«
»Na und?«
»Und sie hat die Blutsauger aus der Vampirwelt geschickt. Ich sehe das so, John. Sie wollte den Geschöpfen etwas Gutes tun. Sie hatte sie auf Urcan angesetzt, der für sie eine lebende Blutbank war. Aber Justine
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