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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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reden würden. Es ging nicht, sie fanden einfach die Worte nicht füreinander. Seine Miene verzog sich schmerzlich; es tat ihm weh, so deutlich zu sehen, daß sie litt. Sie ging fast noch aufrechter als sonst, aber man spürte die Anstrengung dahinter, spürte, wie sie sich nur unter Aufbietung all ihrer Kraft so geradehielt. Ihre straffe Kraft — vor einer Woche selbstverständlich — war nun nur noch vorgetäuscht, nur noch äußere Form. Weshalb nur, weshalb? Was war mit ihr geschehen? Trug er die Schuld an dieser Veränderung? Was hatte er ihr getan?
    Als sie die Stelle erreichten, wo rechts der Feldweg um Haus und Garten herum zur Wiese abzweigte, vergaß er das Grübeln plötzlich. Sein Blick war auf etwas Rotes gefallen, hinter dem Wieseneingang. Huberts Schopf!
    Er stellte die Pakete auf den Boden. »Ich bin sofort wieder da .« Und er lief mit langen, gleitenden Schritten geräuschlos auf die Wiese zu.
    Frau Martha schrak auf. Auch sie war in Gedanken versunken gewesen, in die ständige Wiederholung der trostlosen Gedanken der vergangenen Nacht. Sie hatte eine Pflicht erfüllt, als sie heute einkaufen fuhr, ihre letzte vermutlich auf diesem Posten. Der Gedanke hatte sie den ganzen Tag über verfolgt, und mit geheimem Grauen sah sie dem Moment der Heimkehr entgegen, dem Augenblick, wo Schwester Monika sagen würde: »Herr Ess hat angerufen. Er möchte Sie sprechen .«
    Und nun lief ihr Mann fort und ließ sie allein hier stehen, mitten auf dem Weg, zwischen all ihrem Gepäck. Sie blickte ihm nach. Er lief geduckt im Schutz des Gebüsches, geschmeidig wie ein Tier, den Kopf spähend vorgereckt. Es verwunderte sie maßlos, ihn so zu sehen, so zielbewußt, so auf eine ungewohnte Weise selbstsicher. Ohne recht zu wissen, was sie tat, ging sie ihm nach, angezogen von der Spannung, die sich in seiner ganzen Haltung ausdrückte; und auch sie schritt unwillkürlich vorsichtig und duckte sich sogar, bis sie hinter ihm stand und sah, was er schon bemerkt hatte.
    Sie erschrak. »Um Himmels willen, was soll...«
    »Psst !« Er preßte ihren Arm.
    Was für ein Griff! So hatte er sie noch nie angefaßt. Ihre Stimme sank zu erregtem Flüstern herab: »Was macht er denn da schon wieder? Er soll ihn doch in Ruhe lassen! Zweimal ist er gebissen worden, und jetzt geht er schon wieder auf ihn los. Verbiete es ihm! Ich dulde es nicht .«
    »Laß ihn. Davon verstehst du nichts .« Er sprach hastig, ohne den Blick von der Weide zu wenden. »Der Rotkopf ist ein ganzer Kerl. Der Esel hat ihn vor den Augen der anderen gebissen, das muß er auswischen. Aber er kann nicht an ihn ‘ran. Was macht er da? Wirft er mit einem Stein nach ihm? Schießt er mit der Schleuder ?« Die Worte sprangen abgehackt über seine Lippen, in einer Art innerem Frohlocken, das sie verwirrte. Immer noch umklammerte seine Hand ihren Arm. »Nein !« fuhr er fort. »Er riskiert es lieber, noch mal gebissen zu werden, weil er ihn nicht nur strafen, sondern zähmen will. Donnerschlag, hat der Bursche Grips! Und er weiß ihn zu gebrauchen .«
    »Zu Unfug — ja. Er ist schlimmer als die anderen zusammen. Ein Bock ist er, gerissen und böswillig. Ich wette, daß er auch das abgesägte Treppengeländer auf dem Gewissen hat .«
    Immer hatte Hubert ihr die meisten Schwierigkeiten gemacht, sich am aufsässigsten ihrer Zucht entzogen. Sie mochte ihn nicht leiden. Man wußte nie, was ihm im nächsten Moment einfiel, so wie jetzt wieder. »Ich dulde das nicht !« keuchte sie. »Man darf seine Gesundheit nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Hast du gehört, ich will das nicht !«
    Sie versuchte seine Hand abzuschütteln. Er schien es nicht einmal zu merken, hörte gar nicht zu. Wie ein Indianer spähte er hinter den Büschen her auf die Wiese, die Zähne vor Spannung in die Unterlippe gegraben, spähte unverwandt zu Hubert hinüber, auf seine vorsichtigen, überlegten Bewegungen. Es war gefährlich, was der Junge machte, überaus gefährlich. Er erinnerte sich, wie er selber dieser Tage Angst gehabt hatte, auf den vor Furcht bösen Esel zuzugehen. Hubert hatte auch Angst, er fühlte es, obgleich es nicht zu sehen war. Kein Muskel im weißen Gesicht zuckte.
    Don Chaussee schob den Sombrero aus der Stirn, hinter der die Gedanken rasten. Was hatte er vor? Wie dachte er sich die Geschichte weiter? Ein paar Schritte noch, und der Esel würde wieder beißen. Und dann? Was trug er da in der linken Hand? Der Atem des Mannes kam kürzer, fester preßten sich seine Finger um den

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