13 - Geheimagent Lennet in der Schlangenfestung
fünfzehn Minuten seines Lebens. Er sah sehr wohl, daß sein Vorhaben an einem seidenen Faden hing und daß sowohl sein eigenes Leben als auch das von Mira und Edmond in höchster Gefahr waren. Vor allem aber litt er darunter, daß er Montferrand nicht erklären konnte, was er vorhatte. Er wollte ja nicht Befehlen zuwiderhandeln. Im Gegenteil! Wenn sein Plan gelang, war es auch besser für den Plan des Hauptmanns.
Das wichtigste überhaupt war, den Koffer zu finden! Einer stand neben Gaspards Sessel. Aber wo war der von Casara? Wie konnte man die verschiedenen Wandschränke des Wohnmobils untersuchen, ohne Verdacht zu erregen?
Schon näherte sich Algeciras. Lennet mußte einen Weg finden...
Sidney und Casara unterhielten sich halblaut. Joe und der Braungebrannte ließen die neuen Mitfahrer nicht aus den Augen.
Gut. Dann mußte er eben zu stärkeren Mitteln greifen. Lennet schwankte und brach plötzlich zusammen. Die weichen Orientteppiche milderten den Sturz. Nun mußte sich Gaspard bewähren!
Der Agent sprang auf. Casara ebenso. Gleichzeitig landeten sie neben dem Ohnmächtigen. Jeder ergriff eine Hand, um den Puls zu fühlen, jeder hob ein Augenlid Lennets, um den Augenstand zu prüfen. Dann sahen sie sich verständnisvoll an.
Gaspard nahm seinen Koffer, öffnete ihn und tat so, als suche er ein Riechsalz.
»Nein!« stieß er in verzweifeltem Ton hervor, »Nein! Nein!«
»Beunruhigen Sie sich nicht, werter Kollege", sagte der richtige Arzt. »Ich habe immer etwas bei mir.«
Er eilte zu einem Schrank und nahm den gesuchten Handkoffer mit dem Kupferverschluß heraus. Er öffnete ihn, entnahm ihm ein Fläschchen mit Riechsalz und schloß ihn sorgsam wieder zu. Er kehrte zu dem armen ohnmächtigen Zivilgardisten zurück und schraubte das Fläschchen auf.
Gaspard zog sich etwas zurück, um Platz zu machen, wobei er seinen eigenen Arztkoffer schloß.
Casara hielt Lennet das Salz unter die Nase. Der hatte alle Mühe, nicht zu niesen... Doch dann richtete sich der angebliche Zivilgardist plötzlich brüllend auf und packte den armen Casara an der Gurgel. Sofort kam der braungebrannte Athlet dem Arzt zu Hilfe. Sidney beugte sich vor, um besser sehen zu können, was geschah. Joe flüsterte Montferrand zu:
»Keine Bewegung, sonst...«
Der Fahrer verlor einen Augenblick lang die Gewalt über den Wagen. Der Beifahrer fuhr mit der Hand in die Tasche. Aller Augen waren auf Lennet und den Arzt gerichtet.
Das Ganze dauerte nicht länger als drei Sekunden. Schon kam der Zivilgardist wieder zu sich. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und erging sich in tausend Entschuldigungen wegen des Angriffs: solche Alpträume kamen bei ihm leider öfter vor, wenn er diese Anfälle hatte!
Inzwischen hatte Gaspard von der allgemeinen Verwirrung Gebrauch gemacht und die beiden Koffer miteinander vertauscht. Man ist kein Geheimagent, wenn man nicht auch ein paar Taschenspielertricks auf Lager hat. Vergeblich suchte man das Fläschchen mit dem Riechsalz. Nur Montferrand, der die ganze Szene mit dem geübten Auge des Profis gesehen hate, konnte sagen, wo es sich befand: In Lennets Tasche. Der Leutnant wollte ganz sichergehen, daß Casara »seinen" Koffer nicht mehr öffnete, um das Salz hineinzustellen und dabei die Verwechslung bemerkte! Casara verstaute auch, wie erwartet, den Koffer wieder im Schrank, wobei er sich den schmerzenden Hals rieb.
Das Wohnmobil fuhr in den Hof des Krankenhauses, gefolgt von dem SEAT. Krankenpfleger rannten herbei. Die Verletzten wurden auf Tragbahren gelegt.
»Wollen Sie nicht auch Ihre Patienten hierlassen", schlug Lennet freundlich der Qualle vor. »Das Mädchen sieht wirklich sehr elend aus. Und dieser Herr hier ist trotz seiner lebendigen Augen in einem Krankenzimmer besser aufgehoben als auf der Straße!«
»Mein lieber Freund", entgegnete Sidney barsch, »ich würde Ihnen raten, sich um Ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
Vielleicht sollten Sie sich mit Ihren Ohnmächten und Ihren Tobsuchtsanfällen in eine Klinik begeben. Los!«
Gaspard rannte rasch zum SEAT hinüber und riß sich die Verkleidung herunter. Er hatte keine Lust, lange zu erklären, weshalb er sich als Mediziner ausgegeben hatte.
Nun blieb nur noch eine Szene zu spielen. Während Esbon und Gaspard im Wagen blieben, stürzten Ferra und Lennet in die Notaufnahme. Gerade trat ein junger Arzt, groß, blond, sehr selbstsicher, in den Raum.
»Was gibt es? Wieder ein Autounfall? Bitte, nehmen Sie die Decken weg!«
Die
Weitere Kostenlose Bücher