1288 - Das Barbarentor
Brusttasche. „Wie lange wollt ihr eigentlich noch warten ?"
6.
Gemächlich trieb das Luftschiff mit dem Wind nach Norden. Es überflog dünn besiedelte Gebiete, in denen die Vegetation immer üppiger wurde, je mehr er sich dem Äquator näherte. Und in dem gleichen Maß wie die Temperaturen stiegen, wurde die Atmosphäre in der Gondel frostiger. Keiner machte einen Hehl daraus, dass er Mani Wooren nicht mochte. Der Beamte des Staatssicherheitsdiensts zog sich mehr und mehr zurück, bis er schließlich nur noch in einer Ecke der Gondel saß und beobachtete. Auch er schien froh zu sein, als er den Zeppelin nach einem siebenstündigen Flug verlassen konnte. Das primitive Fluggerät war in dieser Zeit von Dutzenden von Gleitern unterschiedlichster Größe überholt worden, in denen ausschließlich Somer saßen. Immer deutlicher wurde, dass es zwei Kulturen auf Mliron gab - die hochstehende der Somer, die sich dynamisch. weiterentwickelte und sich nach Kräften der Mlironer bediente, und die der Mlironer, die weit darunter stand, fast primitiv erschien, und die einen statischen Eindruck machte. Während die Somer die komplikationslose Antigravtechnik auf allen nur erdenklichen Gebieten des Transports einsetzten, waren die Mlironer auf bodengebundene Fahrzeuge angewiesen. Aus der Luft war gut zu sehen, wie sie selbst schwerste Güter mühsam mit altertümlichen Wagen über die Straßen schleppten und dabei vielfach sogar nur Zugtiere einsetzen konnten. Nur sehr vereinzelt tauchten Motorfahrzeuge auf, die auf schlecht ausgebauten Straßen jedoch kaum vorankamen. „Sie bleiben nicht stehen", stellte Jennifer fest, als sie einen Laster entdeckten, der im Schlamm steckengeblieben war, und der von büffelartigen Zugtieren freigeschleppt werden sollte. „Sie entwickeln sich sogar zurück."
„Genauso ist es", bestätigte der Priester. „Es ist wahr, dass wir das Raumfahrtzeitalter erreicht hatten. Wir waren vor zweitausend Jahren weiter als heute." Er drehte sich zu Mani Wooren um. „Ich gehe davon aus, dass es dich nicht schockiert, wenn ich so etwas sage. Es ist die Wahrheit. Ich habe sie bereits im Tempel verkündet, und das ist dir sicherlich bekannt. Warum sollte ich es also jetzt verschweigen?"
„Wir werden noch Gelegenheit haben, uns unter vier Augen zu unterhalten", erwiderte Wooren. „Nimm das als Einladung zum Gespräch in meinem Büro."
„Unter vier Augen?" Ropha Kherthrai lächelte furchtlos. „Das wäre völlig neu für mich. Bisher waren immer deine Schläger dabei, die mir mit Faustschlägen und Fußtritten beibringen wollten, was ich zu denken und zu sagen habe."
„Sei doch still. Bitte", flüsterte Istra Feta erschrocken. „Willst du unbedingt, dass sie dich foltern?" Die Anzeichen der rückläufigen Entwicklung waren auch an anderen Stellen zu sehen, beispielsweise als der Zeppelin die halbverfallene Streckenführung einer Einschienenbahn überflog, einen zusammengestürzten Damm eines Stausees passierte oder an einem Atomkraftwerk vorbeikam, das vor Jahrzehnten schon den Betrieb eingestellt hatte.
Dass die Mlironer von den Somern keine Hilfe zu erwarten hatten, wurde durch Energiezäune deutlich, die die technischen Versorgungsstationen der Somer abschirmten. Der Pilot des Luftschiffs wich diesen Stationen aus, näherte sich ihnen jedoch noch so weit, dass Tek, Roi, Demeter und Jennifer sie sehen konnten. Als der Zeppelin schließlich in einer kleinen Stadt mitten im Dschungel landete, verließ Mani Wooren die Kabine. Mit einem knappen Gruß verabschiedete er sich, ohne den Blick vom Boden zu heben. Dann eilte er zu einigen Somern hinüber, die ihn am Rand des kleinen Flughafens erwarteten. „Diese Stadt lebt hauptsächlich vom Holz", erläuterte Istra. „Die Somer lieben Möbel aus Holz, und sie verkleiden die Wände ihrer Wohnungen mit schön gemasertem Holz. Es wird hier in den Wäldern geschlagen und in der Stadt verarbeitet."
Sie wartete, bis Mani Wooren mit den Somern weggegangen war, dann eröffnete sie den anderen, dass sie den Zeppelin nun ebenfalls verlassen und mit einer Einschienenbahn weiterfahren würden. Wir haben bis zuletzt offengehalten, wie es weitergeht", erklärte der Priester, „weil wir sicher sind, dass die Somer und der mit unseren Leuten besetzte Staatssicherheitsdienst uns auf Schritt und Tritt beobachten lässt. Kodexwahrer Dokroed will wissen, wo die Gorim-Station ist, und er wird alles tun, um es herauszufinden. Wahrscheinlich lauern überall in den
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