1295 - Der neue Sotho
hätte ich ihn in die Ecke geschleudert. Das Symbol des Kriegers war mir zuwider. Es bedeutete keine Gefahr mehr für mich; denn der Vorrat an Kodexgas, den der Handschuh in den vergangenen Wochen und Monaten in kleinen Dosen verströmt hatte, war erschöpft. Außerdem besaßen wir noch eine kleine Menge des Antiserums, das Irmina Kotschistowa entwickelt hatte.
Ronald Tekeners spöttisches Grinsen brachte meinen Verstand wieder in Gang. Er sah, wie ich die metallene Hülse in der Hand wog, und wußte, in welche Richtung meine Gedanken zielten.
„Nur zu", verspottete er mich.
„Wirf ihn weg. Verbrenne ihn im Feuer einer Sonne."
Reginald Bull war es, auf den er anspielte. Bull hatte, angewidert von den megalomanen Halluzinationen, denen er im Kodex-Rausch erlegen war, sein Permit in die Sonne Cloreons geschleudert. Es war eine Tat des Augenblicks gewesen, eine Handlung im Affekt. Er hatte seitdem Gelegenheit gehabt, seine Voreiligkeit zu bedauern. Es gab Mittel und Wege, sich gegen die Beeinflussung durch Kodexgas zu schützen. Andererseits war ihm auf Mardakaan der Verlust der Kriegerfaust als Kodexfrevel angelastet worden, und er galt seitdem als Geächteter, der das rote Mal eines Toshins auf der Stirn trug.
Ich schob den Handschuh in die Halterung am Gürtel. Das Grinsen verschwand von Tekeners Gesicht.
„Sie sind alle hin", sagte er dumpf. „Zwölftausend Vironauten, achtundvierzig Tsunami-Leute, vier Hanse-Spezialisten. Sie haben sie alle einkassiert - mit ihrem verdammten Kodexgas."
SRIMAVO
Mit Vinktar hatte ich eine Menge Spaß. Er wußte viele Geschichten und Anekdoten, und er war ein guter Erzähler. Von ihm habe ich mehr über die Geschichte der Pailliaren gelernt als von irgend jemand sonst. Allerdings kannte er sie auch nur in jener glorifizierten Version, wie sie vom Terraner-Tor auf Pailliar verkündet wurde.
Auch sein Unwissen war amüsant. Ich fragte ihn nach den einfachsten Dingen, die mit unserem Flug zusammenhingen, Vektor, Geschwindigkeit, voraussichtliche Ankunftszeit zum Beispiel, und er wand sich und erfand scheinheilige Entschuldigungen, warum er das alles nicht wissen könne. Ich glaube, es war ihm bewußt, daß ich ihn für einen Dummkopf hielt. Er machte sich nichts daraus. Er war ein charmanter Dummkopf, der mich meine Sorgen vergessen ließ. Sorgen hatte ich eine ganze Menge.
Ich war willig auf Veth Leburians Vorschlag eingegangen, als er meinte, er werde mich dem Ewigen Krieger Ijarkor als Geschenk übergeben und dadurch Zugeständnisse für sein Volk, die Mlironer, gewinnen. Ich hatte auch nichts dagegen, daß Leburian mich als Kosmokratin ausgab, obwohl ich nicht mehr als die zufällig entstandene Inkarnation einer solchen war. Ko selbst hatte den Tank konstruiert, in dem ich mich jetzt befand. Veth Leburian war es leichtgefallen, mich zu überzeugen, daß er mich jederzeit wieder aus der kryogenen Gefangenschaft befreien könne. Nur müßte eben erst Ijarkor den Mlironern seine Zugeständnisse gemacht haben.
Es stellte sich nachträglich heraus, daß ich ein wenig zu vertrauensselig gewesen war.
Oh, an Veth Leburians Aufrichtigkeit bestand kein Zweifel. Er hatte die Sache wirklich so geplant, wie sie mit mir vereinbart worden war. Aber ich bekam ihn nicht mehr zu sehen.
Ijarkor nahm die geschenkte Kosmokratin ernst. Der Himmel mochte wissen, welche Pläne er mit mir hatte. Auf jeden Fall ließ er Leburian nicht mehr in meine Nähe. Aus eigener Kraft konnte ich mich aus dem Tiefkühltank nicht befreien. Ich war auf Vinktars Gutmütigkeit angewiesen, aber eben weil er so gutmütig war, war ich ihm verpflichtet und durfte seine Großzügigkeit nicht in einer Weise mißbrauchen, die ihn in Schwierigkeiten brachte. Als letzter Ausweg blieb Ko. Mit ihr hatte ich mich geeinigt. Sie besaß die Möglichkeit, den Abtauvorgang einzuleiten und mir aus dem kryogenen Gefängnis zu helfen. Darauf wollte ich jedoch erst zurückgreifen, wenn die Lage wirklich ernst wurde.
Bei all seiner Liebenswürdigkeit und Vertrotteltheit hätte Vinktar wahrscheinlich Alarm geschlagen, und dann wäre der gesamte Troß des Kriegers hinter mir her gewesen.
Wenn Vinktar nicht im Kontrollraum saß und sich mit mir unterhielt, war er irgendwo im Schiff unterwegs. Manchmal blieb er stundenlang verschwunden. Ich nahm an, daß er dann schlief oder aß oder Toilette machte. Diesmal allerdings blieb er besonders lange fort. Ich wurde unruhig. Immerhin war es möglich, daß man Wind davon
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