13 alte Esel
die Gurken, die zum Einmachen auf dem Küchentisch ausgebreitet lagen, daß sich Franziska am liebsten in den Spülstein verkrochen hätte und mit ungewohntem Eifer Gurken — und nicht ihre Hände — zu bürsten begann. Franziska vermied es ängstlich, von Frau Martha ausgezankt zu werden, wenn Herr Ess in der Nähe war, denn er spielte in ihren Zukunftsplänen eine nicht unerhebliche Rolle. Als reicher Herr würde er ihr mit Leichtigkeit einen feinen Posten in einem Frisiersalon oder einem Hutladen oder so ähnliches besorgen können; da durfte sie es vorher nicht mit ihm verderben.
Don Chaussee hatte Schwester Monika den plärrenden Uwe abgenommen, schaukelte ihn auf den Knien und erzählte von seinem Besuch auf dem Nachbarhof. Er zögerte zuerst, bemüht, nichts zu sagen, was auch nur dem Anschein nach gegen Martha gerichtet sein konnte. Sie hatte es ohnedies schwer genug. Doch Herr Ess schien nicht so genau hinzuhören.
Er lauschte mit halbgeschlossenen Augen. Sein Gesicht war erschlafft. Manchmal schien eine Wolke von Müdigkeit es zu beschatten, und Don Chaussee begriff, daß er ein alter Mann war, den so vieles gar nicht mehr interessierte. Natürlich wollte er, daß das Heim gut geführt wurde, aber er wollte es nicht so genau wissen. Martha langweilte ihn mit den trockenen Berichten. Als er von Frau Müntes Empörung hörte, belebten sich seine Züge etwas, und er lachte in sich hinein. »Das ist Mutter Münte«, sagte er, kurz wieder lebhaft werdend, »überschüttet Sie mit einem Schwall von Worten, die sie gar nicht so meint, bloß weil sie es übelnimmt, daß sie die Kinder nicht zu sehen bekommt und die Filla sich von ihr abschließt. So war sie zu uns zuerst auch. Bis unsere Kinder mehr dort waren als hier und schändlich von ihr verwöhnt wurden. Da war sie zufrieden. Eine goldene Seele.«
Don Chaussee nickte. Uwe spielte mit dem Sombrero und blubberte vor sich hin. Es saß sich gut auf der abendlichen Terrasse. Die Rosen dufteten, und die Sonne stand feierlich still über dem weiten Land, ehe sie langsam am rosa Himmel unterging. Aus dem Haus drangen halblaut Küchengeräusche. Herr Ess streckte die Beine weit von sich und trank in genüßlichen, kullernden Schlücken den Wein. Seine Miene entspannte sich. »So ist es schön«, seufzte er, »der Fabrikbetrieb ist doch mitunter eine rechte Last — dauernd Entscheidungen treffen müssen — Verantwortung tragen für so viele — und jünger wird man auch nicht gerade .«
Aus dem Feldweg neben dem Haus bog der Esel mit dem leeren Karren und den Jungen, denen sich Ferdi angeschlossen hatte, auf die Straße, ratterte ein Stück auf ihr entlang und bog in den Weg ein, der an Bormanns vorbei auf den Münteschen Hof zuführte. Die zweite Ladung Mist war fällig.
Der alte Herr auf der Terrasse schmunzelte beim Anblick der Gruppe. Ferdi hüpfte wie ein Kreisel um das Gefährt und bombardierte die anderen mit Fragen; bis nach hier oben drang das helle Fiepen seiner Stimme. Vermutlich ärgerte er sich schwarz, mittags mit Gerda ins Kino gegangen zu sein, anstatt sich den Jungen angeschlossen zu haben. Andreas kümmerte sich um seinen Esel; Leo schien eine dicke Stange anzugeben.
»Vorige Woche hat Ferdi noch Stein und Bein gejammert, daß ich ihn von hier wegnehmen solle«, wunderte sich Herr Ess, »er komme mit den anderen Kindern nicht aus, sagte er. Und jetzt...«
»Schlagen Sie ihm gleich mal vor, daß Sie ihn mitnehmen wollen .« Don Chaussee grinste.
»Um Himmels willen, mir paßt es so ausgezeichnet. Meine Haushälterin taugt zur Kindererziehung noch weniger als ich. Mein Sohn ist fast immer für die Firma unterwegs, monatelang oft; gerade hat er auf dem Balkan zu tun. Und meine Schwiegertochter ist eine bekannte Tennisspielerin und momentan zu einem Turnier in Schweden .« Seine Stimme klang wieder müde. Er zuckte die Schultern. »Ich suche schon nach einem guten Internat für die Kinder. Was meinen Sie ?«
Don Chaussee war die Frage nicht lieb. Was sollte er schon meinen? »‘n richtiges Elternhaus...«, begann er.
Herr Ess winkte ab. »Natürlich, natürlich, aber da ist nun mal nichts zu machen. Reden wir von Erfreulicherem .«
Die Jungen hatten den halben Weg hinter sich, als ein Disput auszubrechen schien. Er endete damit, daß Ferdi und Leo auf den Wagen kletterten und herausfordernd mit den Beinen baumelten. Andreas marschierte stur weiter neben seinem Esel her.
Zehn Minuten später erkundigte sich Frau Martha, ob der Gast zum
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