1288 - Das Barbarentor
haben keine Angst vor ihnen. Nur wer Angst hat, begibt sich in die Hand des Tyrannen. Ihm aber darf man niemals mit Angst begegnen. Die Furchtlosigkeit ist unser Schwert, mit dem wir letztlich siegen werden." Hosta war nicht der einzige, der an diesem Tag Rat bei ihm suchte. Im Anschluss an die Stunde im Tempel kamen Dutzende von Männern und Frauen zu dem Priester, um sich von ihm helfen zu lassen. Und er stand ihnen Rede und Antwort, bis er schließlich vor Erschöpfung zusammenbrach.
Hosta hob ihn auf und trug den zerschundenen und gepeinigten Körper in einen Nebenraum, wo er ihn auf eine Liege bettete. „Schicke sie nicht nach Hause", bat Ropha Kherthrai mit kraftloser Stimme. „Sie sind von weither gekommen, nur um mit mir zu reden. Ich darf sie nicht enttäuschen."
„Einige von ihnen sind viele Tage lang unterwegs gewesen", erwiderte der Freund. „Es macht nichts, wenn sie eine Nacht im Tempel verbringen. Du kannst auch morgen noch mit ihnen reden, wenn du wieder bei Kräften bist." Der Priester ließ sich davon überzeugen, dass er die Erholungspause brauchte. Er ließ sich eine leichte Suppe reichen und schlief dann bald ein. Doch ihm war keine lange Ruhe gegönnt. Hosta weckte ihn auf. „Es ist zu wichtig", sagte der Freund entschuldigend. „Istra Feta ist da. In ihrem Haus sind Fremde, die aus einer anderen Galaxis kommen und mit den Somern nicht das geringste zu tun haben. Die Berechtigte hofft, dass sie uns bei unserem Freiheitskampf helfen werden."
„Und warum kommt sie jetzt zu mir?"
„Sie hat eine Entscheidung zu treffen", erwiderte Hosta, „aber sie hat nicht die Kraft und die Weisheit, es allein zu tun." Ropha Kherthrai setzte sich aufrecht. Er ließ sich etwas Wasser geben und benetzte sich damit das Gesicht, um die Müdigkeit zu vertreiben. Dann bat er Hosta, Istra Feta zu holen.
Er saß noch immer auf der Liege, als die Berechtigte eintrat. Sie sah müde und erschöpft aus. Und ihre Miene verriet, dass sie sich vor Trauer fast verzehrte. Sie kam nicht darüber hinweg, dass die Milizen den Mann erschossen hatten, den sie geliebt hatte. Ropha Kherthrai begrüßte sie mit einer freundschaftlichen Geste, und er sprach ihr sein Mitleid aus. „Deshalb aber bist du nicht hier", sagte er dann. „Weshalb kommst du?"
„Es geht um die Gorim-Station", erwiderte sie. „Die Fremden möchten sie sehen. Sie glauben, dass dort ungeheures Wissen gespeichert ist, Wissen, das uns helfen könnte, die Macht der Somer für alle Zeiten zu überwinden."
„Und du willst, dass ich entscheide, ob die Fremden dorthin dürfen oder nicht?" Istra Feta berichtete nun in allen Einzelheiten von Ronald Tekener, Roi Danton, den beiden Frauen und den beiden Siganesen. „Ich dachte, ich könnte die beiden Winzlinge an einen Mittelsmann übergeben, der sie zur Gorim-Station bringt", schloss sie...Aber natürlich würde das auch bedeuten, dass wir das Geheimnis preisgeben. Wenn die Somer die Fremden nur geschickt haben, damit sie endlich herausfinden, wo die Station ist, kommen sie zum Ziel. Wir würden ein Geheimnis verraten, das wir seit mehr als zweitausend Jahren gehütet haben wie unser eigenes Leben."
„Lass uns nach draußen gehen", schlug er vor. „Ich werde dich nach Hause bringen."
„Das geht nicht", erwiderte sie erschrocken. „Die Sperrstunde hat begonnen. Niemand wird auf mich schießen, weil ich die Berechtigte bin, aber die Milizen werden die Gelegenheit nutzen, dich zu töten. Während der Sperrstunden können sie das ganz legal tun, und niemand kann ihnen einen Vorwurf daraus machen. „ Ropha Kherthrai strich ihr beruhigend über die Wange. „Verstehst du denn nicht?" fragte er. „Die Milizen sind Männer unseres Volkes. Sie wurden genetisch missbraucht von den Somern, aber sie bleiben unsere Brüder. Sie brauchen den geistigen Zuspruch noch mehr als alle anderen Gläubigen.
Und während wir durch die Nacht gehen, kann ich die frische Luft einatmen, und ich kann zu einer Entscheidung kommen." Istra Feta versuchte verzweifelt, den Priester von seinem Vorhaben abzubringen. Sie war überzeugt, dass ein solches Unternehmen einem Selbstmord gleichkam. Doch Ropha Kherthrai hatte sich entschlossen, zu den Milizen zu gehen, und er wich von seinem einmal gefassten Entschluss nicht mehr ab.
Zusammen mit Istra Feta verließ der Priester den Tempel. Ruhig und gelassen ging er an ihrer Seite in die Nacht hinaus. Sie hatten sich erst wenige Schritte von dem Gebäude entfernt, als sie gedämpfte
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