1298 - Atlantis-Vampire
Worten immer leiser geworden, und jetzt krampfte er auch seine Hände zusammen, um dabei ein stummes Stoßgebet gen Himmel zu schicken.
Ich verhielt mich in den folgenden Sekunden ebenso still wie Paolo. Der Mönch sollte sich erst sammeln. Zwar schaute er uns an, er blickte jedoch durch uns hindurch und fixierte einen fiktiven Punkt irgendwo im Raum.
Es war sehr still geworden. Wir hörten sogar das »Atmen« des Ofens, der in einer Ecke stand und mit Holz beheizt wurde. Hinter der Sichtscheibe glühte es rot, als hätte die Hölle hier ein Zeichen hinterlassen.
»Keiner hat den Tod des Mannes verhindern können«, sagte er mit leiser Stimme. »Er muss auf eine schlimme Art und Weise gestorben sein. Der Pfarrer hat ihn mir beschrieben. Der Killer ist wohl über ihn hergefallen wie ein Raubtier.«
Ich hielt meine Frage nicht länger zurück. »Und was ist mit meinem Freund Suko?«
»Er war da.«
»Und weiter?«
Der Mönch schluckte. »Er hat auch den alten Pfarrer getroffen. Suko kam hinzu, als die Menschen aus Bova die Leiche umstanden und völlig entsetzt waren. Ich kann sie verstehen, denn hier haben wir fast etwas Ähnliches erlebt.«
»Was hat er getan?«
»Tja, was hat er getan? Er wollte auf keinen Fall, dass ihn jemand unterstützt. Auch Monsignore Sella nicht. Er sollte sich ebenso zurückhalten wie die Bewohner. Ich habe ihn in seiner kleinen Wohnung nahe der Kirche erreicht.«
»Gut. Hat sich denn in der Zwischenzeit etwas ereignet?«
»Ich denke nicht. Der Pfarrer wusste mir auch nichts zu sagen. Er betet, dass nicht noch mehr passiert. Ihr Freund Suko hat sich wohl allein auf den Weg gemacht.«
»Das denke ich auch. Dann geht er zudem davon aus, dass sich der oder die Mörder noch im Ort aufhalten.«
»Wollen Sie denn auch hin?«, fragte Anselmo spontan.
»Nein, auf keinen Fall. Ich nehme an, dass die Musik an zwei verschiedenen Orten spielt.«
»Sie werden also im Kloster bleiben?«
»Ja.«
»Und haben Sie keine Angst um Ihren Freund und Kollegen?«
Ich lächelte vor meiner Antwort. »Eine gewisse Furcht ist latent vorhanden. Auf der anderen Seite jedoch weiß ich aus Erfahrung, wie gut Suko sich wehren kann und wie groß seine Erfahrungen sind. Die stehen den meinen in nichts nach.«
»Dann gibt es wohl auch Hoffnung.«
»Die gibt es immer, Bruder Anselmo…«
***
Suko war in Bova unterwegs, und er wusste, dass er sich richtig verhielt. Dafür hatte man ihm zwar noch keinen Beweis geliefert, doch er verließ sich auf Erfahrungswerte und zudem auf sein Gefühl, das ihm sagte, hier richtig aufgehoben zu sein.
Er hatte die Piazza verlassen, die praktisch einem Präsentierteller glich, auf dem er sich nicht eben wiederfinden wollte. Er sah sich als Jäger an, und als Jäger war es besser, wenn man sich im Hintergrund hielt, jedoch so viel wie möglich unter Kontrolle hatte. Das Wild sollte ihm nicht zuvorkommen.
Dass der alte Pfarrer in seinem Haus verschwunden war, sah Suko als vernünftig an. Er sollte dort auch um alles in der Welt bleiben und nur nicht den Helden spielen.
Er selbst suchte sich den eigenen Weg.
Bova konnte wirklich nicht als ein normales oder typisches Dorf bezeichnet werden. Es war für einen Fremden einfach zu unübersichtlich. Es lag nicht auf einer Ebene. Man hatte die Häuser in die Felsen hineinbauen müssen. Viele Stellen konnten nur über Treppen oder kleine Brücken erreicht werden, von denen der Blick immer wieder in die dunkle Tiefe fiel.
Allerdings war es nicht stockfinster. Mit den Außenlampen war man zwar sparsam gewesen und hatte sie nur an gewissen strategisch wichtigen Stellen aufgebaut, doch die Bewohner hatten nach dem schlimmen Vorfall reagiert und die Dunkelheit aus ihren Häusern vertrieben. Von einer Festbeleuchtung konnte zwar nicht gesprochen werden, aber es gab kein Haus, in dem nicht das Licht brannte.
Hinzu kam die Nähe zu Weihnachten. So waren zahlreiche Fenster durch Lichter geschmückt worden, und auch vor manchen Häusern oder auf Dächern standen beleuchtete Tannenbäume, die wie Zeichen der Hoffnung in die Dunkelheit hineinstrahlten.
Wo konnte sich der Mörder versteckt halten?
Mit dieser Frage beschäftigte sich Suko intensiv. Und ebenso intensiv stellte er sich vor, was er tun würde, wenn er an der Stelle dieses Killers gewesen wäre.
Auf Beute lauern. An einer Stelle, die dunkel genug war. Von der man allerdings auch die erhellten Gassen beobachten konnte.
Einen Überblick konnte er sich nur verschaffen, wenn er zu
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