1288 - Das Barbarentor
Stimmen vernahmen. Irgendwo klickte die Sicherung einer Schusswaffe. „Ich möchte die Fremden sehen und mit ihnen sprechen", sagte Ropha Kherthrai. „Wir haben eine Entscheidung zu fällen. Vielleicht die schwerste, der wir uns jemals stellen mussten." Sie näherten sich einer Gasse. Zwei Uniformierte traten in den Lichtschein einer Straßenlaterne. Sie trugen Schnellfeuerwaffen. „Stehen bleiben", befahlen sie wie aus einem Mund. Sie richteten die Waffen auf den Priester. „Nicht schießen", rief Istra Feta erregt. „Ich bin es, die Berechtigte. Ropha Kherthrai steht unter meinem Schutz. Ihm darf nichts passieren." Ropha Kherthrai hob beide Hände. „Friede für euch, Brüder", sagte er. „Desothos Schatten hüllt auch euch ein. Er wird auch euch Erlösung bringen."
Er legte die Handflächen aneinander und drückte die Hände gegen die Brust. Es war das Zeichen der Segnung. Die beiden Wachen wandten sich ab und drehten ihm den Rücken zu. Sie blickten ins Dunkel und taten so, als sei er nicht vorhanden. Istra Feta griff nach seinem Arm und zog ihn weiter. „Es sind gute Jungs", sagte er leise. „Sie haben ihren Glauben noch nicht verloren. Die Somer zwingen sie, das zu tun was sie eigentlich gar nicht wollen. Wir dürfen sie nicht verurteilen. Sie haben ich nicht freiwillig zu diesem Dienst gemeldet." Istra Feta hatte eine Idee.
„Du soll test die beiden Winzlinge zur Gorim-Station bringen", flüsterte sie. „Es wäre gut, wenn du für einige Zeit aus dieser Stadt verschwindest. Es ist nicht nötig, die Somer noch mehr herauszufordern."
„Meine Brüder und Schwestern brauchen mich."
„Nicht nur hier. Man spricht überall im Lande von dir. Hast du nicht gesehen? Heute im Tempel waren Mlironer, die von weither gekommen sind, nur um dir zuzuhören. Ich habe zwei Männer in der Tracht der Leute von Ghoop gesehen. Diese Männer haben eine Reise um die halbe Welt hinter sich. Warum gehst du nicht zu ihnen.
Du kannst das Wort überall verbreiten, und die Wirkung ist vielleicht noch größer als hier."
Wie aus dem Boden gewachsen standen plötzlich zwei Männer des Sicherheitsdiensts vor ihnen. Sie zielten mit ihren Waffen auf den Priester. „Nicht", rief Istra Feta hastig. „Bitte nicht. Es ist Ropha Kherthrai. Er will euch segnen." Die Waffen senkten sich. In der Nähe ging eine Lampe an, und die Berechtigte sah, dass die beiden Uniformierten Tränen in den Augen hatten, als der Priester den Segen sprach. „Wir müssen schießen", stammelte einer von ihnen. „Warum seid ihr jetzt noch auf der Straße? Man lässt uns doch keine andere Wahl."
„Macht euch keine Sorgen", erwiderte Ropha Kherthrai. „Ich weiß alles. Wir sind gleich am Ziel, und dann braucht ihr nicht mehr zu schießen."
„Es ist wie ein Wunder", sagte Istra Feta wenig später, als sie unbehelligt ihr Haus erreichten. Inzwischen waren sie an acht weiteren Posten vorbeigegangen. Mit sechs von ihnen hatten sie gesprochen, und der Priester hatte ihnen seinen Segen erteilt. Die anderen beiden hatten sich lautlos in die Dunkelheit zurückgezogen und ihnen somit das Gespräch verweigert, aber sie hatten nicht geschossen. „Die Somer glauben, dass sie uns manipulieren können, aber das können sie nicht", stellte der Priester fest. „Selbst mit genetischen Mitteln können sie uns nicht zu willenlosen Werkzeugen machen." Er betrat den Raum, in dem Ronald Tekener, Roi Danton, Demeter und Jennifer Thyron warteten. Auf dem Tisch tobten Susa All und Luzian Bidpott herum. Sie spielten mit einem Knopffußball. Als sie den Priester bemerkten, ließen sie von ihrem Spiel ab und sanken erschöpft auf ein Taschentuch. Es bot ihnen ein bequemes Lager. Ropha Kherthrai kam an den Tisch und setzte sich. Fasziniert blickte er auf die beiden Siganesen, die ihm wichtiger erschienen als alle anderen im Raum. „Niemand wird die Wege des Herrn jemals begreifen", sagte er. Vorsichtig schnippte er den Knopf zu Luzian Bidpott hin. Dieser fing ihn mit dem rechten Fuß auf und winkte dem Mlironer freundlich zu. Ropha Kherthrai lächelte, und jetzt fiel Ronald Tekener, Roi Danton und den beiden Frauen auf, dass es ein ganz anderes Lächeln war als das Istras. Es war gelöst. „Ich bin gekommen, um mit diesen beiden Winzlingen zur Gorim-Station zu gehen", erklärte Ropha Kherthrai.
„Es ist erstaunlich, aber Kodexwahrer Dokroed hatte nicht das geringste dagegen einzuwenden, dass wir ins Äquatorgebiet fahren", sagte Roi Danton, als sie am nächsten Morgen vor
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