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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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Sie hatte in einem Reklameheftchen, dessen Umschlag zehn zwischen Rosa und Purpur schillernde Riesenkrallen zierten, gelesen, der millimeterschmale freie Streifen zwischen Lack und Nagelrand kennzeichne die Dame. Der Virtuosität nach zu urteilen, mit welcher sie millimeterschmale Zwischenräume fabrizierte, hatte sie dieses Ziel ihrer Sehnsucht bereits jetzt erreicht. Dank ungezählter Bibelsprüche.
    »Ich will meinen heiligen Namen nicht länger schänden lassen. Hes. 36, 23«, schrieb Andreas. Er schrieb es stumpf, mit verschlossenem Gesicht und leeren Augen. Es war ihm egal, was er tat — alles war ihm egal. Achselzuckend führte er aus, was immer die Erwachsenen ihm befahlen, müde und in dumpfer Gleichgültigkeit. Er lehnte sich nicht auf, wie Leo oder Hubert; er wußte gar nicht, was das war: auflehnen. Solange er sich entsinnen konnte, war er geschoben worden und hatte er sich schieben lassen, von einer Hand in die andere, von einem Heim ins andere. Alle hatten, ihre eigenen Tricks gehabt, die man bald schon gleichgültig herauskriegte und nach denen man sich ebenso gleichgültig richtete, damit sie einen in Ruhe ließen. In dem einen Heim bekam man ab mittags nichts mehr zu trinken und wurde nachts eingesperrt, in einem anderen mußte man für die Lieblinge vom Chef die Arbeit mittun, weil sie einen sonst hinter der Hecke »zwischennahmen«. Und bei einer Pflegemutter, einer dreckigen, dicken Schlampe, hatte er tagaus, tagein auf den brüllenden Siegfried aufpassen müssen, den sie mit zwei Jahren noch nicht aus dem Bett nahm, damit er weniger Last machte. In einem Zimmer im vierten Stock war das gewesen, zum Hof ‘raus, unter einem Teerdach. Im Sommer war es stickigheiß gewesen und im Winter lausekalt, weil die Schlampe meist nicht da war und dann kein Feuer anmachte. Alles egal. Er hatte nie etwas bekommen und nie etwas gegeben. Ganz früher war er mal bei einer Großmutter gewesen; die war gestorben, und er konnte sich kaum noch erinnern. Nur an die Sache mit dem Hamster dachte er manchmal. Nicht oft. Es waren eklige Gedanken, und ändern konnte man doch nichts. Man konnte überhaupt nichts ändern. So zuckte er die Achseln, schwieg und schrieb.
    »I-aa sehn«, schrie Uwe aus dem Schlafzimmer, mit krebsrotem Gesicht an den Stäben seines Bettchens rüttelnd, »Uwe I-aa sehn !« Schwester Monika rannte aus der Küche herbei. Sie wußte einfach nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Jetzt war glücklich auch der langweilige Uwe, der sich sonst schweigend herumschleppen oder mit ein paar Klötzchen in eine Ecke setzen ließ, von der allgemeinen Unruhe angesteckt. Fortwährend quengelte er: »I-aa sehn«, »I-aa minnehm«, »I-aa teichein .« Sie konnte kein I-aa mehr hören! Als ob sie nicht auch ohne Esel genug zu tun gehabt hätte.
    »Schwester Monika — mein Umschlag!«
    Herrje, waren denn schon wieder zwei Stunden vorbei? Hubert wuchs sich allmählich zur Landplage aus. Mit dem Glockenschlag genau verlangte er seine Medizin und die Umschläge, und Don Chaussee hatte ihm dazu noch ,seine Uhr geliehen. Außerdem fraß er wie zwei Wölfe. Eines Tages würde er platzen. Mit flatternden Schürzenbändern schoß sie, den verheulten Uwe auf dem Arm, ins Krankenzimmer, wobei sie fast über Änne gestolpert wäre, die mit einem Tablett herauskam. »Paß doch auf«, sagte sie wütend, »was machst du denn überhaupt hier? Du sollst doch stopfen .«
    »Kann ich hier genauso gut wie draußen«, erwiderte Änne frech, »und wenn Hubert Durst hat und niemand kümmert sich um ihn, darf ich ja wohl noch ‘ne Tasse kalten Kaffee für ihn holen, oder ?« Ihre grünlichen Augen glitzerten. Bei Monika brauchte man sich keinen Zwang anzutun, die war ja dumm. Und hatte genauso viel Angst vor Frau Martha wie alle anderen.
    »Verschwinde jetzt. Ich hab’ weiß Gott genug Arbeit mit deinem Hubert, ohne mir deine Unverschämtheiten auch noch anzuhören .«
    »Pöh!« Änne zuckte die Schultern. »Ich hab’ ihn ja nicht gebissen .« Und knapp ehe sie die Tür hinter sich schloß, sagte sie hämisch: »Ich hab’ auch die Esel nicht mit Stroh verwechselt !«
    Schwester Monika schnappte nach Luft. Das ging auf Waldemar. So eine Frechheit! Am liebsten wäre sie hinterhergelaufen und hätte ihr ein paar Ohrfeigen verabfolgt.
    »Krieg’ ich nu meinen Umschlag oder nich ?« knurrte Hubert.
    »Ja, ja, ja.« Bis in die Fingerspitzen kribbelig geworden, setzte sie Uwe auf den Boden und begann zwischen Spind, Bett und Badezimmer hin

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