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1291 - Die Verblendeten

Titel: 1291 - Die Verblendeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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muskulär zu entspannen und meine vegetative Gleichgewichtslage zu optimieren.
    Bald schon war ich nahe daran, auf einer Art von rosaroter Wolke gen Himmel zu entschweben und mich von allem Materiellen zu lösen. Da trat unvermittelt ein Störfaktor auf, der zudem schnell eskalierte.
    Zuerst hatte ich das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu sitzen. Das allerdings konnte mich nicht aus der Meditation reißen, denn ich hatte schon während der ersten drei Schritte meiner Ausbildung und da vor allem im Charimchar gelernt, barfuß über Becken mit glühenden Kohlen zu gehen, ohne Schmerz zu empfinden und ohne Verbrennungen davonzutragen.
    Aber kurz darauf kam das Gefühl dazu, mitsamt dem Becken voller glühender Kohlen in einen auf Volllast arbeitenden Hochofen geschoben zu werden.
    Der Schmerz wurde so wahnwitzig, daß ich förmlich aus der Meditation katapultiert wurde.
    Im nächsten Moment sprang ich auf, denn ich spürte, daß die Luft innerhalb des Meditationsraums förmlich kochte. Meine Haut brannte unerträglich, wo sie nicht von dem beinahe perfekt isolierenden Shant geschützt war, und ich hatte das Gefühl, als würden meine Augäpfel sieden.
    Ich rannte zum Schott.
    Es öffnete sich nicht automatisch, wie ich gehofft hatte. Es öffnete sich auch nicht, als ich mit den Händen darüberstrich. Ich bekam nur Brandblasen an den Handflächen. Das Material glühte fast - und auch die Luft, die ich atmete, schien zu glühen.
    Ich aktivierte die KOM-Anlage des Shants, die inzwischen erneuert worden war. Aber niemand reagierte auf meine Rufe.
    War das die Strafe der Panisha für meinen Ungehorsam?
    Wollten sie mich bei lebendigem Leib verbrennen lassen?
    Das Schott öffnete sich.
    Yag Veda stolzierte herein, und gleich darauf schloß sich das Schott wieder hinter ihm.
    „Fürchte dich nicht, Shan Tifflor!" sagte der Panish mit gutturaler Stimme und legte mir seine Knochenhände auf die Schultern.
    Ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück - nicht aus Furcht, sondern weil ich Vedas Aufforderung als Hohn empfand.
    Doch dann wurde ich gewahr, daß der Panish so nackt war wie immer, das hieß, er trug kein Kleidungsstück - genauso, wie auch Ris Bhran und Stalker niemals Kleidung getragen hatten. Das bedeutete, er setzte sich der mörderischen Hitze ungeschützt aus. Es sei denn, ich betrachtete das, was seinen Skelettkörper gleich einem durchsichtigen Film hauchdünn überzog, als Schutz.
    Vielleicht war es das auch, denn ich wußte nicht, wie widerstandsfähig dieser „Film" war.
    Dann fiel mir ein, daß Stalker und seine Gefolgsleute in Extremsituationen sich bisher niemals auf den Schutz dieser hauchdünnen Haut verlassen hatten, sondern mit Hilfe ihrer Psi-Pressoren Energieschirme um sich errichtet hatten. Der Schutzfaktor ihres Hautfilms konnte also nicht sehr groß sein.
    Dennoch benutzte Yag Veda keinen Psi-Pressor.
    Das hieß, er setzte sich selbst der mörderischen Hitze ebenso aus wie ich.
    Schon diese Erkenntnis genügte, um mir die Hitze erträglicher erscheinen zu lassen.
    „Wenn das Sterben nahe ist, wird es Zeit, über den Sinn des Lebens zu reden, Shan Tifflor", sagte Yag Veda und verstärkte den Druck seiner Knochenhände. „Setzen wir uns und reden wir miteinander darüber!"
    Wir setzten uns - und der Panish verwickelte mich in ein Gespräch, das mir die Augen noch ein bißchen mehr für den Sinn des Universums, der Materie, des Lebens und des Sterbens öffnete. Alle Furcht und kleinlichen Bedenken fielen von mir ab. Ich spürte keine Schmerzen mehr.
    Yag Veda war unvermittelt zu meinem Bruder geworden, dessen Bewußtsein zeitweise mit dem meinen verschmolz.
    Alle körperlichen Empfindungen sanken zur Bedeutungslosigkeit herab.
     
    *
     
    Ich wußte nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich bemerkte, daß Yag Veda mich wieder verlassen hatte.
    Mit ihm war die Hitze gegangen.
    Es war angenehm kühl in der Meditationszelle.
    Fast zu kühl!
    Ich beobachtete die Wasserdampfwolken, die ich ausatmete und den Reif, der sich auf meinen verschränkten Armen niederschlug, wenn ich den Kopf senkte.
    Es war nicht nur zu kühl, es war zu kalt.
    Aber diesmal wußte ich, daß der Geist den Körper mit Hilfe des Shants soweit beherrschen konnte, bis die Grenze des Sterbens fast unendlich weit hinausgeschoben wurde.
    Mein Vertrauen darin war unterdessen derartig angewachsen, daß ich mich auch dann nicht fürchtete, als die Kälte mir wie mit Eisnadeln in alle Glieder stach.
    Ich konzentrierte mich statt

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