1288 - Das Barbarentor
einmal erkennen, wenn er die Wunden nicht bedeckt hätte. Er hat für uns alle gelitten, aber er will nicht, dass die Gläubigen ihn so sehen."
„Einer der Gorim-Schüler war der Desotho", rief Ropha Kherthrai, und jetzt war seine Stimme kraftvoll und beherrschend. „Der Desotho, der Held vergangener Zeiten, der für uns alle zur Legende geworden ist."
Einige Mlironer schrien wie unter Qualen auf. Die Sehnsucht nach dem Helden der vergangenen Zeiten wurde fühlbar. „Doch die Somer ließen schon damals nicht zu, dass wir uns befreien. Sie machten kurzen Prozess und errichteten das Heraldische Tor. Danach gab es keine Raumfahrt mehr.
Danach blieben die Gorims aus. Wir können nur vermuten, dass sie nicht mehr zu uns kommen konnten."
Die Mlironer konnten die Zusammenhänge nur erahnen. Ronald Tekener, Roi Danton, die beiden Frauen und die beiden Siganesen aber wussten, was geschehen war. Das Thidda-System war zur Kalmenzone geworden. Die Gorims hatten ihren Stützpunkt auf Mliron wegen der fehlenden psianisehen Kraftfelder nicht mehr aufsuchen können. „Der Desotho wurde in die Orphi sehen Labyrinthe von Trovenoor verbannt", fuhr der Priester fort, aber wir alle hoffen bis heute, dass er eines Tages zurückkehrt, um uns zu befreien. Wir hoffen seit zweitausend Jahren." Ropha Kherthrai breitete erneut die Arme aus. Er lächelte, und seine Blicke richteten sich zur gewölbten Decke des Tempels empor. „Die Gorim-Station existiert auch heute noch, meine Freunde", rief er.
„Sie ist zu einem Tempel der Hoffnung für alle freien und freiheitsliebenden Mlironer geworden, und obwohl die Somer seit zweitausend Jahren nach der Station suchen, haben sie sie bis auf den heutigen Tag nicht gefunden." Istra Feta schien der Ansicht zu sein, dass ihre Gäste nun genug gehört hatten. Mit unmissverständlichen Handzeichen bedeutete sie ihnen, dass sie den Tempel verlassen sollten. „Jetzt folgt eine Andacht, bei der kein Mlironer Fremde dabei haben mag", erläuterte sie, als sie wieder auf dem Platz vor dem Tempel standen. „Niemand hätte Verständnis dafür gehabt, wenn ihr noch länger im Tempel geblieben wärt." Sie führte sie durch die vor dem Tempel verharrende Menge in eine verwinkelte Gasse hinein und schließlich zu einem alleinstehenden Haus, das sie als ihr eigenes bezeichnete. „Ihr braucht keine Angst zu haben, dass wir abgehört werden", erklärte sie, als sie es betraten. „Ich habe das Haus von Freunden durchsuchen lassen, und ich habe den Somern gesagt, dass meine Zusammenarbeit mit ihnen sofort beendet ist, wenn ich etwas entdecken sollte." Es war offensichtlich, dass Istra Feta die Zusammenhänge zwischen Heraldischen Toren und psionischer Kalmenzone nicht kannte. Sie wusste auch nicht, dass die Gorims den Stützpunkt auf Mliron wegen der fehlenden psionischen Felder nicht mehr aufsuchen konnten. Tekener und Roi Danton erklärten es ihr nun, soweit sie es konnten. Sie spürten, dass die Mlironerin allmählich Zutrauen zu ihnen fasste. „Weshalb seid ihr hier, und weshalb lässt Kodexwahrer Dokroed euch frei herumlaufen?" fragte sie. „Was verspricht er sich davon? Weshalb hat er mich beauftragt, mich um euch zu kümmern und euch bei der Suche nach Informationen zu helfen?"
„Für mich ist das ziemlich klar", bemerkte Jennifer Thyron. „Er wird früher oder später fragen, wie die Permitträger an des Ewigen Kriegers Ijarkor Stelle vorgehen würden, um die Mlironer zu treuen Gefolgsleuten zu machen." Istra Feta nickte. „Das. ist das Problem für Kodexwahrer Dokroed", entgegnete sie. „Es ist den Somern seit zweitausend Jahren nicht gelungen, uns Mlironer zu Gefolgsleuten zu machen. Jetzt wollen sie es endlich erreichen."
Sie setzte sich an einen Tisch und blickte die beiden Männer und die beiden Frauen der Reihe nach an. „Werdet ihr darauf eingehen?" fragte sie. „Werdet ihr ihm helfen, das Problem zu lösen?"
„Nein", antwortete Demeter entschlossen. „Auf keinen Fall. Es liegt ,nicht in unserem Interesse, dass ihr versklavt werdet."
„Du bist mutig", stellte Istra Feta fest. „Woher weißt du, dass ich keine Verräterin bin? Ich könnte dem Kodexwahrer sagen, welche Antwort du mir gegeben hast."
„Du wirst es nicht tun", erklärte die Wyngerin ruhig und überzeugt. „Nein. Ich werde es nicht tun."
„Wir wollen offen zu dir sein", sagte Ronald Tekener. „Wirklich offen." Er setzte sich zu ihr an den Tisch. „Seid ihr das nicht?" Überrascht blickte Istra Feta ihn an.
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