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1292 - Die Blutbrücke

1292 - Die Blutbrücke

Titel: 1292 - Die Blutbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der das Übergewicht bekam und mir entgegenkippte.
    Er erwischte mich leider auf dem falschen Fuß. Ich war schon dabei gewesen, mich in die Höhe zu schrauben, da erwischte mich das schwere Möbelstück.
    Wie eine Puppe kippte ich um. Mit der Rückenlehne fiel der Sessel auf mich. Er bewegte sich noch, weil an der Sitzseite jemand an ihm hochglitt.
    Einen Moment später schaute über die Rückenlehne hinweg ein Gesicht auf mich herab. Da meine Lampe genügend Licht abgab, konnte ich es erkennen. Es war ein menschliches Gesicht, und trotzdem hatte ich keinen Menschen vor mir, sondern einen verdammten Vampir…
    ***
    Jeder normale Mensch hätte dabei an Halloween gedacht. Besonders jetzt, weil der berühmte Tag oder die Nacht nur 24 Stunden entfernt waren, aber der Gedanke kam mir nicht. Das war niemand, der sich eine Maske übergestreift hatte, diese Gestalt war echt, und sie passte zudem auch in das Bild hinein.
    Ich hatte das Gefühl, als wäre die Zeit für eine gewisse Weile stehen geblieben, um mir die Gelegenheit zu geben, mir den anderen anzuschauen.
    Es war eine der ausgemergelten und blutleeren Gestalten aus der Vampirwelt, die Will Mallmann, alias Dracula II, geschaffen hatte, und in der er zusammen mit vielen dieser Gestalten, aber auch mit Justine Cavallo hauste. Für beide war die Vampirwelt das perfekte Rückzugsgebiet, und von dieser Dimension des Schreckens aus konnten sie immer wieder agieren.
    Eine graue Haut, die von einem Faltenmuster gezeichnet worden war. Rissige Lippen, leere Pupillen.
    Der Gestank von alter Asche oder Moder stieg aus den Fetzen, die mal eine normale Kleidung gewesen waren, und um das Kinn herum sah ich einige eingetrocknete Blutflecken.
    Der Sessel war gefallen und drückte mich gegen den Boden. Zudem war mein rechter Arm eingeklemmt. Um schießen zu können, musste ich ihn erst befreien. Das wäre normalerweise kein Problem gewesen, nur hatte der Blutsauger etwas dagegen. Er wollte so schnell wie möglich an seine Nahrung herankommen, mit der er gar nicht gerechnet hatte.
    Die Gestalt ließ sich kurzerhand über die Sessellehne hinweg nach vom fallen. Ich schaute genau hin und sah die langen, spinnenbeinähnlichen Finger, die auf meinen Kopf zielten und dort irgendwo hingreifen wollten.
    Ich ließ es zu, dass er mich berührte und mir dabei sehr nahe kam. Ein ekliger Verwesungsgeruch stieg mir in die Nase und raubte mir den Atem. Daran konnte man sogar ersticken, aber ich drehte meinen Kopf nicht zur Seite, sondern rammte ihn in die Höhe. Mit der Stirn krachte ich gegen seine Nase und hörte etwas brechen.
    Der Blutsauger schrie nicht auf. Er war nur irritiert. Ich ließ die Lampe los, hatte jetzt die linke Hand frei und packte zu. Diesmal erwischte ich seinen Nacken, riss den Kopf von mir weg und schleuderte die Gestalt zur Seite.
    Ich hörte einen wütenden Laut. Der Blutsauger war abgelenkt, und ich rollte mich endlich zur Seite und stieß dabei auch den gekippten Sessel weg.
    Unterschätzen durfte ich ihn keinesfalls. Auch wenn er aussah wie ein verhungerter Lazarus, davon durfte ich mich nicht täuschen lassen. In ihm steckte eine Kraft, die der eines normalen Menschen überlegen war. Er würde auch nicht aufgeben und immer wieder aufstehen, es sei denn, man schaltete ihn mit den richtigen Waffen aus.
    Die trug ich bei mir.
    Noch wollte ich sie nicht einsetzen. Ich wusste nicht, ob er die normale Sprache verstand oder alles Menschliche verloren hatte, aber einen Versuch wollte ich machen, weil ich wissen musste, weshalb er in die Wohnung des toten Polizisten eingedrungen war.
    Noch in der Bewegung bekam ich genügend Schwung, um im nächsten Augenblick auf den Füßen zu stehen. Die Lampe ließ ich auf dem Boden liegen, das Licht reichte mir.
    Auch der Blutsauger stand wieder. Geduckt und mit nach unten hängenden Armen drehte er sich. Er hatte jetzt seine zerfransten Lippen vollständig zurückgezogen, und so malten sich seine beiden Blutzähne wie graue Scherbenstücke ab.
    Er sprang mich an.
    Es gab nichts, was ihn hielt. Er wollte Blut. Wenn er einen Menschen in der Nähe wusste, drehte er durch. Das konnte er selbst nicht kontrollieren, die Gier trieb ihn einfach weiter, und als er mich erreichte, befand sich mein rechtes Bein auf dem Weg nach vorn.
    Der Tritt erschütterte die Gestalt. Wieder hörte ich es irgendwo unter seiner dünnen grauen Haut knacken. Die Wucht trieb ihn zurück, und er prallte mit dem Rücken gegen die Wand.
    Ich hatte etwas Zeit gewonnen.

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