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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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Spruch< hast du fünfmal geschrieben, ehe du heute zu Bett gehst. Verstanden?«
    Franziska löste während des Marmeladerührens das Geheimnis um Onkel Otto. Es war indes nicht mehr wichtig. Frau Martha hörte kaum hin. Es ist etwas passiert, dachte sie immer wieder, etwas Ungeheuerliches, etwas Unmögliches: Eines der Kinder ist aufsässig geworden. Gegen mich.
    Und obwohl sie es nicht faßte, wußte sie zugleich, daß es sich jeden Augenblick mit einem der anderen Kinder wiederholen konnte. Sie entglitten ihr. Wie war das nur möglich? Sie hätte den Jungen nicht reizen dürfen, hätte sich erkundigen müssen, was die Bemerkung bedeutete. Es ärgerte sie, daß sie ihren wichtigsten Grundsatz verletzt hatte: nie etwas zu tun, was die Kinder reizen konnte. Und sie nie zu schlagen! Sie wußte, wie schwer es war, Autorität zu haben. Nur wenn man sich selber eisern in der Gewalt hatte, hatte man Gewalt über andere.
    Mit welcher Willenskraft hatte sie sich auf diesen Posten hochgearbeitet — von ganz unten, buchstäblich: aus dem feuchten Keller, wo sie die Lumpen sortierte, die ihr Vater sammelte, wenn er nicht über seinen lächerlichen Erfindungen saß. Wie hatte sie gearbeitet, Stipendien erbüffelt, nachts, wenn alle schliefen, immer nur gepeitscht von dem wilden Wunsch, aus dem Elend herauszukommen, es zu etwas zu bringen. Und sie hatte es zu etwas gebracht! Tief aufatmend konnte sie es sich bestätigen.
    Da passierte das. Und die alberne Sache auf der Treppe vorhin. Wenn sie nicht seit Tagen schon so merkwürdig unsicher gewesen wäre, hätte sie sofort gewußt, daß sich mal wieder eines dieser Tiere ins Haus verirrt hatte. Kein Grund zum Kreischen, wahrhaftig nicht. Aber sie haßte diese Esel, hatte sie von Anfang an gehaßt. Sie machten die Kinder verrückt, zerbrachen die musterhafte Ordnung im Heim. Sie waren ein ständiger Herd des Widerstandes. Man konnte sie nicht einordnen, ihnen nicht befehlen, sie nicht erziehen. Sie mußten verschwinden.
    Ihr war heiß und wirr zumute. Nur unter Aufbietung all ihrer Kraft brachte sie es fertig, äußerlich fest das Einkochen und Abfüllen der Marmelade zu überwachen, Kaffee aufzubrühen, Brote zu streichen. Irgendwo schob sich ein Gedanke an ihren Mann in die Überlegungen. Auch er fügte sich nicht. Er war lästig auf eine penetrante, unangreifbare Art. Mischte sich in ihre Angelegenheiten. Wenn er sich doch endlich mal selber etwas Vernünftiges aufbaute.
    Nun, sie durfte auf keinen Fall die Beherrschung verlieren. Das war am wichtigsten. Schlimmstenfalls mußten auch die Esel als eine Erprobung ihrer Kraft hingenommen werden. Und mit einem bitteren Auflachen fügte sie hinzu: Vielleicht erweisen sie sich so am Ende noch als nützlich.

    Hemdsärmelig, die ausgebeulte Cordhose mit den Patenthosenträgern fast bis unter die Achseln gezogen, den Sombrero zurückgeschoben und die unvermeidliche Pfeife im Mund, stand Don Chaussee vor Förster Kösters und sagte, wenngleich grinsend, so doch mit einem starrsinnigen Unterton: »Gratis !«
    Und Förster Kösters antwortete zum zweitenmal: »Wie käme ich dazu? Sie sind wohl meschugge .«
    »Nein, Sie sind sogar einer der Hauptanstifter gewesen, jawohl! Sie sollten es sich als Ehrenschuld anrechnen! Das hätte es ja nun drüben wieder nicht gegeben, daß einer was kaputt macht und dann nicht dafür aufkommen will .«
    »Nun sagen Sie nur noch, ich hätte die Geländer bei Ihnen zerbrochen und...«
    »Indirekt, indirekt«, beschwichtigte Don Chaussee, »nur sozusagen...« Dann änderte er die Richtung des Gesprächs. »Was ist es denn auch schon: ‘n bißchen Birke, hauptsächlich Aufschlag, und ‘n paar kräftige Äste und ein, zwei Stämmchen — können sogar schief gewachsen sein, und holen tu’ ich’s sowieso schon selber .«
    »Tatsächlich? Zu gütig.«
    Don Chaussee überhörte den Spott. »Da, sehen Sie sich das an«, sagte er, mit dem Pfeifenstiel auf eine emsige Gruppe weisend, »die waren bis vorige Woche nicht mal unglücklich, so unglücklich waren sie, und jetzt sind sie ganz ausgefüllt, beschäftigen sich mit was...«
    »Allerdings — mit der Wiesenecke, die meine Frau sorgfältig abgezäunt hat, um die Ziege vor dem Winter noch mal auf ‘n saftiges Grasstück zu bringen. Die wird nicht schlecht schimpfen, wenn sie aus dem Dorf zurückkommt .« Sein Unwille war freilich nicht ganz echt. Er war ein Tier- und Kindernarr, und das Bild da rührte ihn. Zwei magere Esel grasten so hastig, als sei einer

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