1295 - Feuerfluch
wusste ich es auch nicht. Ich konnte nur raten. »Das Feuer wird sie angelockt haben. So müssen wir davon ausgehen, dass man sie in die Ruine lockt. Etwas anderes fällt mir nicht ein.«
»Mir auch leider nicht.«
»Ich denke, wir sollten sie stoppen, bevor es zu spät ist.«
»Wie denn?«
Im Moment verstand ich Sukos Reaktion nicht. »Es sind auch andere von uns gestoppt worden. Denk an Proctor und…«
»Alles klar.« Er sagte es so, dass ich genau merkte, dass nicht alles klar war. »Nur hast du vergessen, dass Proctor gestorben ist. Es könnte sein, dass dein Kreuz daran die Schuld trägt. Okay, wir können sie stoppen, aber willst du hier verbrannte Tote haben?«
Manchmal hat man eben ein Brett vor dem Kopf. Suko hatte natürlich Recht. Es stimmte, was er gesagt hatte. Diese Menschen standen unter einem dämonischen Einfluss. In ihnen steckte der Feuerkeim, den erst mein Kreuz hervorholen würde. Was dann passierte, das hatten wir leider Gottes erleben müssen.
»Was schlägst du vor?«
Suko zuckte mit den Schultern. »Wir sollten abwarten und sie zunächst in Ruhe lassen. Es kann sein, dass man ihnen bestimmte Befehle übermittelt hat. Mal sehen, was sie vorhaben.«
»Es kann auch umgekehrt laufen«, sagte ich nach einer kurzen Pause des Nachdenkens.
»Du meinst, dass sie zur Ruine gehen?«
»Genau. Und dort werden sie dann auf ihre beiden Mentoren oder Meister treffen. Die wollen gar nicht ins Dorf kommen. Die fühlen sich in ihrer Höhle viel wohler.«
»Dann wissen wir ja, wohin uns der Weg führen wird.«
Noch war es nicht so weit, denn die vier Männer standen beisammen. Sie sprachen flüsternd miteinander. Aber sie waren von dem Kerl mit der Mütze aufgeklärt worden, denn sie schauten hin und wieder die Straße hinab und dort standen wir als zwei Ziele.
»Unser Erscheinen scheint sie durcheinander gebracht zu haben«, sagte ich leise.
»Sehe ich auch so.«
Sie hatten sich entschieden, und sie schickten den Mützenträger los, der mit langen Schritten auf uns zukam und dabei sein Rad fest hielt. Er schob es neben sich her, und diesmal waren seine Bewegungen sehr zielstrebig.
Ich stieß Suko an. »Sieht so aus, als wolle er jetzt zu anderen Maßnahmen greifen.«
»Bleib du dann weg.«
»Warum?«
»Denk an dein Kreuz.«
»Okay.«
Keiner von uns wollte noch einen Toten. Deshalb zog ich mich zurück und überließ Suko die Initiative.
Ich blieb am Rand der Straße stehen und wurde von der Dunkelheit verschluckt. Auch in den folgenden Sekunden blieb ich der Beobachter, was mir verdammt schwer fiel.
Der Mann sah nicht aus, als wollte er vor Suko stoppen. Er verkürzte seine Schritte nicht, er ging auch nicht langsamer, und er schob auch weiter sein altes Rad neben sich her. Er baute sich auf, und es passiert etwas, das mir gar nicht gefiel, denn plötzlich leuchtete es in seinen Augen feurig rot. Man konnte den Eindruck bekommen, Flammen in seinen Pupillen zu sehen, die durch sein schnelles Laufen noch flackerten und einen Widerschein zu beiden Seiten des Gesichts hinterließen.
Suko brauchte ich nicht zu warnen. Er sah es selbst, und er wusste auch, was er zu tun hatte.
Trotzdem wurde er überrascht. Mit einer harten Bewegung schob der Mann sein Rad vor und ließ es dann los. So fegte es auf Suko zu.
Aber Suko wäre nicht Suko gewesen, hätte er dies so einfach hingenommen. Genau im richtigen Augenblick schnellten seine Arme nach vorn und griffen zu.
Mit dieser blitzschnellen Bewegung hatte er den Lenker des Rads umklammert. Er schleuderte das Ding zur Seite, um freie Bahn zu haben.
Der Mann griff sofort an. Es gab keine Warnung. Er schrie nicht, er lachte nicht, er wuchtete sich einfach nach vorn. Suko war waffenlos. Das heißt, er hielt weder seine Beretta noch die Dämonenpeitsche in der Hand. Meiner Ansicht nach hatte er seinen Gegner unterschätzt, der sich an ihm festkrallte und ihn hart zurückstieß.
Mein Freund ließ sich fallen. Er kannte alle Tricks. Er wollte den Angreifer durch einen Tritt an die richtige Stelle über seinen Kopf hinwegschleudern und sich so von ihm befreien.
Die Gestalt flog zwar hoch, verlor auch ihre Mütze, aber sie kippte nicht nach vorn, denn mitten in der Bewegung erlahmten Sukos Kräfte. Der Mann fiel auf ihn.
Da sah ich das Feuer. In den Augen leuchtete es rot auf. Aber nicht nur dort. Etwas passierte, was ich bisher nie erlebt hatte. Die gesamte Gestalt wurde von einer von innen nach außen drückenden Glut erfasst, sodass sie aussah, als
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