13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
bildlich gemeint. Oh, Myrte, welch ein Attentat auf den dunkelblonden Schmuck meines Gesichtes und auf die liebliche Symmetrie meiner unentbehrlichsten Gliedmaßen! Ich mußte ebenso höflich sein:
„Dein Mund spricht wie der Vers eines Dichters, Mersinah, und deine Lippen strömen über wie ein Topf voll süßen Honigs; deine Rede tut wohl, wie das Pflaster auf eine Beule, und deiner Stimme Klang kann keiner vergessen, der ihn einmal hörte. Hier, nimm fünf Piaster, um dir Khol und Henneh zu kaufen für die Ränder deines Augenlides und die rosigen Nägel deiner Hand. Mein Herz will sich freuen über dich, damit meine Seele jung werde und mein Auge sich ergötze an der Anmut deines Ganges!“
„Herr“, rief sie, „du bist tapferer als Ali, weiser als Abu Bekr, stärker als Simsah (Simson) und schöner als Hosseïn, der Armadener! Befiehl, was ich dir braten soll; oder willst du gekocht und gebacken haben? Ich tue für dich alles, was du verlangst, denn mit dir ist Freude über mein Haus gekommen und Segen über die Schwelle meiner Tür.“
„Deine Güte rührt mich, oh Mersinah; ich kann sie nicht vergelten! Aber ich habe weder Hunger noch Durst, wenn ich den Glanz deiner Augen, die Farbe deiner Wangen und das liebliche Bild deiner Hände erblicke. War Selim Agha da?“
„Ja. Er hat mir alles erzählt. Deine Feinde sind vernichtet. Sehe hinauf und tröste die Deinen, die in großer Sorge um dich sind!“
Ich ging hinauf.
„Endlich zurück!“ meinte der Engländer. „Große Sorge! Wollten kommen und Euch holen! Glück, daß Ihr da seid!“
„Du warst in Gefahr?“ fragte auch Mohammed.
„Nicht sehr. Sie ist vorüber. Weißt du, daß der Mutessarif abgesetzt ist?“
„Von Mossul?“
„Ja, und der Makredsch auch.“
„Also darum ist Selek da?“
„Ja. Hat er dir nichts erzählt, als wir am Nachmittag ausgeritten waren?“
„Nein. Er ist schweigsam. Aber da kann doch Amad frei werden, denn nur der Mutessarif hat ihn gefangen gehalten!“
„Ich hoffte dies auch, aber es steht schlimmer. Der Großherr billigt das Vorgehen des Türken gegen euch, und der Oberrichter von Anatolien hat befohlen, daß dein Sohn als Geisel nach Stambul gebracht werde.“
„Allah kerihm! Wann soll er fort?“
„Morgen vormittags.“
„Wir überfallen unterwegs seine Begleitung!“
„Solange wir noch Hoffnung haben, ihn durch List frei zu bekommen, solange soll kein Menschleben beschädigt werden.“
„Aber wir haben nur noch die Zeit von einer Nacht!“
„Diese Zeit ist lang genug.“
Dann wandte ich mich an den Engländer:
„Sir, ich brauche Wein für den Mutesselim.“
„Wäre Wein wert, dieser Kerl! Mag Wasser trinken! Kaffee, Lindenblüten, Baldrian und Buttermilch!“
„Er hat mich um Wein gebeten!“
„Schlingel! Darf doch keinen trinken! Ist Mohammedaner!“
„Die Moslemin trinken ihn ebenso gern wie wir. Ich möchte uns sein Wohlwollen erhalten, solange wir es brauchen.“
„Schön! Soll Wein haben! Wie viel?“
„Ein Dutzend. Ich gebe die Hälfte und Ihr die andere.“
„Pshaw! Kaufe nicht halben Wein. Hier Geld!“
Er reichte mir die Börse hin, ohne daß es ihm einfiel, zu bemerken, wie viel ich ihr entnahm. Er war ein Gentleman und ich ein armer Teufel.
„Wie ist's?“ fragte er. „Retten wir Amad?“
„Ja.“
„Heute?“
„Ja.“
„Wie?“
„Ich gehe mit Selim Agha Wein trinken und suche – – –“
„Trinkt auch Wein?“ unterbrach er mich.
„Leidenschaftlich.“
„Schöner Muselmann! Verdient Prügel!“
„Grad diese Geschmacksrichtung aber gibt uns Vorteile. Er wird einen Rausch bekommen und dann nehme ich ihm unbemerkt den Gefängnisschlüssel fort. Ich lasse den Araber heraus zu seinem Vater, wo er sich umkleidet. Dann führt ihn Halef nach der Villa, die Ihr für ihn gebaut habt.“
„Well! Sehr schön! Was tue ich dabei?“
„Zunächst aufpassen. Wenn ich ihn bringe, so gebe ich da drüben an der Ecke ein Zeichen. Ich werde wie ein Rabe krächzen, der aus dem Schlaf gestört worden ist. Dann eilt Halef hinunter, um die Tür zu öffnen und die Wirtin in der Küche festzuhalten. Ihr geht mit Mohammed an die Treppe und empfangt Amad, um ihn empor zu führen. Er zieht sich an, und ihr wartet, bis ich nach Hause komme.“
„Ihr geht wieder fort?“
„Ja. Ich muß zu Selim Agha, um keinen Verdacht zu erregen und ihm den Schlüssel wieder zuzustecken.“
„Schwere Sache für Euch! Wenn Ihr nun ertappt werdet?“
„Ich habe eine
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