1295 - Feuerfluch
Entfernungen können verdammt täuschen, das merkten wir leider wieder einmal, als wir glaubten, dem Ziel kaum näher gekommen zu sein. Das Licht wurde auch nicht heller, und doch gab es bald schon eine Veränderung.
Wir stellten fest, dass es nicht nur hell war, sondern eine Farbe hatte, die sich durchaus mit der des normalen Feuers vergleichen ließ. Die leicht gerötete Außenhaut. Dazu der gelbliche Kern, das war schon das Feuer, das wir sahen, und zwar normale Flammen, auch wenn sie keine Normalität beinhalteten und möglicherweise ihren Ursprung in der Hölle besaßen.
Suko fuhr weiter. Sträucher kratzten ein paar Mal wie Totenhände außen an der Karosserie entlang.
Der Himmel zeigte uns nach wie vor sein dunkles Gesicht, das keinen hellen Schnitt aufwies, durch den der Mond sein bleiches Licht hätte schicken können.
Die drei Dorfbewohner blieben verschwunden, und dann atmete wir zum ersten Mal auf, als wir sahen, dass unser Ziel tatsächlich näher heranrückte.
Ja, das war die Ruine!
Trümmer unterschiedlicher Größe ragten in die Höhe. Mal waren es Mauerreste, mal Stücke von zusammengebrochenen Türmen. Uns war auch klar, dass wir nicht bis direkt an das Ziel heranfahren konnten, weil auf dem Boden weitere Trümmerstücke lagen.
»Ende der Strecke!«, sagte Suko, hielt an und stellte den Motor ab.
Wir blieben noch sitzen, denn das Licht brannte weiterhin, und in seinem Schein wollten wir uns einen Überblick verschaffen.
Es war nicht viel von dem ehemaligen Bauwerk übrig geblieben. Im Laufe der Zeit hatte die Natur dafür gesorgt, dass die Reste und auch die Trümmerhügel überwuchert worden waren. Unkraut und Gestrüpp verdeckten die alten Reste, die in früherer Zeit mal eine stolze Burg gewesen waren.
Das lag lange zurück, aber das Böse, was damals dort Einzug gehalten hatte, war nicht verschwunden. Leider erlebten wir das sehr oft. Es ließ sich einfach nicht ausmerzen und bekam immer wieder Unterstützung.
»Alles klar, John?«
»Ich sehe sie nicht.«
»Kann sein, dass sie es sich überlegt haben.«
»Okay, lass uns anfangen.«
Ich löste den Gurt. Noch vor Suko stieß ich die Tür auf und verließ den Rover.
Es war totenstill. Da bewegte sich nichts. Es gab auch keinen Wind, der altes Laub vor sich hergetrieben hätte, es war einfach nur so ruhig, wie es in einer großen Stadt nie werden würde.
Und es gab das Licht! Es schwebte zwar über der Ruine, aber es fiel nicht von oben her auf die Trümmer herab. Das Licht drang aus dem Boden.
Noch etwas fiel uns auf. Wir wunderten uns darüber, wie wenig Licht doch aufstrahlte. Vom Ort aus hatte es anders ausgesehen, aber die Dunkelheit gaukelte öfter etwas vor.
Wir mussten noch einige Meter zurücklegen, um an die Ruine heranzukommen. Es wäre kein Problem gewesen, hätte es nicht die überwachsenen Trümmerhügel gegeben.
Wir hatten schon unsere Probleme, den richtigen Weg zu finden und mussten auch damit rechnen, aus einem Hinterhalt heraus angegriffen zu werden. Das passierte nicht, denn von den drei Dorfbewohnern war nichts zu sehen. Aber auch nichts von den Personen, die hier die Zeiten überlebt hatten oder wieder erweckt worden waren. Es gab eigentlich nur die Lichtquelle, und darauf bewegten wir uns zu.
Viel war durch das Zusammenbrechen des Baus verschüttet worden, aber nicht die Öffnung oder der Zugang, durch den der Lichtschein aus der Tiefe her nach außen schien.
Das Licht flackerte nicht, aber es zitterte leicht. Uns wurde auch ein guter Blick in das Innere gestattet.
Wir konnten die Steinwände sehen, die feucht schimmerten. Die ersten Stufen einer Treppe fielen uns auf.
Suko nickte. »Okay«, sagte er, »jetzt wissen wir, wo wir hinmüssen.«
»Ich liebe Treppen.«
»Das weiß ich.«
Mein Freund hatte sich kampfbereit gemacht. Die drei Riemen der Dämonenpeitsche waren ausgefahren, und er hatte die Waffe mit dem Griff nach unten in den Hosenbund gesteckt.
Mit der Hand klopfte er leicht dagegen. »Diesmal wird man mich nicht überraschen. Ich bin das gebrannte Kind, das das Feuer scheut.«
Der letzte Blick in die Runde. Wir sahen keine weiteren Personen, die sich in unserer Nähe herumtrieben, was uns allerdings nicht unbedingt beruhigte. Zu rechnen war mit allem. Suko ließ mir den Vortritt. Ich brauchte mich nicht mal zu bücken, um die Höhle betreten zu können. Nach dem ersten Schritt schon erwischte ich die oberste Stufe, blieb dort allerdings stehen und warf einen Blick nach unten, um mir die
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