129 - Mar'os - Gott des Krieges
durchgemacht«, erklärte er. »Aber das alles waren Prüfungen, die ich euch abverlangen musste, um eure Kraft und eure Treue zu stärken. Ich führe ein strenges Regiment, doch meine Härte ist notwendig. Nur eine Elite wie die eure ist fähig, das Unheil von unserem Volk abzuwenden. Einzelschicksale sind dabei nicht wichtig, nur das Wohl der Allgemeinheit zählt.«
Au'kala erzitterte am ganzen Leib, fast so, als würde ihn die Erinnerung an sein totes Weib durchschütteln. Durch die starken Muskelkontraktionen wippte die gespannte Armbrust an seinem Lendengürtel in die Höhe.
»Ach ja?«, fasste er seinen Zorn in Worte. »Wer bestimmt denn, welches Schicksal keine Bedeutung hat und welches doch? Du etwa?«
Die schwarzen Augen unter dem Goldhelm funkelten kalt.
»Willst du meine Fähigkeit bezweifeln, die Schicksalsstränge richtig zu ordnen?«, fragte Mar'os erbost.
Und dann, beinahe sanft: »Bist du noch nicht von meiner Göttlichkeit überzeugt? Nun, dann will ich dir einen weiteren Beweis liefern. Leg mit deiner Harpune auf mich an, damit du und die anderen sehen, dass ich unsterblich bin.«
Um seine Herausforderung zu unterstreichen, breitete Mar'os beide Arme zu einer einladenden Geste aus. Harnisch und Helm schützten ihn zwar weiterhin, trotzdem lagen genügend Körperstellen frei, die einem geschickten Schützen wie Au'kala tödliche Treffer ermöglichten.
Der Krieger mit dem gelb leuchtenden Flossenkamm ließ sich nicht lange bitten. Beherzt griff er zu seiner armbrustähnlichen Waffe und legte an. Das elastische Band, mit dem der metallisch glänzende Pfeil nach vorn geschleudert wurde, erzitterte, während sich die Spitze auf den Kriegsgott richtete. Ehe sich die Flossenhand um den breiten Abzug krümmen konnte, schwenkte Mar'os jedoch den Dreizack herum.
Die Reaktion erfolgte viel zu spät, um die Waffe noch zu schleudern, aber das war auch gar nicht beabsichtigt.
Stattdessen fuhren golden schimmernde Blitze aus den Dreizackspitzen. Sich nach innen verästelnd, verbanden sie sich schon wenige Handbreit später zu einem dicken, kräftigen Strahl, der schneller durch das Wasser zuckte, als mit den Augen zu verfolgen war, und mitten in Au'kalas ungeschützte Brust fuhr.
Der Strahl streckte den Krieger nicht einfach nur nieder, nein, die Energie brachte ihn und das ihn umgebende Wasser zum Kochen. Au'kala wurde nach hinten geschleudert. Sein Körper bäumte sich auf, als würde in seiner Brust ein wildes Tier wüten, das mit aller Gewalt nach draußen drängte. Nur einen Herzschlag später platzte sein Leib auseinander. Ein Blutwolke stieg über ihm auf, während er sich weiter wie in Krämpfen schüttelte.
Au'kalas schuppige Haut verkochte, während der Strahl weiter in ihn drang. Erst als seine Gestalt bis zu Unkenntlichkeit verkocht war, stellte Mar'os den Beschuss ein.
Das Gurgeln und Brodeln des schäumenden Wassers ließ nur allmählich nach.
»Ich weiß einen starken Willen zu schätzen«, erklärte Mar'os in die anschließende Stille hinein. »Aber ich fordere auch Gehorsam von euch, denn ihr seid meine Geschöpfe, die nur durch meine Gnade leben.«
Wie zufällig richtete er den Dreizack auf die versammelten Hydriten. Männer, Frauen und Kinder schwiegen angesichts dieser Machtdemonstration, die keinen Zweifel an der göttlichen Überlegenheit ließ. Bedrücktes Schweigen breitete sich aus. Sie alle hatten gewusst, dass sie einem grausamen Gott huldigten, doch alten Legenden zu lauschen oder einem Exempel beizuwohnen, das an einem Freund durchgeführt wurde, war zweierlei.
Goz'anga konnte die Wärme des erhitzten Wassers auf den Schuppen fühlen. Einige beklemmende Herzschläge lang überlegte er schon, ob er einen Angriff auf Mar'os befehlen sollte, denn er zweifelte nicht im Geringsten daran, dass ihm ein ähnliches Schicksal wie Au'kala drohte.
Gleich darauf sanken die Rochen so weit ab, das sich die Kriegsarche auf gleicher Höhe mit Goz'anga befand. Der Kriegsgott stellte den Dreizack neben sich, sodass die tödlichen Abstrahlpole wieder gen Oberfläche wiesen, während er seinen Blick auf den OBERSTEN richtete und sagte: »Wir dürfen uns nicht selbst zerfleischen, Hauptmann. Unsere Gegner sind die Festländer, und jene, die mit ihnen kooperieren. Bist du also bereit, mit mir in den Krieg zu ziehen?«
»Selbstverständlich«, beeilte sich Goz'anga zu versichern, denn ihm war klar, dass es in diesem Augenblick um sein nacktes Leben ging. Hilfe hatte er nicht zu erwarten.
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