129 - Mar'os - Gott des Krieges
Rückzug deckten. Um nicht unnötig aufzufallen, drosselte er sein Tempo und schwamm gemächlich in Richtung Hydrosseum. Das hoch aufragende Gebäude lag gut zwei Kilometer entfernt.
Mer'ol und Tula holten ihn auf halbem Wege ein.
»Hey, nicht so eilig!« Der beim Essen noch so mürrische Mer'ol gab sich plötzlich freundlich und gelöst.
Vermutlich nur, damit ich mich noch schäbiger fühle, dachte Matt im Stillen.
Auf den blauen Schuppen des Wissenschaftlers, dort wo sich noch kurz zuvor die Saugnäpfe der Welse festgesaugt hatten, zeichneten sich kaum wahrnehmbare Rötungen ab.
Wenn Matt nicht speziell darauf geachtet hätte, wären ihm diese Spuren wohl verborgen geblieben.
»Ach, ich bin nur ein Stückweit voraus geschwommen«, spulte er seine zurecht gelegte Antwort ab. »Ihr seid ja schneller als ich.«
Wie um seine Worte zu beweisen, zogen Mer'ol und Tula an ihm vorbei. Dabei umkreisten sie einander in einer Art liebevollen Balztanz. Ein gefühlvoller Anblick, der Matt allerdings auch eine ungewöhnliche Perspektive offenbarte.
Für Sekunden konnte er nämlich direkt unter den Schulterpanzer blicken, den Mer'ol auf der linken Seite trug.
Darunter lugten die Spitzen einer grünbraunen Schwanzflosse hervor. Genau von der Art, wie sie Mer'ol vor wenigen Minuten zu Dutzenden bedeckt hatten.
Die Theorie von dem Reinigungsritual unter Ausschluss der Öffentlichkeit war damit wohl hinfällig. Was zum Teufel hatten die Saugwelse aber dann zu bedeuten?
***
Mittelatlantischer Rücken,
auf Höhe des 25. Breitengrades
»Die Transportröhren?«, fragte Goz'anga verwundert. »Die führen durch eine Senke, zwei Zyklen nördlich von uns. Was ist mit denen? Die stören doch niemanden.«
»Falsch!«, korrigierte Mar'os. »Sie sind eine wichtige Schlagader für die unheilige Verbindung zwischen Festländern und Hydriten. Wähle ein Dutzend deiner besten Krieger aus, wir brechen noch heute Nacht auf meinen Feuerrochen auf. Je eher die Abtrünnigen meinen Zorn zu spüren bekommen, desto besser. Jeder andere deines Stammes, der kämpfen kann, macht sich morgen früh in Richtung Vernon auf. Nur Alte, Schwache und Kinder bleiben zurück.«
Goz'anga schluckte nervös, als er die volle Tragweite des letzten Satzes begriff. Verwirrt sah er zu den anderen Ratsmitgliedern, die sich mit in der natürlichen Felshöhle aufhielten, die Neu-Drytor als Hydrosseum diente. Sie alle boten ein ungewohntes Bild, denn statt archaischen Waffen wie Spießen, Armbrüsten und Streitäxten hielten sie wieder Schockstäbe und Druckschallgewehre in den Flossen. Ihr Bestreben, den alten Werten möglichst nahe zu kommen, hatte sich als falsch erwiesen. Eine von Mar'os' ersten Forderungen hatte gelautet, sich wieder mit modernen Waffen auszurüsten.
Nur so war seiner Meinung nach der bevorstehende Krieg zu gewinnen.
Seit dem Auftauchen ihres dunklen Gottes überstürzten sich die Ereignisse. Nichts verlief mehr in gewohnten Bahnen. Als er in die Augen der anderen Ratsmitglieder sah, konnte Goz'anga die eigene Unsicherheit erkennen, wie in einem Spiegelbild.
Geschwollene Tantrondrüse oder nicht, sie alle liebten ihre Frauen und Kinder.
»Wenn alle Starken in den Krieg ziehen, bleiben unsere Familien schutzlos zurück«, gab er zu bedenken. »Sie könnten verhungern oder von Raubfischen angegriffen werden.«
»Das ist das Schicksal aller Schwachen«, gab Mar'os kalt zurück. »Ich achte nur die Starken, die mir in den Kampf folgen. Wer nicht alleine für sich sorgen kann, hat es auch nicht verdient, in meiner Welt zu überleben.«
In der Höhle wurde es ganz still, bis nur noch das Aufblähen ihrer Kiemenlappen zu hören war. Keiner von ihnen sprach ein Wort, doch wer in Gesichtern zu lesen vermochte, der konnte sehen, dass sich viele von ihnen plötzlich wünschten, niemals zu Mar'os gebetet zu haben.
Sicher, sie hatten immer gewusst, was er von seinen Anhängern verlangte, doch den Geboten eines imaginären Gottes zu folgen oder von ihm direkte Anweisungen entgegen zu nehmen, waren zwei verschiedene Paar Flossen.
»Was ist?«, donnerte der Riese in der goldenen Rüstung, der schon wieder drohend an seinem Dreizack spielte. »Gibt es noch irgendwelche Fragen? Dann stellt sie gefälligst!«
Goz'anga spürte, wie sich die Blicke der anderen auf ihn richteten. Er war der OBERSTE des Stammes. An ihm lag es, dem Gott im Namen aller zu widersprechen. Er war es dann aber auch, den Mar'os rücksichtslos zerbrechen würde, um ein Exempel zu
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