13 alte Esel
über vierzig Jahren !«
Don Chaussee stimmte ihm herzhaft bei, und zu Frau Marthas steigendem Ärger entwickelte sich, unter Zuhilfenahme von Eierlöffeln und nachdrücklichem Klirren des Frühstücksporzellans, ein überaus lebhaftes Gespräch über die Zulässigkeit der Verwurstung altersmüder Esel. Frau Martha machte diese Männerdiskussion böse. Schließlich standen nicht alte Esel zur Debatte, sondern alte Esel in ihrem Heim! Wenn Herr Ess ein Altersheim für Esel einrichten wollte, so sollte er es von ihr aus tun, wenngleich sie es für eine schändliche Verschwendung guten Geldes hielt, aber von hier sollte er die Tiere schleunigst wegholen.
Sie berichtete von den außer Rand und Band geratenen Kindern, dem total verwüsteten Garten, dem Rosenbeet, dem bettlägrigen, gebissenen Hubert. »An einem einzigen Tag Mehrarbeit für Wochen! Noch nie, solange die Kinder mir anvertraut sind, hat es einen solchen Rückfall in ihr früheres Verhalten gegeben; die Erziehungsarbeit von Jahren ist gefährdet !«
Das beeindruckte Herrn Ess sichtlich. Gleichwohl meinte er gelassen: »Ich werde mir den Schaden besehen. Am besten gehen wir zuerst zu Hubert hinein, und anschließend zeigen Sie mir den Garten. Danach entscheiden wir, was geschehen soll .«
Don Chaussee nickte anerkennend.
Im Schlafraum der Jungen standen sechs Betten, dreimal je zwei übereinander, sechs schmale Spinde, sechs Hocker und ein Krankentischchen. Wie das ganze Haus, war auch dieser Raum peinlich sauber, vom Boden hätte man essen können. Don Chaussee fand dieses Lieblingswort seiner Frau freilich überflüssig: Wer wollte denn schon vom Boden essen? Die Spinde waren verschlossen und hielten der strengsten Inspektion stand.
»Alle Hemden auf Kante, die Strümpfe werden nachgeschoben, wenn vorn ein Paar herausgenommen wird. So ist mit einem Blick zu übersehen, ob etwas fehlt«, sagte Frau Martha stolz. »Nun, Hubert«, fuhr sie, sich umwendend, mit milderer Krankenpflegerstimme fort, »wie geht es... ?« und verstummte.
Es war mit einem Blick zu übersehen: Hubert fehlte.
»Ja, aber, vor einer Stunde erst...? Der Arzt hatte doch ausdrücklich Bettruhe — Schwester Monika !«
Doch auch Schwester Monika hatte keine Ahnung, wo Hubert nach dem letzten Umschlag geblieben war. Sein Bett war notdürftig zugelegt, die Sachen waren weg.
Während die Frauen aufgescheucht und ratlos das Haus absuchten, stand Don Chaussee nachdenklich grinsend vor zwei brandneuen, kalikogerahmten Sprüchen über dem Bett des Verschwundenen. Sie lauteten: »Die Arznei kommt von dem Höchsten. Sir. 38,2« und: »Wer sündigt, der muß dem Arzt in die Hände fallen. Sir. 35,15 .« Darüber lief quer, offensichtlich mit der linken Hand und einem ungespitzten Schreinerbleistift in beträchtlicher Wut geschrieben, ein Wort: »Quatsch!!!«
»Was ist denn das ?« erkundigte sich Herr Ess perplex.
Don Chaussee schob den Sombrero mit zwei Fingern aus der Stirn. »Erziehung«, murmelte er. Er nahm die kommentierten Sprüche von der Wand, riß sie in kleine Fetzen und ließ sie mit entschuldigendem Räuspern in seiner Tasche verschwinden. »Könnte Anlaß zu Mißverständnissen geben .«
Herr Ess schüttelte den Kopf. Mit einem Mal sprang in seinen kleinen schlauen Augen ein Funke auf. Er faßte den anderen beim Arm und zog ihn nach draußen: »Kommen Sie, machen wir einen Spaziergang. Ich möchte mit Ihnen sprechen... Zigarre?« Er bot sein Etui an.
»Wenn’s Ihnen nichts ausmacht, lieber Pfeife .«
Herr Ess nickte und ging mit langen Schritten in den Park hinein; Don Chaussee trottete nebenher. Sie rauchten schweigend, betrachteten die Zerstörungen ringsum.
»Kein Schaden«, sagte Herr Ess unvermittelt, und seine Stimme hatte einen winzigen bitteren Unterton.
Don Chaussee erfaßte ihn eher noch als die Worte. Er nickte. Sein Pfeifenstiel wies auf den Weg. »Sitzt genug drin. Man muß es nur wachsen lassen .«
»Oh!« Herr Ess sah verblüfft auf den kleinen Mann neben sich, der ihn sofort verstanden hatte. »Reden Sie weiter .«
»Das zerbrochene Geländer kann weg. Da müßte eins aus Birke hin, einfach so zusammengeschlagen. Die Zementplatten von den Treppen könnte man ausgraben und um die Pumpe hinterm Haus legen, da ist der Sand so matschig. Man müßte dann irgendwo feste Grasplaggen ausstechen, ich wüßte schon die richtige Sorte, gut eingetretenes Gras. Die Büsche wachsen von selbst dichter...«
»Nur die unteren Äste schneiden Sie weg, sonst gehen alle
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