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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fehlen, so mag Hadschi Halef Omar voran klettern und dich ziehen. Hast du Waffen?“
    „Dort liegen sie; der Vater hat sie mir gekauft. Hier hast du deinen Dolch. Ich danke dir!“
    „Und Nahrung?“
    „Es ist alles eingepackt.“
    „So geht! Wir werden dich bald abholen.“
    Der Sohn des Scheik verließ mit Halef vorsichtig das Haus, und bald schlich auch ich mich fort, seine alten Kleider am Arm. Ich gelangte unbemerkt in die Nähe der Schlucht, riß den Haïk in Fetzen und hing dieselben an die Felskanten und Zweige des Gestrüppes, welches dort stand.
    Zu Hause angekommen, wurde ich von dem Engländer in seine Stube geführt. Er hatte ein sehr zorniges Angesicht.
    „Herein kommen und setzen, Sir!“ sagte er. „Schlechte Wirtschaft! Miserabel hier!“
    „Warum?“
    „Sitze bei diesen Arabern und verstehe kein Wort! Mein Wein wird alle, mein Tabak wird alle, und ich werde auch alle! Yes!“
    „Ich stehe Euch ja zu Diensten, um alles zu erzählen!“
    Ich mußte ihm seinen Willen tun, obgleich ich mich nach Ruhe sehnte. Doch hätte ich immerhin erst Halefs Rückkehr erwarten müssen. Dieser ließ sehr lange auf sich warten, und als er kam, begann bereits der Tag zu grauen.
    „Wie ist's?“ fragte Master Lindsay. „Glücklich angekommen auf Villa?“
    „Mit einiger Mühe!“
    „Well! Halef hat Kleider zerrissen. Hier, Halef, Bakschisch!“
    Der Hadschi verstand die englischen Worte nicht, wohl aber das letzte des Satzes. Er streckte die Hand aus und erhielt ein Hundertpiasterstück.
    „Neuen Mantel kaufen; sagt es ihm, Sir!“ – – –
    So war denn dieser schlimme Abend vorüber, und ich konnte mich, wenigstens für einige Stunden, zur Ruhe legen, die ich denn auch in einem sehr tiefen, traumlosen Schlaf genoß. Ich erwachte nicht von selbst aus demselben, sondern es weckte mich eine sehr laute, hastige Stimme:
    „Effendi! Emir! Wache auf! Schnell!“
    Ich blickte von meinem Lager empor. Selim Agha stand vor mir, ohne Oberkleid und Turban. Die Scheitellocke hing ihm schreckensmatt in das Gesicht hinab; der Schnurbart sträubte sich voll Entsetzen zu ihr empor, und die von dem genossenen Wein noch trüben Augen versuchten ein Rollen, welches sehr unglücklich ausfiel.
    „Was gibt es?“ fragte ich sehr ruhig.
    „Erhebe dich! Es ist etwas Entsetzliches geschehen!“
    Erst nach und nach brachte ich aus ihm heraus, daß der Mutesselim die Flucht des jungen Arabers entdeckt habe und nun in fürchterlicher Wut sei. Der geängstigte Agha bat mich inständig, mit ihm in das Gefängnis zu gehen und den Mutesselim zu beschwichtigen.
    In kurzer Zeit befanden wir uns auf dem Weg. Unter der Gefängnistür wartete der Mutesselim auf den Agha. Er dachte gar nicht daran, mich zu begrüßen, sondern faßte Selim beim Arm und zog ihn in den Gang hinein, in welchem die zitternden Wächter standen.
    „Unglücklicher, was hast du getan?“ brüllte er ihn an.
    „Ich, Herr? Nichts, gar nichts habe ich getan!“
    „Das ist ja eben dein Verbrechen, daß du nichts, gar nichts getan hast! Du hast nicht aufgepaßt!“
    „Wo sollte ich aufpassen, Effendi?“
    „Hier im Gefängnis natürlich!“
    „Ich konnte ja nicht herein!“
    Der Mutesselim starrte ihn an. Dieser Gedanke schien ihm noch gar nicht gekommen zu sein.
    „Ich hatte ja keinen Schlüssel!“ fügte der Agha hinzu.
    „Keinen Schlüssel – – –! Ja, Agha, das ist wahr, und das ist auch dein Glück, sonst wäre dir sehr Übles widerfahren. Komm her und sieh einmal in das Loch hinab!“
    Wir schritten den Gang entlang. Die Zellentür war geöffnet, und in dem Loch war nichts zu sehen, als das Loch.
    „Fort!“ meinte der Agha.
    „Ja, fort!“ zürnte der Mutesselim.
    „Wer hat ihm aufgemacht?“
    „Ja, wer? Sage es, Agha!“
    „Ich nicht, Herr!“
    „Ich auch nicht! Nur die Wächter waren da.“
    Der Agha drehte sich nach diesen um.
    „Kommt einmal her, ihr Hunde!“
    Sie traten zögernd näher.
    „Ihr habt hier geöffnet!“
    Der Sergeant wagte es, zu antworten:
    „Agha, es hat keiner von uns einen Riegel berührt. Wir haben die Türen erst am Nachmittag zu öffnen, wenn das Essen gegeben wird, und so ist nicht eine einzige geöffnet worden.“
    „So war ich der erste, welcher diese Tür hier öffnete?“ fragte der Kommandant.
    „Ja, Effendi!“
    „Und als ich öffnete, war das Loch leer. Er ist entflohen. Aber wie hätte er herausgekonnt? Gestern abend war er noch da; jetzt ist er fort. Zwischen dieser Zeit seid nur ihr dagewesen.

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