1297 - Das Blutsee-Quartett
gesehen, doch der war ihnen entkommen. Für sie war es nicht weiter tragisch, denn sie hatten gespürt, dass die Menschen irgendwie die gleichen geblieben waren. Nach wie vor floss etwas Bestimmtes durch ihre Adern.
Blut!
Wie auch damals schon in ihrem Land, in ihrer längst vergessenen Heimat. Es war etwas Wunderbares. Endlich war für sie die lange Zeit des Wartens vorbei.
Blut! Sie würden es bekommen, das wussten sie genau. Und sie würden wieder sehr stark werden…
***
Suko hatte das Kloster verlassen und war in die Dunkelheit hineingetreten. Aus den Fenstern hinter ihm drangen auch nur schwache Lichter, sodass das Dunkel ihn umfangen hielt wie ein gewaltiges Tuch.
Er schaute zum Himmel, der sich als breite Fläche über den Gipfeln der Berge abzeichnete, die manchmal aussahen wie Raubtiere, die sich zum Schlafen hingelegt hatten und nur ihre gezackten oder abgerundeten Buckel in die Höhe drückten.
Die Flanken der Berge warfen Schatten, die bis tief in die oft engen Täler hineinreichten, als wollten sie dort etwas vor den Augen der Menschen verbergen.
Es war keine Welt für Menschen. Nichts für Romantiker. In dieser Luft und in dieser Dunkelheit musste die Natur jedem Menschen feindlich vorkommen.
Auch Suko empfand es so, als er auf den Fiat zuschnitt. Er hörte nur seine eigenen Schritte, ansonsten hüllte ihn Stille ein.
Neben der Fahrertür blieb er für einen Moment stehen. Der letzte Blick in die Runde. Das Kloster war noch nah. Trotzdem kam es ihm recht weit entfernt vor. Wie eine andere Welt, die für ihn tabu war.
Ob der Plan wirklich gut war, wusste er nicht. Suko hatte seine Zweifel, doch er wollte ihn auch nicht rückgängig machen. Er hätte die anderen nur verunsichert. Er war zwar nicht scharf darauf, einen Vampir oder Dämon zu treffen, andererseits jedoch wollte er endlich Klarheit haben.
Dieses Quartett war kein Hirngespinst. Er glaubte Cotta. Und er wusste, dass sie etwas unternehmen würden und mussten, wenn es Vampire waren.
Alte Vampire, sehr alte…
Der Inspektor schloss die Wagentür und stieg ein. Er ließ den Motor an. Auch in das Innere war diese feuchte Kälte hineingekrochen, die in den Tälern lag. Dabei lagen die Temperaturen nicht mal so tief, aber es war diese Feuchtigkeit, die sich durch nichts aufhalten ließ.
Der Motor sprang an. Danach folgte das Licht, und zwar das Fernlicht, das die Dunkelheit mit seiner grellen Helligkeit zerstörte und gegen eine Wand fiel.
An ihr musste Suko vorbeifahren, um den schmalen Weg zu erreichen, der talwärts in den Ort führte.
Er wäre gern schneller gefahren. Das ließ die Strecke jedoch nicht zu. Obwohl er sie bereits kannte, war er sehr vorsichtig und nahm sich besonders vor den engen Kurven in Acht. Da brachte ihm auch das Fernlicht keinen großen Gewinn. Manchmal sah es so aus, als würde es von den Wänden oder den Spalten darin verschluckt. Rechts und links ragten die schwarzen Schatten in die Höhe, und sie kamen ihm wie eine zu Fels gewordene Drohung vor, die schon seit Jahrtausenden an der gleichen Stelle stand und den Menschen Furcht einjagen wollte.
Glatt war die Straße nicht. An manchen Stellen hatte sich Geröll abgelagert. Zum Glück waren die größeren Steine zur Seite geschafft worden, und über die kleineren Hindernisse rumpelten die Räder hinweg. Ein Geländewagen wäre besser gewesen, doch Suko konnte sich keinen herbeizaubern.
Mal eine Kurve. Dann wieder eine kurze Gerade. Danach die Kurve. Mal enger, mal breiter. Suko hatte nicht mitgezählt, wie oft er auf die Bremse hatte treten müssen, und die Bedrohung, die irgendwo unsichtbar im Hintergrund lauerte, hatte er vergessen.
Bis zu dem Zeitpunkt, als die Felswände an den Seiten weiter zurücktraten, er zwar nicht unbedingt viel Platz bekam, jetzt aber besser fahren konnte und auch den kleinen Ort Bova sah, der nun vor ihm lag wie eine Filmkulisse.
Es brannten zwar Lichter, die jedoch verteilten sich auf die verschiedenen Häuser, die auch nicht alle auf einer Ebene standen. So leuchtete es auch aus den Felsen, wie man beim ersten Hinsehen meinen konnte. Er sah auch Lichter auf den Stegen oder Brücken, und trotzdem kam ihm der kleine Ort in den Bergen wie tot vor.
Er hörte auf sein Gefühl. Irgendwas stimmte hier nicht. Bova war kalt geworden. Es gab kein Leben mehr. Wenn doch, dann hielt es sich versteckt.
Suko stoppte kurz. Er suchte den Turm der kleinen Kirche, denn dort würde er Sella, den Pfarrer, finden können. Beim zweiten
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