1295 - Feuerfluch
sollten es darauf ankommen lassen«, schlug ich vor und ging damit einer direkten Verantwortung aus dem Weg.
Hier im Chefbüro gab es zwar einen größeren Konferenztisch, auf dessen Glasplatte sich das Sonnenlicht spiegelte, doch eine zweite Tür zum Sekretariat sah ich nicht. Wer hier arbeitete, wollte wohl ungestört sein.
Ich trat hinaus in den Flur. Die Kollegen waren inzwischen abgezogen. Das Absperrband sah ich auch nicht, und nur die Mitarbeiter der Firmen, die hier ihren Sitz hatten, standen noch auf dem Gang herum. Sie diskutierten mit leisen Stimmen.
Wir gingen nach rechts, wo die anderen Räume der Firma lagen. Direkt vor der ersten Tür blieb ich stehen und zögerte, sie zu öffnen. Ich fürchtete mich davor, ein großes Grab zu finden. Sechs Mitarbeiter plus Chef waren vor einigen Stunden noch hier beschäftigt gewesen. Jetzt gab es nur noch fünf.
»Soll ich…«
»Nein, Suko, lass mal.«
Ich wollte auch nicht mehr ein Schauobjekt sein, denn die Blicke der Neugierigen brannten in meinem Rücken. Irgendwann würden sie sich trauen, Fragen zu stellen, und ich hatte keine Lust, ihnen Antworten zu geben.
Ich klopfte nicht an. Ein kurzer Druck auf die Klinke. Dann schob ich die Tür nach innen. Der Druck in meinem Magen nahm zu. Ich warf einen ersten Blick in den Raum, der so etwas wie ein Sekretariat sein musste. Eine weitere Tür an der linken Seite war aufgezogen worden. Durch sie gelangte man in ein Nachbarbüro.
Ich wusste nicht, ob die Schreie des Firmenchefs gehört worden waren. Jedenfalls war das Verhalten der Mitarbeiter nicht normal.
Alle fünf hielten sich im Büro auf. Und alle lebten!
***
»Es brennt wieder, mein Freund!« Die leise Stimme durchstreifte das Dunkel auf der Suche nach Antwort.
»Ja. Wir haben gewonnen.«
»Wunderbar.«
»Es zeigt, dass wir zeitlos sind.«
»Nicht ewig?«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Aber wir haben etwas geschaffen.«
»Nicht alle mögen es – leider…«
»Ja, das stimmt.«
»Hast du auch etwas gespürt, mein treuer Freund?«
Die Stimme gab nicht sofort Antwort. »Ich weiß es nicht. Aber es war schon anders.«
»Da ist jemand gekommen, glaube ich.«
»Könnte er uns gefährlich werden?«
»Ich weiß es nicht.«
»Dann werden wir auf der Hut sein müssen.«
»Gern.«
»Aber jetzt warte es ab. Unsere Pflicht ist fast erfüllt, und wir sind da, noch immer da…«
Der geflüsterte Dialog endete in einem leisen Lachen…
***
Nein, nein, einen Freudensprung tat ich nicht, doch mir fiel der berühmte Stein vom Herzen, und das merkten die Anwesenden wohl auch, denn einige Lippen verzogen sich zu einem zaghaften Lächeln.
»Es sieht gut aus«, flüsterte Suko, der das Büro nach mir betrat und die Tür schloss.
Vor uns lag keine leichte Aufgabe. Wir mussten den Mitarbeitern die Wahrheit sagen. Sie hatten ein Recht darauf. Und es musste ihnen klar werden, dass auch sie möglicherweise mit dem Schlimmsten rechnen mussten, denn alle gehörten zusammen. Sie waren die Firmengemeinschaft. Sie hatten zusammengearbeitet, sie waren auch gemeinsam in die Provinz Kent gefahren, um dort ein besonderes Wochenende zu verleben.
Mit dem ersten Blick war für mich klar, wen ich hier vor mir hatte. Eine junge Mannschaft, die City PR betrieb. Menschen, die kreativ waren, dynamisch und auch nicht darauf achteten, wenn der Feierabend begann. Die sich dabei stets auf einem schmalen Grat bewegten und wussten, dass eine Firma wie diese hier schnell den Bach runtergehen konnte. Das hatten viele aus der Branche in der letzten Zeit erleben müssen. Hier wurde hart um jeden Auftrag gekämpft, denn in der Wirtschaft und auch bei den Städten saß das Geld längst nicht mehr so locker. Da musste man schon mit einer besonderen Idee kommen.
Ob Jung, ob Alt - Menschen bleiben Menschen, und Menschen leiden unter Ängsten. Das sah ich auch hier, denn es fiel ihnen schwer, die Angst zu verbergen. Die Mannschaft bestand aus zwei Frauen und drei Männern. Letztere befanden sich wohl in einer Altersklasse. Um die 30 herum. Bei den Frauen traf dies nicht zu. Da lag das Alter unterschiedlich.
Für einen Moment war nur das Blubbern der Kaffeemaschine zu hören, dann holte die »ältere« Frau tief und hörbar Atem, bevor sie sich an uns wandte.
»Es ist noch etwas passiert, nicht wahr?«
Ich nickte. »Ja.«
»Und Sie sind von der Polizei, denke ich.«
»Das stimmt auch.«
Die Frau nickte. Sie hatte ihren Haaren einen leicht rötlichen Touch durch die Färbung
Weitere Kostenlose Bücher