Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
Vom Netzwerk:
nur am Wetter. Wissen Sie — hick — es goß in Strömen, und das Begleitpersonal und der Lokführer wollten weiter. Und in den Papieren stand Stroh. Es ist mir so unangenehm — hick...«
    Hier griff Schwester Monika resolut ein. »Er ist ganz unglücklich, Herr Krapp .«
    »Sagen Sie um Himmels willen Don Chaussee«, murmelte der Angeredete, »ich find’ mich ohnehin nicht mehr zurecht .«
    »Ja, also, Herr Don Chaussee, wenn ich so frei sein darf, er ist ganz unglücklich, wo doch der Herr Bennekamp sowieso einen Pik auf ihn hat und immer auf ihm ‘rumhackt, was ja kein Mensch auf die Dauer aushält, nicht wahr ?« Sie sah ihn beschwörend an. »Es kann gar nicht seine Schuld sein, wo er doch immer so sorgsam ist. So pflichtbewußt. Es war das Wetter. Ja, und daß die Esel in der Tsche-Tschechoslowakei sind, da kann er ja schon gar nichts für, nicht ?« Sie hielt aufatmend inne. Jetzt war es also heraus, das Malheur. Wenn er nur nicht explodierte und auf Waldemar losging. Bei so Cowboys und solchen Leuten wußte man das ja nie.
    Herr Müller machte vor Aufregung »hick-hick-hick« wie ein Maschinengewehr.
    Don Chaussee verstand nichts von alledem. »Wieso Tschechoslowakei ?« fragte er. »Sie sind doch hier — auf der Wiese .«
    »Ach, die doch nicht. Die anderen.«
    Da freilich begriff er. Es wurde ihm schwarz vor den Augen. Martha! Sie durfte davon nichts erfahren. Nicht heute abend. Das wäre zuviel für sie. Und für ihn. »Wie lange wird’s denn dauern ?« murmelte er matt. »Voraussichtlich?«
    Diesmal fühlte sich Herr Müller selbst angesprochen. Don Chaussees offensichtliche Milde und die Tatsache, daß er keinen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, dämmten sogar den Schluckauf bis auf ein erträgliches Maß ein. »Es ist sehr weit, wissen Sie. Es war nämlich ein durchgehender Transport. Ein paar hundert Tiere. Von Irland in die Tschechei. Eine Wurstfabrik hat sie gekauft. Und nun — hick — sind sie längst in Österreich. Herr Bennekamp läßt Ihnen sagen, daß er schon dem Empfänger geschrieben hat wegen der weiteren Maßnahmen. Einfach hinterherschicken lohnt ja nicht, weil es nur so wenige sind. Er meint, Sie würden vielleicht — hick — so liebenswürdig sein, die Tiere noch ein paar Tage zu behalten. Bis es sich geklärt hat .« Und beim Anblick des völlig vernichtet dastehenden Don Chaussee fügte er tonlos, nur von einem einzigen grellen »Hick« unterbrochen, hinzu: »Es tut mir ja so schrecklich leid...«
    Don Chaussee blickte auf Waldemar Müllers zerrauften Schopf, die verstörten Augen, die wie Glasmarmeln vorquollen, auf die Knickerbocker und die hilflos auseinandergespreizten Füße in Reformsandalen; er blickte in Schwester Monikas rosiges, in seiner augenblicklichen Ängstlichkeit ganz kindlich aussehendes Gesicht; er blickte in die Wiesenecke, in der — kaum noch erkennbar in der Dämmerung — ein Haufen elender alter Esel gierig rupfte und kaute; er blickte schließlich zum Haus hinüber, zu Huberts Krankenzimmer und durch die Küche auf die Tür zum Wohnraum, in der Martha Socken strickte, und lachte plötzlich los, lachte laut und schallend und so zwingend ansteckend, daß auch der niedergeschmetterte Waldemar und die wieder munter werdende Monika einfielen.
    Prustend, die Hände vor den Mund gepreßt, standen sie in der Dunkelheit da, keuchend vor Lachen, für den Moment wenigstens von einer Riesenlast befreit, und wischten sich die Tränen von den Backen.

4. Kapitel

    Don Chaussee hatte seine Frau von dem betrüblichen Fortlauf der Eselsangelegenheit nicht unterrichtet. Er selbst war fest entschlossen, von nun an die Esel mitsamt allen weiteren Malheuren als schicksalsgegeben hinzunehmen, aber sein Instinkt, entwickelt in einem halben Leben auf den Landstraßen der Welt, hatte ihn gewarnt, mit seiner Frau darüber zu sprechen. Eine ganze Nacht hatte er noch Zeit. Wer weiß, was in dieser Nacht alles geschah. Manchen Dingen im Leben kann man nicht entgehen, auch nicht durch Warten und Verzögern. Andere hinwiederum erledigen sich von selbst. Oder mit kleiner Nachhilfe.
    Nach dem ersten Blick auf Herrn Ess wußte er, daß sein Instinkt ihn richtig beraten hatte.
    Herr Ess war ein tatkräftiger Mann Mitte Sechzig, gesund, gepflegt, drahtig, ziemlich groß; ein erfolgreicher Selfmademan, der nun, gegen Ende seines Lebens, gerne bereit war, gutes Geld in eine gute Sache zu stecken. Man traute ihm das Heim durchaus zu. Über einem breiten Mund und ziemlich schmalen,

Weitere Kostenlose Bücher