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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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Abendessen bleibe. Statt einer Antwort wies er auf Müntes Hof hin, wo soeben der Karren mit dem Mist aus dem Tor bog. »Sehen Sie sich unsere Esel an«, amüsierte er sich, »die machen sich tatsächlich schon nützlich. Was sagen Sie nun ?«
    »Na ja, wenn Sie das nützlich nennen!« Ihre Stimme hatte bei aller mühsam gewahrten Verbindlichkeit einen flatternden Unterton von Schärfe, wie eine Scharte auf einer sonst glatten Schneide. »In einem Bruchteil der Zeit hätten sie das bißchen Mist ohne den Esel geholt. Der ganze Nachmittag ist vertan .« /
    »Es macht ihnen aber doch so viel Freude«, warf ihr Mann begütigend ein, obwohl ihm gleich bewußt wurde, daß er besser den Mund gehalten hätte. Freude! Das war kein Argument, sie umzustimmen.
    Sie warf ihm einen unmißverständlichen Blick zu und zuckte die vollen Schultern.
    Herr Ess, aufmerksam gemacht durch die winzige Schärfe, die er hier sonst nicht gewohnt war, sah nachdenklich von einem zum anderen. Frau Martha fing den Blick auf. Er beunruhigte sie. Hastig wiederholte sie ihre Frage wegen des Abendbrotes, als Uwe aufkrähte und mit dem fetten Finger auf den Feldweg wies.
    Wieder waren Ferdi und Leo auf den Wagen geklettert, wo sie es sich auf dem Mist bequem machten und geklaute Birnen aßen; doch diesmal hielt Andreas’ Entschlossenheit, neben dem Esel herzugehen und ihm auf die Füße zu sehen, den Frotzeleien der oben Sitzenden wohl nicht stand. Als Uwe aufjauchzte, hatte er sich soeben über das linke Rad hinaufgeschwungen, um nicht für einen heillosen Narren gehalten zu werden. Kaum aber hatte er einen Fuß über der Karrenwand, als er infolge eines heftigen Ruckes auch schon der Länge nach auf den dampfenden Mist flog. Ferdi und Leo, die ihn gerade noch wegen des Nebenherlaufens einen »Knallkopp« tituliert hatten, sausten gleichzeitig wie auf einer Rutschbahn die glitschige Unterlage hinunter und fanden sich, maßlos verblüfft, mit einem Bums auf dem Feldweg wieder, von wo sie dümmlich hinter dem davonsausenden Gefährt herblickten. Andreas sammelte seine Knochen, so gut es bei dem Stuckern des ungefederten Karrens ging, stemmte sich gegen das vordere Brett und zog nach Leibeskräften an der Leine. Freilich hätte er mit dem gleichen Erfolg daumendrehen können, denn die Schlinge aus dickem Tau, die Don Chaussee dem Grautier über den Schädel gestreift hatte, saß lose und ziemlich hoch auf dem Nasenbein, und ein Eselsnasenbein ist so gebaut, daß es einen verzweifelt ziehenden Jungen nicht weiter übelnimmt.
    Irgendwann in seiner dunklen Vergangenheit hatte man Habakuk wohl beigebracht, daß er abzusausen habe, sowie sich sein Fahrer auf den Bock schwang, und diesem Gebot folgte er nun nicht nur getreulich, sondern auch — infolge der ungewohnt reichen Fütterung — mit erhöhter Geschwindigkeit. Seine hohen Hufe klapperten eilig über den Weg, der dünne Rücken hob und senkte sich hart im Galopp. Vom Rütteln geriet die Ladung ebenfalls in Bewegung und spaltete sich in zwei Teile, von denen der hintere als glänzender braungelber Schweif den Weg des Unheils markierte.
    Ferdi sprintete mit langen Sätzen quer übers Feld, um das Gespann anzuhalten, Andreas zog mit aufeinandergepreßten Lippen aus Leibeskräften, und Leo stampfte in einiger Entfernung hinterher, wobei er den Abstand durch Stimmstärke wettzumachen versuchte: »Habakuk — Dusseltier — haaalt! Mensch, Habakuk — du Rindvieh! Haaabaaa...«
    Da endlich stand er. Nicht ganz freiwillig, aber immerhin. Auf der Kurve von der Straße in den Feldweg zur Wiese, seitlich unterhalb der Terrasse, war Habakuk ein verständlicher Irrtum in der Berechnung unterlaufen: Er selber kam glatt um die Ecke, dem linken Wagenrad jedoch stellte sich eine dünne Esche in den Weg. Habakuk zappelte einen Moment lang im Geschirr wie ein Fisch an der Angel, ehe er mit der seiner Rasse eigenen Weisheit das Vergebliche seiner Bemühung erkannte und sofort nachgab. Im nächsten Augenblick schon war er hingegeben mit dem Verspeisen aller nur eben erreichbaren Blätter beschäftigt.
    Auf der Terrasse war das Schauspiel mit gemischten Gefühlen genossen worden. Don Chaussee grinste breit, Schwester Monika hielt sich die Hand vor den prustenden Mund, und Herr Ess gestattete es sich, einfach lauthals zu lachen.
    Frau Martha war außer sich. »Habakuk«, sagte sie, »ich hatte es doch...« und lief auf die Unglücksstelle zu.
    Herrn Ess sah niemand seine Jahre oder die Müdigkeit von vorhin mehr an, als

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