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1286 - Todesruf der Geisterfrau

1286 - Todesruf der Geisterfrau

Titel: 1286 - Todesruf der Geisterfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Nacht bereits Besitz von ihm ergriffen. Da gab es viel Schatten und dunkle Stellen. Oft unpassierbar, weil der Weg durch starre Büsche versperrt wurde.
    »He, Sinclair!«
    Ich drehte mich um. Eric Caine winkte mit beiden Händen. »Sie gehen falsch.«
    »Wo müssen wir hin?«
    »In die andere Richtung.«
    »Und dann?«
    »Noch etwas höher. Da finden wir meine Bank. Ich habe immer wandern müssen.«
    »Okay.« Ich schlenderte auf ihn zu, schaute allerdings an ihm vorbei und sah einen sehr großen Bau, der beinahe schon die Ausmaße eines kleinen Mausoleums aufwies. Er sah aus wie ein klobiger Kirchturm und besaß ein spitzes Dach. Über dem hohen Eingang baute sich ein Rundbogenfenster auf, das in der Mitte von zwei Säulen gestützt wurde. Stufen mussten überwunden werden, um an die Tür zu gelangen.
    »Wo schauen Sie denn hin, Sinclair?«
    »Dorthin.« Ich streckte für einen Moment meinen rechten Arm aus. Die Geste sorgte dafür, dass Caine sich umdrehte. »Ach, den Bau meinen Sie. Was ist damit?«
    »Kennen Sie ihn näher, Eric? Wissen Sie, wer dort seine letzte Ruhestätte gefunden hat?«
    Eric schüttelte den Kopf. »Nein, das weiß ich nicht. Dafür habe ich mich auch nie interessiert. Wer so begraben wird, der scheint im Leben viel Kohle gehabt zu haben. Bestimmt nicht durch den Neuen Markt.« Er musste selbst lachen.
    »Das glaube ich auch.«
    »Wollen Sie denn hin?«
    »Klar«, sagte ich, »denn besondere Grabstätten haben mich schon immer interessiert.«
    Ich wollte schon an Eric Caine vorbeigehen, als mir auffiel, dass er sehr nachdenklich geworden war.
    Er hielt den Kopf leicht gesenkt und schaute zu Boden.
    »Probleme?«, fragte ich.
    »Nein, nicht wirklich. Ich denke nur nach.« Er hob den Kopf an und drehte sich nach links. Schließlich machte auch sein linker Arm die Bewegung mit, und der ausgestreckte Finger fand ein neues Ziel.
    »Da vorn steht eine alte Eiche, Sinclair. Sie sieht ziemlich krumm aus.«
    »Die sehe ich.«
    »An dem dicken Stamm da unten hat sich jemand aufgehängt. Einer der vier Selbstmörder.«
    Die Aussage überraschte mich. »Woher wissen Sie das?«
    »Ihre Kollegen haben darüber gesprochen. Sie erwähnten auch dieses große Grabmal und sprachen von einer Eiche, an der sich der Tote erhängt hat. So ist das.«
    »Danke, dass Sie es gesagt haben, Eric.«
    Er lachte leise. »Läuft Ihnen da nicht ein Schauer über den Rücken, Sinclair, wenn Sie so etwas hören? Ein Friedhof, auf dem sich vier Menschen umgebracht haben. Da muss man doch irgendwie Furcht bekommen, denke ich.«
    »Es hält sich in Grenzen.«
    »Aber andere haben die Angst.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Das liegt auf der Hand. Schauen Sie sich mal um. Wo gibt es noch andere Besucher? Nirgendwo. Wir sind die Einzigen und werden das auch bleiben. Es hat sich herumgesprochen, was hier abgelaufen ist. Da bleiben die Menschen fern. Keiner traut sich mehr auf den Friedhof, wo Leute sich das Leben genommen haben. Die Leute sind abergläubisch. Da hat sich wirklich nichts geändert.«
    Ich ging auf die Eiche zu. Der Ast war nicht abgebrochen, dazu war er einfach zu stark gewesen. Aber dort, wo das Seil ihn berührt hatte, war die Rinde abgeschabt.
    »Wissen Sie auch, wo man die anderen Toten gefunden hat?«, fragte ich Eric.
    »Auf den Gräbern. Sie lagen dort wie hingegossen, kann ich mir vorstellen. Und dann habe ich noch etwas von Ihren Kollegen gehört.« Er deutete jetzt mit seinem rechten Zeigefinger gegen sein Gesicht.
    »Sie haben alle gelächelt. Als hätte es ihnen Spaß gemacht, in den Tod zu gehen. Ja, gelächelt.«
    »Möglicherweise hat es das.«
    »Und was ist der Grund?«
    Auch ich lächelte jetzt. »Was ist denn mit diesem Cole Jackson gewesen, der neben Ihnen auf der Bank saß? Er war doch auch locker - oder nicht?«
    »Stimmt.«
    »Und dann hat er sich erschossen.«
    Caine riss seine Augen weit auf. »Sogar lächelnd, glaube ich. Zudem hat er auch von seiner wunderschönen Helena gesprochen, die ich nicht kenne, die ich auch nicht gesehen habe, denn sie ist für mich nach wie vor eine Geisterfrau.«
    »Okay, dann lassen Sie uns dabei bleiben.«
    »Ist mir auch recht.«
    Wir entfernten uns wieder von der Eiche. Ich fühlte mich von diesem ungewöhnlich großen Grabstein angezogen. Dabei wusste ich nicht, ob es die reine Neugierde war oder etwas anderes. Jedenfalls wollte ich mir den Bau anschauen, denn so etwas hatte auch ich noch nicht gesehen.
    Es gab zwei Wege, um ihn zu erreichen. Wir mussten

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