1297 - Das Blutsee-Quartett
geben. Das ist mein Vorschlag.«
Suko und ich schauten uns an, während sich der Pilot heraushielt. Beide fanden wir den Vorschlag nicht schlecht. Suko meinte noch: »Dass ich fahren werde, ist klar.«
»Sicher.«
»Dann sind Sie einverstanden?«, erkundigte sich Anselmo.
Wir waren es.
»Gut, ich werde dann telefonieren.« Er stand auf und entfernte sich von uns. Jetzt meldete sich auch Paolo Cotta wieder. »Mein Gott«, sagte er leise, »was Sie für einen Ärger mit mir haben, obwohl Sie dieses Quartett noch nicht zu Gesicht bekommen haben. Aber trotzdem lassen Sie sich auf das alles ein.«
Ich lächelte ihm beruhigend zu. »Machen Sie sich keine Gedanken, Paolo. Dass eine gewisse Justine Cavallo hier aufgetaucht ist, reicht aus. Sie ist für uns Motivation genug. Und wenn sie mitmischt, geht es zumeist um eine große Sache.«
»Nun ja, Sie wissen es besser.«
Der Mönch kehrte zurück. Als wir sein Gesicht sahen, entging uns nicht das Lächeln. »Ich habe mit Luciano Sella gesprochen und brauchte nicht viele Worte zu machen. Er wartet auf Suko. Bisher allerdings haben sich noch keine Fremden in Bova gezeigt. Abgesehen von Ihnen, John, und von Suko. Das hat sich schon herumgesprochen. Deshalb kann es gut sein, dass die vier den Ort überhaupt nicht aufsuchen und etwas ganz anderes vorhaben.«
Seine Erklärung hatte uns unsicher werden lassen. Es konnte tatsächlich zutreffen, sodass wir völlig falsch lagen. Aber irgendeinen Plan musste dieses Quartett haben. Sie waren nicht grundlos aus dem Blutsee gestiegen. Sie waren erwacht, und wahrscheinlich hing dies mit den Erdstößen in der letzten Zeit zusammen. Sie waren wie eine Botschaft gewesen, die auch von Justine Cavallo verstanden worden war. Und wir mussten davon ausgehen, dass es sich um Vampire handelte oder um eine Abart von ihnen. Wobei mich dieser Gedanke nicht loslassen wollte.
Ich dachte auch daran, dass diese Brut unheimlich lange versteckt in der Erde gelegen hatte. Konserviert durch den Blutsee. Das brachte mich auf den Gedanken, dass sie eine besondere Art von Blutsaugern waren. Alte vielleicht. Nein, der Begriff reichte nicht aus. Uralte. Welche, die wir gar nicht kannten, die wir noch nie zuvor erlebt hatten, weil sie in einer sehr fernen und längst vergessenen Zeit existierten, wobei sich dann noch die Frage anschloss, ob es überhaupt mal Menschen gewesen waren.
Allmählich begann ich mich mit diesem Gedanken anzufreunden. Der Beschreibung nach hatten sie wie Menschen ausgesehen, doch der Körper ist auch nur eine Hülle, und ich hatte erlebt, dass er auch austauschbar war, da brauchte ich nur an die Kreaturen der Finsternis zu denken. Daran hakte ich mich fest und warf den Gedanken nicht so weit fort, dass wir es hier mit Kreaturen der Finsternis zu tun hatten.
Ich war so in Gedanken versunken, dass mir Sukos Aufstehen völlig entging. Erst als er mich antippte, schrak ich leicht zusammen.
»He, ich fahre jetzt los.«
»Sorry, aber ich habe nachgedacht.«
»Und?«
»War nicht so schlimm.«
Bruder Anselmo drückte Suko einen Zettel in die Hand. Er hatte die Telefonnummer aufgeschrieben, unter der er zu erreichen war. »Sicher ist sicher.«
»Danke.« Suko lächelte, als er mir auf die Schulter schlug. »Bis später dann.«
»Okay, und halte die Ohren steif.«
»Mal schauen…«
Glücklich war ich nicht, als ich Suko nachschaute. Aber im Moment sah ich leider keine bessere Lösung…
***
Sie waren alt - uralt!
Sie hatten Zeiten überdauert. Sie hatten in einer völlig anderen Welt gelebt, die nun nicht mehr existierte. Es war zu gewaltigen Veränderungen gekommen, und in ihrer Welt war nichts mehr geblieben.
Da war eine Katastrophe in die nächste übergegangen. Die Erde und damit auch die Tiefe hatten diesen Veränderungen nicht standhalten können, es hatte sich etwas völlig Neues entwickelt, aber sie waren unter dem Neuen begraben worden für alle Zeiten.
So hatten sie gedacht. Doch es war anders gekommen.
Wieder rumorte die Erde. Wieder gab es Umschichtungen. Es kam etwas frei, was eigentlich nicht hätte frei kommen sollen, aber es war zu ihrem Vorteil gewesen, denn es hatte sie hochgespült, und so waren sie in die für sie völlig neue Welt gelangt.
Die alte Welt war für sie verschwunden. Sie existierte höchstens noch in ihrer Erinnerung, und in der für sie neuen Welt mussten sie sich erst zurechtfinden.
Eine leere Welt, eine andere. Aber eines war trotzdem geblieben. Es gab Menschen. Einen hatten sie
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