13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
verlieren beginnt.
„Was meinest du, Effendi? Ist der Makredsch ein wichtiger Gefangener?“
„Ich meine es.“
„Ich auch. Darum macht mir der Gedanke, daß es ihm vielleicht gelingen könnte, zu entkommen, schwere Sorge.“
„Er ist doch sicher eingeschlossen!“
„Ja. Aber das ist nicht genug für mich. Selim Agha, ich werde diese Nacht nicht schlafen und zwei- oder dreimal nach dem Gefängnis gehen, um mich zu überzeugen, daß er wirklich in seinem Loch ist.“
„Herr, ich werde das an deiner Stelle tun!“
„Dann siehst du ihn wohl, aber ich nicht, und ich kann dennoch nicht schlafen. Ich werde selbst gehn. Gib mir den Schlüssel!“
„Weißt du, Herr, daß du mich kränkst?“
„Ich will dich nicht kränken, sondern ich will mich beruhigen. Der Anatoli Kasi Askeri ist ein sehr strenger Mann. Ich würde die seidene Schnur bekommen, wenn ich den Gefangenen entkommen ließe.“
Da war ja die Ausführung unseres Planes ganz und gar unmöglich gemacht! Gab es keine Hilfe? Ich war schnell entschlossen. Entweder Wein oder Gewalt! Während der Agha seinem Vorgesetzten noch Vorstellungen machte, erhob ich mich und trat hinaus auf den Korridor, wo Halef stand.
„Bringe vom allerbesten Tabak, und hier hast du Geld; gehe in das Haus, wo du mich geholt hast, und verlange von dem Juden solchen Wein von Türbedi Haidari, wie ich vorhin getrunken habe.“
„Wie viel soll ich bringen?“
„Ein Gefäß, in welches zehn Krüge gehen von der Sorte, die der Jude hat. Er wird dir ein solches Gefäß borgen.“
„Bringe ich das Getränk des Teufels in das Zimmer hinein?“
„Nein. Ich hole es aus deiner Stube. Aber der Baschi-Bozuk darf nichts wissen. Gib ihm dieses Bakschisch. Er mag ausgehen und so lange bleiben, als es ihm beliebt. Er kann ja zur Wache gehen, – um sich dem Basch Tschausch zu zeigen, mit dem er morgen reisen wird. So werden wir ihn los!“
Als ich wieder eintrat, reichte der Agha dem Kommandanten grad den Schlüssel hin. Dieser steckte ihn in seinen Gürtel und sagte zu mir:
„Weißt du, daß der Makredsch widersetzlich gewesen ist?“
„Ja. Er hat erst den Agha bestechen wollen und ihm dann gar nach dem Leben getrachtet.“
„Er wird es büßen!“
„Und“, fügte Selim bei, „als ich ihn aufforderte, seine Taschen zu leeren, tat er es nicht.“
„Was hatte er darin?“
„Viel Geld!“
„Emir, wem gehört dieses Geld?“ fragte mich der Kommandant lauernd.
„Du hast es in Empfang zu nehmen.“
„Das ist richtig. Laß uns gehen!“
„Mutesselim, du willst mich verlassen?“ fragte ich. „Willst du mich beleidigen?“
„Ich bin dein Besuch, aber nicht dein Gast!“
„Ich habe nicht gewußt, daß du kommst. Erlaube mir, dir eine Pfeife zu stopfen, wie man sie hier selten raucht.“
Eben trat Halef ein und brachte den Tabak; es war Master Lindsays Sorte; der Kommandant fand sie sicher gut. Übrigens war ich sehr fest entschlossen, daß er ohne meinen Willen meine Stube nicht verlassen solle. Doch, es kam glücklicherweise nicht zum Äußersten, denn er nahm die Pfeife an. Aber im Laufe der ferneren Unterhaltung merkte ich, daß seine Augen sehr erwartungsvoll an der Tür hingen. Er wollte Kaffee haben. Deshalb erkundigte ich mich:
„Hast du die Medizin erhalten, Herr?“
„Ja. Ich danke dir, Effendi!“
„War es genug?“
„Ich habe noch nicht gezählt.“
„Und sie auch noch nicht gekostet?“
„Ein wenig.“
„Wie war sie?“
„Sehr gut. Aber ich habe gehört, daß es auch ganz süße gibt!“
Der gute Agha wußte sehr genau, wovon die Rede war. Er schmunzelte lüstern und blickte mich mit verführerisch blinzelnden Augen an.
„Es gibt ganz süße“, antwortete ich.
„Aber sie ist selten?“
„Nein.“
„Und heilsam?“
„Sehr. Sie gleicht der Milch, die aus den Bäumen des Paradieses fließt.“
„Aber in Amadijah gibt es keine?“
„Ich kann welche bereiten, überall, auch in Amadijah.“
„Und wie lange dauert es, bis sie fertig ist?“
„Zehn Minuten. Willst du solange warten, so sollst du den Trank des Paradieses schmecken, der Mohammed von den Houris gereicht wird.“
„Ich warte!“
Seine Augen leuchteten sehr vergnügt, noch vergnügter aber die Augen des würdigen Selim Agha. Ich verließ das Zimmer und benutzte die angegebene Pause, um zu Mohammed Emin zu gehen.
„Emir, nun ist es aus!“ empfing mich dieser.
„Nein, sondern nun geht es an!“
„Aber du erhältst nun den Schlüssel
Weitere Kostenlose Bücher